Stillstand durch Corona: Bleibt der Zirkus in Möhrendorf?

8.11.2020, 11:58 Uhr
Stillstand durch Corona: Bleibt der Zirkus in Möhrendorf?

© Marcel Staudt

Eigentlich wollte die Familie Endres mit ihrem Kinder Circus Toggolino nur für ein verlängertes Wochenende in Möhrendorf bleiben. Doch die Corona-Schutzmaßnahmen verbieten ihnen die Vorstellungen, auch die vier Termine beim Sportzentrum sind zwangsweise abgesagt. Das Zelt hat die Familie nicht aufgebaut, die Lkw sind abgemeldet – es geht jetzt um Kostenminimierung, um halbwegs unbeschadet durch den Winter zu kommen. "Wir bekommen keine staatliche Förderung", sagt Vater Patrick Endres.

Es sieht aber so aus, als könnte er wenigstens auf gemeindliche Unterstützung hoffen: "Der Bürgermeister hat uns gesagt, dass wir uns keine Sorgen machen sollen." Die Zirkusleute hoffen, die nächsten Monate mit ihren drei Wohnwagen hier stehen bleiben zu können. Ob Bürgermeister Thomas Fischer diesen Wunsch tatsächlich erfüllt, ist momentan unklar – er war für unsere Zeitung urlaubsbedingt telefonisch nicht zu erreichen.

Fit bleiben müssen die Kinder aber auch ohne Vorstellung. Sammy-Joe (18), Shayenne (16), Scarlet (15), Angelina (13), Lorena (10) und Joel (7) machen morgens und abends Dehnübungen, um fit zu bleiben. Sie alle treten im Familienzirkus auf, in dem es seit vergangenem Jahr keine Tiere mehr gibt. Auch Joel ist genau wie die älteren Geschwister ein klasse Artist, was er bei den Vorstellungen mit Handständen auf den Händen seines Vaters beweist. Er lebt in einem Wagen mit den Eltern zusammen, die vier Mädchen teilen sich einen weiteren und Sammy-Joe hat seinen eigenen.

Kleine Shows in der Schulturnhalle

Bis auf den ältesten Sohn sind alle Kinder der Familie Endres schulpflichtig. Sie sind bei der Schule für Kinder beruflich Reisender, die in Hessen ansässig ist. Allerdings erst seit diesem Jahr, zuvor nahmen die Kinder immer dort tages- oder wochenweise am Unterricht teil, wo der Zirkus Station machte. "Manchmal war es schön, aber es gab auch negative Sachen", sagt Shayenne. Ein Mädchen, das sie vor vier Jahren in Oberhaid kennenlernte, ist seitdem ihre Freundin. Im Sportunterricht wurde nicht nur Shayenne aufgefordert, ihr Können auf dem Trapez zu zeigen. "Das waren coole Erlebnisse. In den Turnhallen haben wir manchmal eine kleine Show für die anderen Kinder gemacht", sagt Scarlet.

Es gab aber auch viele Pausen, in denen die Geschwister sich auf dem Schulhof suchten und lieber unter sich blieben – weil die Mitschüler keinen Kontakt zu ihnen wollten. Oder Lehrer, die sie von den Hausaufgaben ausnahmen. "Die haben gesagt, das braucht ihr nicht machen, weil ihr eh bald wieder weg seid", erinnert sich Lorena.

Also ist die Familie Endres jetzt zufrieden, dass sie Unterricht im Wohnwagen machen können. "Jeder hilft jedem, aber jeder muss dann seine Sachen können", sagt Patrick Endres. Mathe gehört zu den Lieblingsfächern aller Endres-Kinder.

Unterricht via Zoom

Zwei Mal pro Woche loggen sie sich über die Plattform Zoom ein und werden von Lehrkräften der Schule für Kinder beruflich Reisender per Video unterrichtet. "Schule macht Spaß", sagt Angelina und alle Geschwister stimmen ihr zu. Die vier Mädchen und zwei Jungs wollen ihr Leben lang beim Zirkus bleiben, so wie die Eltern, Großeltern und Urgroßeltern. "Es ist so schön, anderen Menschen mit unserem Können eine Freude zu machen", sagt Shayenne.

Auch deshalb hoffen die Kinder, neben Schule, Hausaufgaben und Dehnübungen bald wieder Auftritte in ihrem Alltag zu haben. "Unser Zelt bietet Platz für 300 Zuschauer", sagt Patrick Endres, "wenn wir wenigstens Vorstellungen für 50 Leute machen dürften, würden wir über die Runden kommen."

Das Familienoberhaupt glaubt aber nicht, dass sich an der derzeitigen Situation bald etwas ändern wird. Deshalb hat er Kontakt mit der Arbeitsagentur aufgenommen: "Ich bin für meine Frau und meine Kinder verantwortlich. Wenn ich soll, kann ich gerne ab morgen Pakete ausfahren."

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