Als Bauholz 12500 Prozent teurer wurde

Historie: Schon damals wurde mit Preissteigerungen gekämpft -

22.6.2018, 17:15 Uhr
Historie: Schon damals wurde mit Preissteigerungen gekämpft -

© Archivfoto: Manfred Welker

Die Niederndorfer hatten schon im 19. Jahrhundert zweimal den Bau einer Kapelle geplant, ohne dass es zur Ausführung gekommen wäre.

Den entscheidenden Vorstoß unternahmen sie im Oktober 1921 bei Dekan Joseph Müller in Herzogenaurach. Sie suchten um die Erlaubnis für den Bau eines Schulhauses mit zwei bis drei Klassenzimmern nach.

Eine weltliche und eine oder zwei klösterliche Lehrkräfte sollten den Schulbetrieb sicherstellen.

Dekan Müller erkannte, dass es mit einem Schulhausbau für Niederndorf allein nicht getan sein konnte. Daher riet er: "Baut eine Schule! Baut aber auch neben der Schule eine Kirche und neben die Lehrerwohnung auch eine Geistlichenwohnung! Und wenn Ihr klösterliche Lehrkräfte wollt, dann müsst Ihr auch ein Schwesternheim bauen, und neben das Schwesternheim baut auch gleich eine Kinderbewahranstalt und eine Haushaltungs- oder wenigstens eine Arbeitsschule und dann tut Ihr gut, wenn ihr an eine weitere Schwester denkt, die die ambulante Krankenpflege in Niederndorf und Umgegend übernehmen kann. Ihr bittet mich um Mithilfe. Wenn ihr auf meinen Plan eingeht, denn helfe ich Euch, so viel und so gut ich nur helfen kann."

Angesichts zweier erfolgloser Versuche eine Kapelle zu bauen, sowie des mehrmaligen Versuchs, eine Schule zu errichten, überwogen bei den Niederndorfer Bürgern wegen der beginnenden Inflation aber die Bedenken.

Schließlich gründeten sie am 11. November 1921 in der Gastwirtschaft Winkelmann einen Kirchen- und Schulhaus-Bauverein.

Die Haushaltsvorstände erklärten sich bereit, 200 000 Mark durch Spenden aufzubringen. Am 29. November 1921 genehmigten die Haushaltsvorstände von Niederndorf und die Katholiken von Neuses mit einer Ausnahme das Bauprojekt. Am gleichen Abend gab auch der Gemeinderat von Niederndorf sein Plazet.

Normalerweise hätte die Verweigerung der Baugenehmigung durch die Behörden das Projekt zum Scheitern verurteilen müssen. Nicht aber in Niederndorf. Thomas Fink stiftete den Bauplatz für Kirche, Friedhof und die Gärten. Weitere Grundstücke schenkten Maria Leipold und Johann Winkelmann. Als Architekt für das Bauwerk konnte Fritz Fuchsenberger, Professor an der Technischen Hochschule in München, gewonnen werden. Dessen Pläne sahen den Zusammenschluss der einzelnen Bauteile zu einem Komplex vor.

Dadurch sollte eine einheitliche Gesamtwirkung und eine Verringerung der Kosten erreicht werden. Der Gemeindebau sollte mehrere Funktionen erfüllen.

In der Kirche waren 282 Sitzplätze vorgesehen. Das Pfarrhaus sollte durch die Sakristei unmittelbar mit dem Kirchenbau verbunden werden.

Für die "Kinderbewahranstalt" hatte Fuchsenberger im Erdgeschoss einen 70 Quadratmeter großen Kindersaal vorgesehen. Eine um 0,5 Meter erhöhte Nähstube konnte dadurch als Bühne für Theateraufführungen genutzt werden.

Im Obergeschoss sollte die Schwesternkapelle und die Lehrerwohnung liegen. Drei Schulsäle mit je 70 Quadratmetern sollten in drei Geschossen übereinander liegen. Fuchsenberger drängte auf frühzeitigen Beginn der Bauarbeiten, da die Materialpreise und die Löhne ständig stiegen.

