Erlanger Schule im Liebesrausch

22.12.2016, 18:30 Uhr
Erlanger Schule im Liebesrausch

© Stefan Mößler-Rademacher

„Hier geht es um mehr als um Schüler, die in ein Theater rein- und danach wieder raus- gehen. Zwischen uns und dem MTG sollte etwas entstehen, das nachhaltiger ist als die üblichen Kooperationen. Kultur und Bildung werden hier zu kultureller Bildung verwoben“, erklärt Katja Ott, Intendantin des Theaters Erlangen. Im Sommer hatte sich das Theater aufgemacht, einen Partner für die Zusammenarbeit zu einem Pilotprojekt zu finden – und erhielt schnell Rückmeldung vom Marie-Therese-Gymnasium. MTG-Schulleiterin Reane Strübing berichtete nicht ohne Stolz, dass bei den Lehrern schnell Begeisterung für dieses Projekt entfacht werden konnte: „Wir wussten, dass mit dem ausgewählten Stück eine Geschichte in den Fokus rückt, die Jugendliche immer wieder aufs Neue begeistert.“

So dreht sich also ab sofort alles um „Romeo und Julia“. Der Bühnenklassiker von William Shakespeare wird in dieser Spielzeit am Theater Erlangen von Eike Hannemann inszeniert und hat am 11. März im Markgrafentheater Premiere. Was ist nun das Besondere an dieser Zusammenarbeit zwischen MTG und Theater? Vor allem ist es der Zeitrahmen, in dem das Stück nicht etwa „nur“ im Deutsch- und Englisch-Unterricht behandelt wird.

Schon der Ort der Präsentation der Kooperation für die Presse ist ungewöhnlich. Denn diese findet im Chemie-Raum statt. Der Schüler Lasse Krähner brüht dabei als „Romeo“ einen grell leuchtenden Trank. Zwar werden in den Chemie-Stunden der kommenden Wochen kein echtes Gift oder gar K.O.-Tropfen angemischt, doch über die Zusammensetzungen solcher Substanzen lässt sich in diesem Fach natürlich viel berichten.

Erlanger Schule im Liebesrausch

© 20th Century Fox

Gleiches gilt für die Biologie. Schließlich werden in Shakespeares Meisterwerk jede Menge Hormone ausgeschüttet. In Geschichte taucht die Klasse ab ins England um 1600, und im Fach Wirtschaft können sich die Schüler Gedanken über Kulturmarketing machen. Intendantin Ott: „Die Jugendlichen sollen merken, dass Theater auch immer etwas mit ihrer Lebenswirklichkeit zu tun hat.“ Gerade in einer Phase, in der — wie Katharina Gänßbauer, Fachbetreuerin für das Fach Deutsch, anmerkt — „das Interesse fürs Theater leider zu bröckeln beginnt“.

Seit einigen Tagen lesen alle Schüler in den neunten Klassen das Drama in einer zweisprachigen Ausgabe. Dann folgen Workshops über die Grundlagen der Theaterarbeit und die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Arten, ein Stück aus längst vergangenen Zeiten auf die Bühne oder die Leinwand zu bringen. Beispielsweise wird im Musikunterricht auf die „Romeo-und-Julia“-Anleihen in der „West Side Story“ geblickt. Vermutlich taucht auch das bunte Pop-Kino-Spektakel von Baz Luhrmann mit Superstar Leonardo DiCaprio auf. Und wer weiß, vielleicht kommt selbst der Auftritt von Krawallbruder „Danger“ in der Kino-Klamotte „Fack ju Göthe“ zu Sprache: „ZackZack. Zeig mal Möpse!“

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