Bayerns SPD fordert Transparenz-Plattform für Behörden

17.11.2020, 08:48 Uhr
Es ist eine grundsätzliche Frage: Wie öffentlich muss eine Verwaltung arbeiten, wie genau dürfen die Bürger ihr auf die Finger schauen? Sehr genau, findet die Opposition im bayerischen Landtag und legt erneut ein Transparenzgesetz vor.

© Foto: imago/wolterfoto Es ist eine grundsätzliche Frage: Wie öffentlich muss eine Verwaltung arbeiten, wie genau dürfen die Bürger ihr auf die Finger schauen? Sehr genau, findet die Opposition im bayerischen Landtag und legt erneut ein Transparenzgesetz vor.

Mal lässt die regierende Mehrheit die Ideen der opponierenden Minderheit sang- und klanglos untergehen.. Mal kopiert sie deren Anträge auch ein paar Monate später und etikettiert sie zur eigenen Idee um. Das gibt der Opposition zwar das Gefühl, dass sie nicht so falsch gelegen hat. Mehr aber auch nicht.

Insofern dürfte Horst Arnold früh klar gewesen sein, welchen Weg sein Vorschlag für ein bayerisches Transparenzgesetz nehmen wird. Zwölfmal hat die Opposition es seit 2001 bereits vorgelegt. Zwölfmal ist sie damit gescheitert. Der SPD-Politiker aus Fürth nimmt dennoch einen dreizehnten Anlauf, vielleicht auch ein wenig, weil er wissen will, wie sich die Freien Wähler dazu aufstellen.


Oberasbach: Wie transparent darf Politik sein?


Die hatten in den vergangenen beiden Wahlperioden aus der Opposition heraus jeweils einen Entwurf vorgelegt, sich gegen die regierende CSU aber nicht durchgesetzt. Jetzt regieren die Freien Wähler mit – und stellen sich gegen jene Transparenz, die sie einst vehement gefordert hatten.

"Proaktive" Plattform

Der SPD-Entwurf zielt vor allem auf staatliche Behörden ab. Fraktionschef Horst Arnold schwebt eine Transparenzplattform vor, auf der die Ämter alle Informationen veröffentlichen, die sie für ihre Entscheidungen herangezogen haben. Das reiche von Stellungnahmen bis zu Gutachten, sagt Arnold. Geht es nach ihm, wäre die Plattform zudem "proaktiv": Die Ämter müssen das Material von sich aus hochladen. Die Bürger wiederum können es jederzeit einsehen. Sie müssten ihr Interesse daran nicht begründen.

Es ist ein Weg, den die Grünen im Prinzip mitgehen würden. Allerdings kann ihre Fraktionschefin Katharina Schulze nicht nachvollziehen, warum die SPD die Kommunen aus ihrem Gesetz ausklammert. "Wir Grünen finden, das sollte allumfassend sein", sagt sie. Arnold dagegen will den Kommunen selbst überlassen, wie transparent sie sein wollen.

Die Realität zeigt: sehr transparent. Mehr als 80 bayerische Kommunen haben sich die Informationspflicht bereits auferlegt, darunter auch Fürth. Selbst einzelne Bundesländer gehen diesen Weg bereits. Bremen, Hamburg, Thüringen und Rheinland-Pfalz weisen ihre eigenen Behörden an, dass sie alle Informationen offenlegen sollen.

Ein Monster

Im Hintergrund tobt ein Grundsatzstreit. Die CSU, und neuerdings auch die Freien Wähler, lehnen ein solches Gesetz ganz grundsätzlich ab. Innenminister Joachim Herrmann findet, dass die Auskunftsrechte und -pflichten längst ausreichend geregelt sind, etwa über das Datenschutzgesetz. Alles, was darüber hinausgeht, ist ihm und seinen Parteifreunden suspekt. Sie führen den Datenschutz an und das Steuergeheimnis ins Feld. Und sie sagen wie Herrmann, der 55-seitige SPD-Entwurf sei "ein Bürokratiemonster".

Transparenz, stimmt seine Parteifreundin Petra Guttenberger der SPD zu, "ist wichtig." Doch ihr reicht es, wenn nur diejenigen auch Informationen erhalten, die ihren Wunsch danach ausführlich begründen können. Sie sieht bei der SPD den Datenschutz gefährdet. Und sie warnt, "eine Transparenzplattform verursacht Kosten und bindet Personal". Bei Arnold, sagt sie "klingt alles easy, entspannt". In Wahrheit aber bedeute eine solche Plattform einen enormen Aufwand, weil jede Information zuvor darauf überprüft werden müsse, ob sie dem Datenschutz entspreche und schützenswerte Interessen Dritter nicht verletze.


Hier postet der Bürgermeister: Wie Social Media in der Politik funktioniert


Die Freien Wähler schließlich schicken Hubert Faltermeier in die Diskussion. Der ist neu im Landtag, muss sich für vergangene Anträge also nicht rechtfertigen. Als Landrat hat er drei Jahre lang eine "Informationsfreiheitssatzung" getestet. Drei Bürger hätten darauf gestützt um Auskunft gebeten. Drei von 120 000.

Horst Arnold bremst all das nicht, er kennt die Gegenargumente seit vielen Jahren. Andere Länder und Städte, sagt er, hätten damit nur gute Erfahrungen gemacht. Und in der Bevölkerung bestehe nun mal ein steigendes Interesse an jenen Informationen, auf die Behörden ihre Entscheidungen stützen. "Das steht einer Verwaltung doch gut zu Gesicht", sagt Arnold, wenn sie diese Informationen von sich aus freigeben.

Gegen den Verdacht

Das gilt für ihn besonders in der heutigen, von Corona geprägten Zeit, in der das Misstrauen der Menschen in die Behörden eher zunehme. "Die Transparenzplattform", findet der Fürther Sozialdemokrat, "könnte ein Gegenmittel sein". "Schließlich widerlegt sie den Verdacht des Machtmissbrauchs, der Korruption und der Küngelei."

Keine Kommentare