So wichtig sind Pflegeeltern in Erlangen: Eine Familie auf Zeit

9.4.2019, 10:30 Uhr
Fremde Kinder in die Familie zu integrieren, ist nicht leicht, kann aber auch sehr bereichernd sein.

© Peter Steffen Fremde Kinder in die Familie zu integrieren, ist nicht leicht, kann aber auch sehr bereichernd sein.

Der Jüngste ist erst seit ein paar Wochen da. Misstrauisch beäugt habe er sie in dieser Zeit, erzählt Maria Müller (Name v. d. Red. geändert). Zwei Wochen lang hat der Dreijährige kein Wort zu ihr gesagt. "Dass er reden kann, und zwar wie ein Wasserfall, das habe ich mitgekriegt, wenn er mit den anderen Kindern zusammen war." Immer wieder einmal habe sie ihn gefragt, ob er mit zum Einkaufen gehen wolle. Daraufhin hat er nur den Kopf geschüttelt. Bis er dann schließlich doch mit ging. Dabei ganz von sich aus seine Hand in ihre Hand schob und sie anlächelte.

80 Pflegefamilien für 100 Kinder

Maria Müller und ihr Mann sind eine von 80 , die für das Jugendamt des Landkreises Erlangen-Höchstadt im Einsatz sind und 100 Pflegekindern ein Zuhause geben. Sechs Pflegekinder hat Familie Müller momentan, im Alter von dreieinhalb bis 14 Jahren. Es sind nicht ihre ersten Kinder, seit 26 Jahren sind sie dabei, sie haben Erfahrung, viel erlebt — und doch gibt es sie immer wieder: diese besonderen Momente. Wenn ein Kind Vertrauen fasst, das erste Lächeln, die kleine in der großen Hand.

Die Herkunftsfamilien und die Probleme, die dazu führen, dass Kinder nicht bei den leiblichen Eltern aufwachsen, Alkohol, Vernachlässigung, Verwahrlosung, Vereinsamung, psychische Erkrankungen — all dies können Gründe dafür sein, warum Kinder über das Jugendamt in Pflegefamilien vermittelt werden. Manchmal nur für einen kurzen Zeitraum in die sogenannte Bereitschaftspflege — einen Tag, eine Woche, ein halbes Jahr: bis die Perspektive in der Herkunftsfamilie geklärt ist; manchmal auf Dauer, das heißt bis zur Volljährigkeit.

Erinnerung an das andere Leben

Die Herkunftsfamilie ist immer da. Ein Foto der Mutter, des Vaters: Über jedem Schreibtisch, in jedem der Kinderzimmer hängen die Bilder. Sie zeugen von einem anderen Leben, das hätte sein können, aber irgendwie nicht funktioniert hat. Der regelmäßige Kontakt zu den leiblichen Eltern ist wichtig, es gibt sogenannte "Umgangskontakte". Wenn die Situation der leiblichen Eltern es zulässt, gibt es auch "Umgang" ohne Begleitung. Manche Kinder besuchen ihre Eltern übers Wochenende.

Die Herkunftsfamilie bedeutet für Maria Müller auch, dass sich für sie ein Spannungsfeld auftun könnte. Dann nämlich, wenn die leiblichen Eltern sie als Konkurrenz sehen würden. "Für mich ist es das Wichtigste, den Eltern kein Konkurrenzdenken zu vermitteln", sagt sie deshalb. Sie sei eben ganz einfach "diejenige, die den Alltag meistert. Ich gebe ihnen nie das Gefühl, dass ich ihre Kinder für mich haben will".

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