23. September 1970: Meldung zum Dienst

23.9.2020, 07:00 Uhr
23. September 1970: Meldung zum Dienst

© N. N.

Lohnt es sich heute noch, den Beruf der Altenpflegerin zu ergreifen? Eine NN-Mitarbeiterin ging dieser Frage nach. Sie verbrachte einen Tag auf Station 18 im „Wastl“, dem städtischen Altersheim St. Sebastian. Hier ist ihr Bericht: „6 Uhr morgens: der Dienst beginnt. Wir verteilen uns auf die Zimmer, um für die Morgentoilette der alten Damen zu sorgen. Auf Station 18 wohnen 35 Patientinnen, die in Drei- bis Fünf-Bett-Zimmern untergebracht sind. Sechs Pflegerinnen und zwei Lehrmädchen, die in zwei Tages- und einer Nachtschicht arbeiten, betreuen die alten Menschen. Diese sind bei unserem Eintreten schon wach: nun gilt es, ihnen beim Aufstehen, Waschen und Anziehen zu helfen. Dazwischen müssen die Betten neu überzogen werden. Man wird schnell mit den Damen vertraut. Für Unterhaltung sorgt Radiomusik, die aus einem Lautsprecher in der Wand tönt.

7.30 Uhr: in der Küche wird das Frühstück zubereitet. Je nach Wunsch oder Bedürfnis werden die Brötchen ganz gelassen oder klein geschnitten, mit viel oder wenig Butter bestrichen. Die noch rüstigen Patientinnen sitzen derweil schon im Speisezimmer. Den anderen bringen wir das Frühstück ans Bett. Eine alte Dame ist nicht imstande, die Semmeln zu beißen: sie wird mit in Milch aufgeweichtem Kuchen versorgt. 8.30 Uhr: während wir nun auch unser Frühstück einnehmen, beschäftigen sich die alten Leute mit sich selbst. Man liest die Zeitung oder genießt auf dem Balkon die warmen Sonnenstrahlen. Für Zimmer 102 wird das Bad hergerichtet. Den anderen Patientinnen stattet Dr. Winfried Jansen, der Arzt von St. Sebastian, seine Morgenvisite ab. 11 Uhr: zum Mittagessen wird Brathähnchen serviert. Doch wie beim Frühstück, wird auch jetzt auf Spezial- oder Diätkost sämtlicher alter Damen geachtet. Dann wird abermals vor der Mittagsruhe umgebettet (im ganzen dreimal täglich). 13 Uhr: die erste Personalschicht geht zu Ende. Die Nachmittage verlaufen meistens ruhiger. Um 17 Uhr wird zu Abend gegessen. Gegen 19.30 Uhr legt sich alles zur Ruhe: die Nachtschicht bricht an.“

So läuft die Ausbildung

Durch Kurse soll der Nachwuchs des Pflegepersonals der städtischen Altenheime in Nürnberg herangebildet werden. In diesem Jahr jedoch sieht es schlecht aus: für den 11. Kurs, der am 1. Oktober beginnt und ein halbes Jahr dauern wird, haben sich kaum Interessenten gemeldet. Sechs Altersheime mit über 1900 Patienten wollen versorgt sein. 160 Betreuer beansprucht allein St. Sebastian mit seinen 800 Insassen. Insgesamt arbeiten in den Heimen 200 Pfleger und 26 Schüler. Nach einjähriger Ausbildung erhält der Altenpfleger ein Diplom. Während seiner Schulzeit und im Heim erhält der junge Pfleger einen Unterhaltszuschuß von rund 200 DM monatlich bei freier Station. Interessenten, die auf den Beruf des Altenpflegers umsatteln, werden vom Arbeitsamt besonders gefördert: ihr Netto-Unterhalt entspricht etwa dem Gehalt, den sie bei der früheren Arbeitsstelle bezogen haben.

Bei der Ausbildung wird Unterricht in Anatomie, Hygiene, Ernährungslehre, Staatsbürgerkunde und Sozialhilfe erteilt. Besonderes Gewicht wird auf Pathologie und Psychologie des alten Menschen gelegt. Die praktischen Fächer, wie Krankenpflege und Massage, lernt der Schüler auf den Stationen. Wer sich zum Altenpfleger ausbilden lassen will, kann sich bei der Altenpflegeschule der Stadt Nürnberg, Veilhofstraße 34, Telefon 59 20 88 anmelden.

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