München und Berlin machen es vor

Die Bahn überdenkt Wortwahl: Wird "Schwarzfahren" künftig gestrichen?

13.7.2021, 13:27 Uhr
Regenbögen auf Zügen, "Schwarzfahren" bald verboten? Die Deutsche Bahn erfindet sich neu. 

© Annette Riedl, dpa Regenbögen auf Zügen, "Schwarzfahren" bald verboten? Die Deutsche Bahn erfindet sich neu. 

Wer im öffentlichen Verkehr ohne Fahrschein erwischt wird, wird in Deutschland mit einer saftigen Geldstrafe belangt. Was im Volksmund als "Schwarzfahren" bekannt ist, könnte in Zukunft anders bezeichnet werden.

München und Berlin machen es vor: Der Begriff "Schwarzfahren" wird laut MVG und BVG aus allen Werbekampagnen entfernt und ist in Zukunft nicht mehr auf Plakaten zu lesen. In Berlin geschieht dies laut Bild-Zeitung aufgrund des "Diversity-Programms" des Rot-Grünen Senats. In Zukunft soll so etwa von "Fahren ohne gültigen Fahrschein" oder "Ehrlich fährt am längsten" die Rede sein.

Nürnbergs Stand

Nürnbergs Bürgermeister Christian Vogel geht es dagegen weniger um die Bezeichnung als um die Sache selbst. "Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt", sagt er, "es ist die Erschleichung einer Beförderung, die zu Lasten der Allgemeinheit geht." Alle zusammen müssen diesen Schaden in Millionenhöhe ausgleichen, ärgert sich der Aufsichtsratsvorsitzende der VAG. Deshalb sei es so wichtig, dass man "das Phänomen der Beförderungserschleichung im Auge behält".

Die Bezeichnung dafür, findet Vogel, ist dabei völlig egal. "Schwarzfahren" ist ein uralter Begriff, "den letztlich jeder kennt", der in der Amtssprache aber kaum verwendet wird. "Das ist Umgangssprache, weil Beförderungserschleichung oder 'Fahren ohne ein gültiges Ticket' zu lange ist. "Der VAG-Aufsichtsratsvorsitzende hat den Begriff "Schwarzfahren" nie als diskriminierend empfunden. Vogel wünscht sich, dass sich die Verkehrsbetriebe auf eine Bezeichnung einigen. "Ich gehe davon aus, dass sich die Verkehrsverbünde austauschen", sagt er. Und da werde sich sicherlich auch die VAG Gedanken machen.

Stellungnahme der VAG

Die Pressesprecherin der VAG, Elisabeth Seitzinger, bestätigt, dass im Kontrolldienst und in der Ausbildung bei der VAG grundsätzlich vom "Fahren ohne gültigen Fahrausweis" gesprochen wird. Im Allgemeinen geht der Nürnberger Verkehrsbund meist d'accord mit den Richtlinien aus München.

Grundsätzlich werde die Kontrolle der Fahrscheine als Service verstanden. Insgesamt ist das "Fahren ohne gültigen Fahrausweis" nicht auf eine Gruppe oder Schicht festgelegt. Menschen, die ohne Fahrschein unterwegs sind, gebe es in allen Altersklassen, allen Schichten. In jedem Fall sei die ursprüngliche Bedeutung "shvarts" ja aus dem jiddischen und bedeutet "arm" - wie im Bild-Beitrag auch erwähnt.

Man werde intern noch einmal unter dem neuen Aspekt diskutieren und sich auch mit dem Verband und anderen Verkehrsunternehmen austauschen. Insgesamt gebe es sehr viele Begriffe, die mit Schwarz kombiniert sind. Von Schwarzmalen über Schwarzarbeit bis hin zum Schwarzbuch.

Kommentar des VGN

Der Verkehrsverbund des Großraums Nürnberg lässt laut Pressesprecher Manfred Rupp ähnliches wie die VAG verlauten: In den Tarifbestimmungen des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg tauche der Begriff Schwarzfahren nicht auf.

Das letzte Mal wurde das Wort Schwarzfahren 2015 verwendet, als der Gesetzgeber das erhöhte Beförderungsentgelt auf 60 Euro angehoben hatte. Seitdem seien andere Formulierungen verwendet worden.

Hintergrund der Verwendung des Begriffs war eine Bundesratsinitiative, wobei selbst dieses Verfassungsorgan die umgangssprachliche Formulierung verwendet hatte.

Der VGN gehe davon aus, dass sich die Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbünde innerhalb des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für zukünftige Fälle auf eine gemeinsame Linie verständigen werden.

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