Erlanger SPD setzt konsequent auf junge Wähler

3.2.2020, 11:00 Uhr
Erlanger SPD setzt konsequent auf junge Wähler

© Andreas Eberlein/dpa

So muss man jedenfalls das Rahmenprogramm des Jubiläumsfestes im Erlanger E-Werk interpretieren, das mit moderner, ja, geradezu avantgardistischer Bühnenkunst aufwartete, das zudem von (übrigens großartigen) Wort- und Musikkünstlern dargeboten wurde, die alle die Enkel der meisten Genossinnen und Genossen im Saal hätten sein können.

Nun, so ganz stimmt auch dies nicht, da der Altersdurchschnitt auch dadurch gesenkt wurde, dass ein gar nicht so kleiner Teil der durchaus prominenten "Alt-Genossen" gar nicht erst gekommen war – über die Gründe dafür darf spekuliert werden. Tatsache ist jedenfalls, dass gerade jene Generation Lücken zeigte, die vor 50 Jahren damit begonnen hat, Erlangen zu einer modernen Wissenschaftsstadt mit hohem ökologischen Anspruch zu machen – ein Ruf, von dem auch die heutige Kommunalpolitiker-Generation zehren kann, natürlich nicht nur in der SPD.

So also ein Festprogramm, ein – wie angekündigt – "Abend voll Literatur und Musik", durch den der Autor und Moderator Lucas Fassnacht führte. Der hat mit seinem jüngsten Roman "#KillTheRich – Wer Neid sät, wird Hass ernten" ein Szenario entworfen, von dem die anwesende Festgemeinde etwa so weit entfernt war wie die Erde von der nächsten Galaxie. Dabei ist die Grundidee des Romans – die Armen dieser Welt erheben sich, auch dank moderner Kommunikationsmittel, in revolutionärer Weise gegen die Reichen – so weit vom Ursprung der Sozialdemokratie nicht entfernt. Aber: Fassnachts Roman ist eine Utopie, und davor hat schon Alt-Kanzler Helmut Schmidt erfolgreich gewarnt und damit auch daran erinnert, dass die Partei als Ordnungsfaktor schon stets Aufstände lieber hat niederschlagen lassen, als diese zu befeuern.

Doch zurück auf die Bühne. Dort gaben sowohl die Poetry-Slamerin Jule Weber als auch Lukas Fassnacht Belege ihrer skeptisch-sozialkritischen Haltung ab, spielte sich das Singer-Songwriter-Duo ByeBye (was für ein Bandname für einen Abend bei einer Partei in der Krise) aus Leipzig den Blues von der Seele und brachte die Rapperin Yasmo mit ihrem Begleit-DJ Nika Schwung in den Saal. Letzteres zumindest unter die Jüngeren, die auch mehr Ausharrungs- und Stehvermögen zeigten als das gesetztere Publikum.

Prominenter Gast

Natürlich durfte auch – neben Ehrungen, die einer getrennten Berichterstattung vorbehalten sind – ein prominenter Gast nicht fehlen. Anke Rehlinger, der stellvertretenden Ministerpräsidentin und SPD-Vorsitzenden des Saarlandes, war es vorbehalten. Ausblick auf eine wenn schon nicht rote, so doch wenigsten rosige Zukunft zu geben. Sie lobte

das Wahlkampfmotto der Erlanger SPD ("Eine Stadt für alle") und skizzierte die SPD als jene politische Kraft, die alleine in der Lage sei, die Solidarität und den Zusammenhalt einer Stadtgesellschaft zu organisieren. Dabei sei es die Aufgabe der Mandatsträger wie der Parteimitglieder, die Menschen dort abzuholen, von wo aus sie von alleine nicht wegzubringen sind: an den Stammtischen.

Mit Blick auf die "Fridays for future"-Bewegung, die der SPD mächtig in die Glieder gefahren ist, beschwor sie den Kampf gegen den Klimawandel und wagte die These, nur die SPD könne die ökologische Herausforderungen und eine soziale Politik zusammenbringen. Und: Gerade in der Kommunalpolitik reiche es nicht mehr aus, sich der gewerkschaftlich organisierten Facharbeiterschaft zu versichern, man müsse auch die Menschen aus kleinen Beschäftigungsverhältnissen mitnehmen. Die Leistungsträger aber ("Natürlich, Leistung muss sich lohnen") säßen ja bereits im Publikum.

Und wie das alles zu finanzieren sei? "Wenn wir unseren Kindern und Enkeln eine intakte Infrastruktur übergeben wollen, dürfen wir nicht ständig auf die Schwarze Null schielen", so ihr Schulden-Appell. Da die SPD vor eineinhalb Jahrzehnten die Reichensteuer zu einem Witz gemacht hat, ein nachvollziehbarer Vorschlag für eine Partei, deren Wahlaussichten allen Erfolgsmeldungen zum Trotz mit jedem Tag schlechter werden.

Die SPD Erlangen ist 150 Jahre alt – der Vorhang zu, und viele Fragen so offen wie etliche Stuhlreihen im E-Werk, die einfach leer blieben. Der guten Stimmung tat dies gleichwohl keinen Abbruch. Aber ob es auch ein Zeichen für den Aufbruch war?

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