Gedenken

Cherry GmbH: Wie die Absturz-Folgen zur Firmengründung führten

22.6.2021, 14:55 Uhr
Cherry GmbH: Wie die Absturz-Folgen zur Firmengründung führten

© Foto: NN-Archivv

Der Bruder des letzten Cherry-Chefs Peter Cherry war einer von 37 jungen US-Soldaten, die am 18. August 1971 bei Pegnitz verunglückten. Die Stadt Pegnitz hielt über viele Jahre am Jahrestag des Absturzes eine Gedenkfeier an der Fischelhöhe.

Viele der betroffenen Familien kamen jedes Jahr. Einer der Angehörigen war Walter Lee Cherry, der im Jahr 1953 die Cherry Electrical Products Corporation im US-Staat Illinois gegründet hatte. Dieser war 1964 mit der Cherry Mikroschalter GmbH auch in Deutschland gestartet. Cherry hatte über Jahre gute Kontakte zum damaligen Pegnitzer Landrat Konrad Löhr. Die beiden Männer hatten sich mehrmals getroffen.


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In Löhrs Amtszeit als Pegnitzer Bürgermeister wurde 1973 der Gedenkstein an die Opfer eingeweiht.

Zu dieser Zeit war die von Walter Cherry gegründete Firma bereits in Bayreuth sehr erfolgreich. In den Jahren 1971/72 war die Cherry Mikroschalter GmbH gezwungen, die Größe der Produktionshalle an der Weiherstraße in Bayreuth zu verdoppeln. Der erfolgreiche Geschäftsmann, der seinen Sohn durch den tragischen Hubschrauberabsturz verloren und seitdem gute Kontakte nach Pegnitz hatte, überlegte zunächst, ein zweites Werk in Pegnitz anzusiedeln. Im Auerbacher Industriegebiet Lohe war aber viel Platz für sein wachsendes Unternehmen. Cherry kaufte ein 20000 Quadratmeter großes Grundstück im projektierten Industriegelände. Bereits ein Jahr später folgte die Grundsteinlegung durch Firmengründer Walter Lee Cherry.


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Vorübergehend wurden die Cherry-Schalter im früheren Grünhof-Schulhaus gefertigt. Dort hatte das amerikanische Unternehmen 1973 den Zweigbetrieb der Firma Intercontrol Nürnberg übernommen. Die Kapazitäten am Grünhof wurden 1976 noch ausgebaut, während der Neubau auf Lohe bereits Fortschritte machte. Im August 1976 wurde Richtfest gefeiert. Die Freude war groß beim damaligen Auerbacher Bürgermeister Emil Kreuzer, dem Eschenbacher Architekten Hans Bundscherer, bei Geschäftsführer Winfried A. Tobolewski sowie bei Walter Cherry und seiner Gattin Virginia.

Im März und April 1977 schließlich siedelten die Produktionseinheiten Neustadt/Waldnaab und Auerbach in das neue Werk 2 über. Am 24. Juni wurde es offiziell eröffnet.

Cherry GmbH: Wie die Absturz-Folgen zur Firmengründung führten

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Dieser erste Bauabschnitt hatte ein Kostenvolumen von rund zwei Millionen Mark. Es war ein Gebäude mit einer Nutzfläche von knapp 1500 Quadratmetern entstanden. In den kommenden Jahren wurde das Betriebsgelände der Cherry Mikroschalter GmbH mehrfach erweitert.


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Auch wurde der Standort Auerbach zum Sitz der Hauptverwaltung für Europa auserkoren. Die in Deutschland erzielten Gewinne wurden von der Familie Cherry – auf Walter folgte sein Sohn Peter in der Geschäftsführung – grundsätzlich in die Finanzierung des weiteres Ausbaus gesteckt. Allein in den Jahren 1988/1989 hat die Firma rund 50 Millionen Mark in das Betriebsgelände in Auerbach investiert. Beschäftigt wurden bei Cherry in der Stadt schon mehr als 1500 Menschen.

Walter Cherry, der trotz des Schicksalsschlages an der Pegnitzer Fischelhöhe seinen erfolgreichen Weg unbeirrbar weiter ging, wurde am 30. Juli 1986 zum Ehrenbürger der Stadt Auerbach ernannt. Seine erste Reaktion in einem Schreiben an Bürgermeister Hanni Haberberger war, dass er sich zwar freue, aber dass der Erfolg doch eigentlich den Mitarbeitern zu verdanken sei.


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Auch in Amerika erwarb er sich diverse Auszeichnungen, so auch 1990 als Arbeitgeber des Jahres. Trotz dieser Erfolge ist der am 2. Dezember 1996 nach schwerer Krankheit Verstorbene immer bescheiden geblieben. Die Stadt würdigte ihn Anfang Februar 1997 in einer Gedenksitzung. Ohne ein "Ellenbogenmensch" zu sein, habe Cherry aus kleinsten Anfängen und mit seiner Hände und seines Kopfes Arbeit ein renommiertes Unternehmen aufgebaut, betonte Bürgermeister Helmut Ott.

Nach dem Ende des Bergbaus sei die Firma Cherry ein großer Segen für Auerbach gewesen, sagte Landrat Hans Wagner. Cherry-Sohn Peter leitete die Firma ganz im Sinne seines Vaters bis 2008. Als sich der Inhaber aus Altersgründen aus der Geschäftsführung zurückzog, wurde die Elektronikfirma an die ZF Friedrichshafen AG verkauft. Auch Peter B. Cherry wurde Auerbachs Ehrenbürger.

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