Kassiert die Stadt Erlangen noch schnell ab?

13.7.2020, 14:25 Uhr
Kassiert die Stadt Erlangen noch schnell ab?

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Zum Hintergrund: 2016 hat der Landtag eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes beschlossen. Demnach dürfen Kommunen für Straßen, deren erstmalige Herstellung vor mindestens 25 Jahren begonnen wurde (sogenannte Altanlagen) Erschließungsbeiträge nicht mehr erheben. Da die Gesetzesänderung ab dem 1. April 2021 gilt, hat der Gesetzgeber es in die Hände der Kommunen gelegt, vor Ort zu entscheiden, wie sie mit der Regelung umgehen.

Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, dass Kommunen noch vor diesem Stichtag Baumaßnahmen durchführen und dafür Erschließungsbeiträge bei den Bürgern erheben, oder diese nach dem 1. April 2021 abzuwickeln, wobei dafür natürlich keine Erschließungsbeiträge mehr fällig würden. Übergangsweise hätten die Städte und Gemeinden im Freistaat sogar die Möglichkeit, Erschließungsbeiträge für Altanlagen teilweise oder ganz zu erlassen.

Betroffen sind in Erlangen unter anderem die Anwohner am Giesbethweg im Ortsteil Dechsendorf. Die Entwurfsplanung für die Herstellung von Parkplätzen auf der nördlichen Seite des Giesbethweges (zwischen den Hausnummern 3 und 11) wurde dabei im Stadtrat am 20. Februar diesen Jahres beschlossen.

Im Zuge der Arbeiten werden sieben neue öffentliche Parkplätze hergestellt sowie zwei neue Grünflächen angelegt und insgesamt acht neue Bäume gepflanzt. Festgelegt wurde die Maßnahme allerdings bereits in einem Bebauungsplan aus dem Jahr 1987.

Die Anwohner vermuten nun, dass der Bau der fehlenden Parkbuchten ausschließlich dem Zweck dient, die offensichtlich bei der Stadt "verschlafenen" Erschließungsbeiträge auf den letzten Drücker erheben zu können. Weitere Betroffene im Bereich der nahegelegenen Waldseestraße, die für eine andere Erschließungsmaßnahme ebenfalls von der Stadt zur Kasse gebeten werden, kritisieren außerdem, dass das betroffene Erschließungsgebiet falsch dargestellt ist "und somit die Berechnung fehlerhaft sein muss".

Insgesamt sei man enttäuscht über das "Verhalten der Stadt Erlangen". "Während einerseits auf allen politischen Ebenen über Entlastungen der Privathaushalte nachgedacht wird und Großkonzernen Milliardengeschenke gemacht werden, zögert die Stadt Erlangen nicht, Haushalte noch schnell mit hohen vier- bis fünfstelligen Beträgen zu belasten", heißt es in einer E-Mail, die unserer Zeitung vorliegt.

Dass die Stadt die Anlieger über die voraussichtlichen Kosten über die erst jüngst fertig gestellten Maßnahmen nicht informiert hat, stellt für die Anwohner "ein weiteres fragwürdiges Verhalten" dar, da finanziell schwächere Anlieger in diesem Fall einen Antrag an den sogenannten Erschließungsnotfallfonds hätten stellen können, um von dort finanzielle Unterstützung zu erhalten. Diese Möglichkeit ist aber am 31. Dezember 2019 ausgelaufen.

Ungeachtet dessen, bleibt die Stadt bei ihrer Haltung. In einer Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung heißt es: "Die Stadt Erlangen hat sich entschieden, Altanlagen nach Möglichkeit fertig zu stellen und die Erschließungsbeiträge abzurechnen. Hierbei wurden insbesondere auch Erschließungsanlagen berücksichtigt, bei denen in der Vergangenheit sogenannte Vorausleistungen auf die zu erwartenden Erschließungsbeiträge erhoben wurden."

So wurden in Erlangen in der Regel bei Beginn der erstmaligen Herstellung dieser Altanlagen Vorausleistungen in Höhe des voraussichtlich anfallenden Beitrags erhoben. "Diese werden bei der nun anstehenden Beitragsabrechnung als Abschlagszahlung berücksichtigt und verringern damit die Beitragsforderung erheblich", heißt es in der Stellungnahme weiter. Zum Teil ergäben sich für einige Betroffene damit sogar Rückzahlungen.

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