Mit dem Bau der Schule konnte am 21. Juni 1922 begonnen werden. Den Sand stellte der zweite Bürgermeister Georg Süß unentgeltlich zur Verfügung, die Backsteine lieferte die damals noch in Frauenaurach produzierende Ziegelei Gumbmann.

Mit der Bauausführung wurde Baumeister Adam Gumbmann betraut. Wegen der ständig steigenden Kosten konnte der Baufortschritt nur durch das große Engagement der Niederndorfer Bürger sichergestellt werden.

An den Werktagen arbeitete die Firma Gumbmann, an den Samstagen die Bevölkerung. Durch das Engagement von Dekan Müller erhielten die Niederndorfer verbilligtes Bauholz, von dem sie einen Teil in einem Wald bei Rettern holen mussten.

Daneben erhielten sie von Baron von Guttenberg in Weisendorf das Holz für die Kirchenbänke. Nicht einfach war die Anschaffung des Geläutes für die Kirche, die Eindeckung des Turmes mit Schiefer und der Fußboden in der Kirche.

Am Mittwoch den 27. Juni 1923 konnte dem Bauwerk das Turmkreuz aufgesetzt werden.

Infolge der Verzögerung der Plangenehmigung hatte die Gemeinde fürchterlich zu leiden unter der stets zunehmenden Teuerung.

Noch kein Jahr hatte eine so sprunghafte Preissteigerung verzeichnet. Sie betrug vom Januar bis Dezember 1922 nach amtlicher Angabe 12 500 Prozent für Holz, 5700 Prozent für Backsteine, 8500 Prozent für Zement. Ähnlich war es bei Öfen, Herden, Glas, Blech und mehr. Trotzdem war der Bau 1923 so gut wie vollendet.

Die Einweihung nahm am 18. November 1923 Erzbischof Dr. Jacobus von Hauck vor.

Wichtig war es jedoch auch, den Kirchenkomplex mit geistlichem Leben zu erfüllen. Zur Errichtung einer Seelsorgestelle wurde als Argument die Anzahl von 559 Katholiken in Niederndorf, Lohhof und Neuses angeführt. In Abstimmung mit dem Pfarramt Herzogenaurach wurden daher eine Tochterkirchengemeinde und die Errichtung einer eigenen Kirchenstiftung beantragt.

Zur Versorgung des Pfarrherren sagten die Niederndorfer nach einem Aufruf von Dekan Müller 13 Tagwerk Äcker und Wiesen zu, von denen der größte Teil auch tatsächlich in den Stiftungsbesitz einging.

Am 7. November 1923 erfolgte die provisorische Besetzung der Lokalkaplanei Niederndorf durch das Generalvikariat des Erzbistums Bamberg mit Kaplan Peter Fleischmann von der Pfarrei "Maria Hilf" in Bamberg, der bis zum 1. September 1935 am Ort wirkte.

Als Nachfolger kam Johann Raab ab 1. September 1935 nach Niederndorf, wo er bis 1982 wirkte. In seiner Amtszeit wurde die Kuratie Niederndorf 1964 zur Pfarrei erhoben. Einen großen Anteil am Erhalt des Gebäudekomplexes hatte Pfarrer Franz Noppenberger, der mit Wirkung vom 1. Mai 1983 zum Nachfolger von Pfarrer Raab bestimmt wurde.

Stand der Bau lange Jahre als westlichstes Gebäude am Ortsausgang nach Herzogenaurach, stellt nun die Kirche das Zentrum der Gemeinde dar. Nach nahezu 60 Jahren waren Renovierungsarbeiten an dem Gebäudekomplex nötig geworden, die 1982 begannen.

Dazu zählten die Neudeckung des Daches, die Gestaltung des Vorplatzes und eine Generalüberholung des Pfarrhauses sowie die Renovierung der Kirche. Der Arbeitseinsatz freiwilliger Helfer senkte die Kosten, wie bereits bei der Erbauung.

Der Boden erhielt einen neuen Belag aus Solnhofener Platten, als neues Ausstattungsstück kam ein Zelebrationsaltar aus der Werkstatt von Max Walter in die Kirche. 1983 erhielt der Altar seine Neuweihe.

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