Perfektion und Brillanz

25.9.2012, 00:00 Uhr

Hier stimmte einfach alles: Tief empfundene musikalische Durchdringung eines Werkes, gepaart mit brillanter Technik und dazu eine hinreißende Präsentation. Die mit internationalen Preisen ausgezeichnete, weltweit erfolgreich gastierende argentinische Virtuosin Sol Gabetta debütierte beim GVE in der Ladeshalle.

Sie spielt, sehr subtil und aufmerksam begleitet von den Bamberger Symphonikern, Edward Elgars spätromantisches Cellokonzert — eines der bedeutendsten des 20. Jahrhunderts — mit ungeheurer Leidenschaft und großer innerer Anteilnahme. Wie die legendäre Jacqueline du Pré, die mit ihrer Interpretation gerade dieses Werkes Maßstäbe gesetzt hatte, gelingt es auch Sol Gabetta in nahezu gleicher Perfektion, Elgars musikalischen Abgesang an die bürgerliche Welt Ende des Ersten Weltkrieges überzeugend und stimmungsvoll zu vermitteln. Die vier paarweise arrangierten Sätze, mit ihren teils melancholischen, teils nervös-aufgeregten Passagen gestaltet diese Ausnahmekünstlerin bravourös.

Da der Komponist den Solopart extrem ausgeweitet hat, kann Sol Gabetta ihre eminenten technisch-musikalischen Fähigkeiten geradezu umfassend zelebrieren. Sowohl ihr runder, kraftvoller Cello-Ton in den tiefen Lagen des ersten Satzes als auch die raschen, rasant dargebotenen hohen Läufe, z.B. im Scherzo, beweisen eindrucksvoll, welche Klangfülle die zweiunddreißigjährige Künstlerin mit ihrem Instrument zu entwickeln vermag. Tief empfundene Musikalität und atemberaubende Virtuosität in enger Verknüpfung, das charakterisiert Sol Gabettas Cello-Spiel.

Die vom Publikum gefeierte Solistin bedankt sich mit dem Gebet „Kol Nidrei“ von Ernst Bloch.

Wechsel der Perspektive

Ihr fast gleichaltriger Kollege, der Dirigent Krzystof Urbanski, und die Bamberger Symphoniker schaffen nach der Pause einen Perspektivwechsel: Weg von der „bürgerlichen“ Musik eines Elgar zur revolutionären Programmmusik von Dimitri Schostakowitsch. Seine 12. Symphonie, die den Titel „Das Jahr 1917“ trägt, ist eine künstlerische Apotheose Lenins und gestaltet musikalisch mit großer Emphase und Pathos ausgewählte Etappen seiner Revolutions-Karriere.

Der vorzüglich harmonierende Orchester-Apparat, aber auch einzeln hervortretende Instrumentengruppen entwerfen ein aus vier disparaten Sätzen sich entwickelndes grandioses Kolossalgemälde des russischen Revolutionszeitalters. Präzision, Emphase und eine inspirierende Körpersprache kennzeichnen den Dirigierstil des polnischen Senkrechtstarters Urbanski, dessen Namen man sich wird merken müssen. Aufgrund seiner grandiosen Leitung kann sich die ausgereifte Klangkultur dieses Orchesters besonders gut entwickeln.

Die „Bamberger“ und ihr Dirigent erweisen sich als Garanten dafür, dass die suggestive und höchst artifizielle Musik von Schostakowitsch auf begeisterte Resonanz im Publikum stößt.

 

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