Outdoor-Laden: Kein Nachteil für Treuchtlingens Nachbarn

25.2.2020, 06:04 Uhr
Outdoor-Laden: Kein Nachteil für Treuchtlingens Nachbarn

© Rudi Beringer, Limes-Luftbild

Zunächst vergleichen die als Kompromiss der Nachbarstädte im "Schuhstreit" beauftragten Gutachter das rund 13.100 Einwohner zählende Treuchtlingen mit dem um knapp die Hälfte größeren Weißenburg. Beide sind Mittelzentren, wobei das Einzugsgebiet der Kreisstadt mit rund 56.000 potenziellen Kunden deutlich größer ist als das der Altmühlstadt mit etwa 33.000. Zudem hat sich die Einwohnerzahl Treuchtlingens in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert, während sie im Landkreis um 1,5 und in Weißenburg um 4,6 Prozent gestiegen ist. Perspektivisch werde Treuchtlingen in den nächsten 20 Jahren sogar um 600 Bürger schrumpfen, so die Experten.

Dazu kommt eine gegenüber Bundes- und Landkreisschnitt um rund acht beziehungsweise vier Prozent geringere Kaufkraft, von der auch noch ein spürbarer Teil abfließt: In Treuchtlingen bleiben den Gutachtern zufolge nur gut 87 Prozent des Gesamteinkommens der Bürger, während in Weißenburg mit einem Wert von 182,3 Prozent fast nochmals dieselbe Summe aus dem Umland in die Stadt fließt.

Was das Angebot in der Stadtmitte angeht, schneidet Treuchtlingen dagegen gar nicht so schlecht ab: Mit rund 5300 Quadratmetern machen die Geschäfte rund um Wallmüllerplatz, Haupt- und Bahnhofstraße knapp 30 Prozent der örtlichen Verkaufsfläche aus. In der Weißenburger Altstadt sind es mit gut 10.500 Quadratmetern nur 15 Prozent, der Rest liegt in der Peripherie.

Kaum Wettbewerber in der Altstadt

Das ist auch ein wichtiges Argument bei der Beurteilung des Einflusses von Schuh-Herrmann auf den Einzelhandel der Nachbarstadt. In der Weißenburger Altstadt gebe es zwar deutlich mehr Schuhläden als außerhalb, diese hätten aber nur zwischen 30 und 160 Quadratmetern Verkaufsfläche oder seien Teilsortimente von Bekleidungsgeschäften. Größer aufgestellt seien mit 71 Prozent der örtlichen Schuhverkaufsfläche nur Deichmann und Dein Schuh in den Fachmarktzentren nördlich der Altstadt sowie in der Eichstätter Straße.

Wettbeweber im geplanten Outdoor-Segment sind außerdem Intersport und Loma Sport, die sich tatsächlich in der Stadtmitte befinden. Ersteren stufen die Gutachter jedoch als „klassisches Sportartikelgeschäft“ ein, in dem Outdoor nur ein Teilbereich sei. Loma Sport sei indes ein „eher spezialisierte Anbieter für Teamsport-Ausrüstung“.


"Schuhstreit": Treuchtlinger Outdoor-Laden kommt


Schuh-Herrmann selbst ist Geschäftsführer Sven Walter zufolge überdies kein Outlet oder Discounter, wie es im Zuge des Hickhacks oft hieß, sondern ein „Fachmarkt“ mit immerhin zwölf Mitarbeitern. Die Treuchtlinger Filiale sei zwar großflächig, aber „mit einem hohen Beratungsgrad“. Ingesamt betreibt „Herrmann Schuhe & Mode“ aktuell 16 Filialen. Das Treuchtlinger Sortiment umfasst zu 98 Prozent Schuhe sowie auf weniger als zehn Quadratmetern auch Taschen und Kleidung. Vorbild für die Erweiterung ist der Markt am Hauptsitz des Betreibers im baden-württembergischen Westerheim.

Das Einzugsgebiet des Treuchtlinger Markts reicht der Erhebung zufolge von Gunzenhausen bis Daiting und Eichstätt bis Georgensgmünd. Knapp ein Drittel der 2000 für das Gutachten befragten Kunden stammt aus Treuchtlingen sowie gut die Hälfte aus dem landesplanerischen „Verflechtungsbereich“ der Altmühlstadt (Langenaltheim, Markt Berolzheim, Mörnsheim, Monheim, Otting, Pappenheim, Polsingen, Rögling, Solnhofen und Wolferstadt). Weitere 28 Prozent kommen aus Weißenburg und dessen Verflechtungsraum (Alesheim, Bergen, Burgsalach, Ellingen, Ettenstatt, Höttingen, Nennslingen, Pleinfeld und Raitenbuch) sowie 21 Prozent aus der weiteren Region.

Unter zehn Prozent Abfluss

Für den neuen Outdoor-Laden erwarten die Gutachter wegen der stärkeren Spezialisierung und des damit etwas größeren Einzugsbereichs etwa 42 Prozent der Kunden aus dem Treuchtlinger und 23 Prozent aus dem Weißenburger Raum. Beim Jahresumsatz gehen die Fachleute von etwa 1,7 Millionen Euro aus. Das würde bedeuten, dass aus Weißenburg jährlich etwa 390.000 Euro zusätzlich nach Treuchtlingen fließen.

Zum Vergleich: Die Weißenburger Schuhhändler erwirtschaften zusammen etwa 3,5 Millionen Euro im Jahr, davon gut ein Drittel in der Stadtmitte. Selbst wenn man annähme, dass der Umsatz von Schuh-Herrmann aus dem Weißenburger Raum vollständig zu Lasten der dortigen Betriebe ginge, ergäbe sich nur ein Rückgang von elf bis zwölf Prozent, so die Marktforscher. Tatsächlich würden aber auch Kunden aus anderen Orten in der Region „umgelenkt“.

Rechnerisch bewegen sich die Auswirkungen der Erweiterung an der Heusteige auf den Einzelhandel der Nachbarstadt demnach „leicht unterhalb der Schwelle von zehn Prozent“, die als Orientierungswert für mögliche Beeinträchtigungen gilt. Dazu kommt, dass schon der seit 2018 bestehende Schuhmarkt den Gutachtern zufolge bislang „keine signifikanten Auswirkungen“ auf die Weißenburger Konkurrenz hatte – die sich überdies ebenfalls zu zwei Dritteln außerhalb der Altstadt befindet. Die Spezialisierung der bestehenden Läden, etwa auf Orthopädie oder Spezialmarken, tue ihr Übriges, Überschneidungen zu minimieren.

Nicht zuletzt weisen die Marktforscher darauf hin, dass die Weißenburger Bevölkerung ihren Bedarf im eher speziellen Outdoor-Bereich schon heute nicht vor Ort, sondern überwiegend außerhalb decke – etwa in Ansbach, Ingolstadt, Nürnberg oder im Internet. Somit hole das neue Angebot in Treuchtlingen sogar Kaufkraft in die Region zurück.

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