Laufen macht jung

14.9.2012, 14:22 Uhr
Laufen macht jung

© Erich Malter

Der Aufruf erfolgte vor einem Jahr. „Der Vogel fliegt, der Fisch schwimmt, der Mensch läuft!“, hieß es damals. Diese „Weisheit“ stammte von keinem Geringeren als dem Weltklasseläufer Emil Zatopek. Seine Worte waren der „Aufhänger“, um 30- bis 50-jährige Erlanger und Nürnberger aus der Reserve zu locken.

Männer also, die ausnahmslos den Sport an den sprichwörtlichen Nagel gehängt beziehungsweise sogar noch niemals etwas damit „am Hut“ gehabt hatten. Denn nur Untrainierte kamen für die Laufstudie infrage. Gewöhnlich werden Sportler und Nichtsportler miteinander verglichen. Die Laufstudie war damit schon im Ansatz anders als herkömmliche Sportstudien.

„80 Männer haben wir für die Untersuchungen gebraucht und wir fanden sie auf Anhieb“, erinnert sich Dr. Simon von Stengel. Er arbeitet am Institut für medizinische Physik (IMP) der Uni Erlangen-Nürnberg. Das übernahm mit Professor Wolfgang Kemmler an der Spitze die Federführung des Projekts. Weil der Erfolg bekanntlich viele Väter braucht, waren ebenfalls beteiligt: das Radiologische Institut der Uni, das Institut für Sportwissenschaft und Sport sowie das Klinikum Nürnberg.

Zunächst wurden die 80 Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt: eine Lauf- und eine Warte-Kontrollgruppe. Während sich die Laufgruppe sofort ins intensitätsorientierte Training stürzen durfte — zwei bis drei Mal pro Woche etwa eine Stunde —, wurden die Männer aus der Warte-Kontrollgruppe tatsächlich gebeten, ihren Lebensstil die nächsten vier Monate über beizubehalten.

„Das war wichtig, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen“, erläutert Simon von Stengel. Und erst, als die Laufgruppe nach vier Monaten die letzte Runde absolviert hatte, durfte die Warte-Kontrollgruppe sich in Bewegung setzen. „Dieses Lauftraining wies sich allerdings durch niedrigere Intensität und höheren Umfang aus“, sagt von Stengel. Am Ende wurde gemessen, wie auch zu Beginn der Studie. Apropos: Die regelmäßig vorgenommenen Kontrollmessungen machten es möglich, die Wirkung von gleich zwei unterschiedlichen Trainingsprogrammen zu untersuchen. In einer Studie — effektiver geht’s nicht.

Unterm Strich lautet das Fazit: Laufen lohnt sich. Überraschend klingt das nicht. Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail. Ein paar Beispiele: Die maximale Sauerstoffaufnahme verbesserte sich in beiden Gruppen maßgeblich. Körperfett wurde abgebaut, die Risikofaktoren Cholesterin und Blutdruck reduzierten sich signifikant.

Um 30 Prozent konnten beide Gruppen ihr Durchhaltevermögen beim Laufbandtest verbessern. „Besonders beeindruckend waren die Veränderungen am Herzen der Läufer, die aufwendig mit der Methode der Kernspintomografie erfasst wurden“, sagt von Stengel. „Die Herzmuskelmasse und das Schlagvolumen vergrößerten sich. Beides sind entscheidende Parameter der Herzleistung. Diese Effekte traten in beiden Gruppen auf, wobei sie nach dem intensiven Training mit einer Steigerung von zirka zehn Prozent ausgeprägter waren. Die mittels Ultraschall untersuchte Dicke der inneren Gefäßschicht der Halsschlagader als Maß für arteriosklerotische Ablagerungen zeigte, dass das ‚Gefäßalter‘ signifikant gesunken war. Um 2,5 Jahre in bloß vier Monaten.“

Anders ausgedrückt: Die biologische Uhr ist zurückgedreht worden. Bleibt zu hoffen, dass es beim Krafttraining genauso ist. Damit wird sich nämlich die nächste Studie beschäftigen. Schon jetzt werden wieder Männer zwischen 30 und 50 Jahren gesucht.

Hotline: 09131/8522840, dienstags 9–11 Uhr, Fragen per E-Mail an andreas.wittke@imp.uni-erlangen.de
 

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