Führung mit dem BN

Weisendorf: Erhalt der Artenvielfalt ist machbar

11.8.2017, 14:12 Uhr
Weisendorf: Erhalt der Artenvielfalt ist machbar

© Foto: Bund Naturschutz

WEISENDORF — Der kahlrasierte Ufersaum der Seebach im Schlossgarten hatte Wosegien vor einigen Wochen veranlasst, sich in einer Ratssitzung zu Wort zu melden. Konstruktive Kritik sollte es sein, kein Konfrontationskurs, weshalb er dem Gremium weiterführende Informationen zur Verbesserung der Artenvielfalt in Weisendorf vorgeschlagen hatte – ein Angebot, das Bürgermeister Heinrich Süß prompt annahm. In der darauffolgenden Sitzung stellte der BN-Ortsgruppenvorsitzende mögliche Maßnahmen vor, mit denen sich in der Gemeinde ökologisch wertvolle Lebensräume schaffen ließen, ohne das kommunale Budget zu strapazieren. Wosegien: "Man muss es nur wollen."

Kleine Naturoasen

Was Naturoasen betrifft, ist Weisendorf gut aufgestellt. Bad- und Mühlweiher sind Rückzugsgebiete für Wasservögel, die Mündung der Seebach in den Mühlweiher gleiche sogar einem "kleinen Urwald", findet Wosegien. Solche idyllischen Plätze für erholungssuchende Bürger besser nutzbar zu machen, klingt zunächst reizvoll. Aus ökologischer Sicht wäre es nach Ansicht des Naturschützers jedoch ein Rückschritt. "Für einen Rundweg um den Weiher herum müssten aus Sicherheitsgründen viele Bäume fallen", gibt er zu bedenken. Um ein Biotop wie den Badweiher mit seinem breiten Schilfgürtel zu erhalten, aber dennoch zugänglich zu machen, böte sich eine robuste Aussichtsplattform mit fest installiertem Fernrohr an, so der Vorschlag des BN. So können Spaziergänger die Artenvielfalt erleben, ohne sie zu beeinträchtigen.

Lebendiger Wechsel

Weisendorf: Erhalt der Artenvielfalt ist machbar

© Fotos: Schulte

Ist ein natürlicher Lebensraum erst einmal beschnitten, lässt sich die ursprüngliche Artenvielfalt nur schwer wiederherstellen. Besonders augenfällig zeigt sich das beim Schlosspark, dessen öffentlicher Teil seit der Umgestaltung nur noch wenige Rückzugsmöglichkeiten für Vögel bietet. Hecken und Nisthilfen könnten hier ohne großen Aufwand Abhilfe schaffen. Aufwändiger ist es dagegen, ganze Bachläufe zu renaturieren. Allerdings reichen schon kleine Veränderungen, um einem schnurgeraden Verlauf die unnatürliche Strenge zu nehmen. Der Wasserspielplatz an der Seebach im Schlosspark zeigt, dass schon einzelne große Steine im Bachbett dem Gewässer seine natürlichen Windungen und damit den lebendigen Wechsel von seichten und tiefen Stellen zurückgeben.

Damit sich wirklich etwas bewegen kann, müssen Naturschützer und Gemeinde jedoch am gleichen Strang ziehen. "So weit sind wir nicht voneinander entfernt", stellte Bürgermeister Süß als Reaktion auf Wosegiens Referat fest. Tatsächlich kann sich die Gestaltung des öffentlichen Grüns in Weisendorfs Ortskern sehen lassen: Verkehrsinseln sind mit attraktiven Stauden bepflanzt, die Hummeln, Bienen und Schmetterlingen Nahrung bieten.

Weisendorf: Erhalt der Artenvielfalt ist machbar

© Fotos: Schulte

So farbenfroh und vielfältig könnte es aber auch auf vielen Wiesen und an Wegränder aussehen, ist der BN überzeugt. Dazu müsste allerdings der Mulchmäher seltener oder gar nicht zum Einsatz kommen. Es gäbe etliche nicht landwirtschaftlich genutzte Grünflächen, bei denen ein oder zwei Schnitte pro Jahr genügen würden, so Wosegien. Wichtig ist auch, dass das Mähgut dann abgeräumt und kompostiert wird – bleibt es als Mulch auf den Flächen liegen, verwandeln sich diese durch Überdüngung in monotone Gras- und Krautfluren.

Weisendorf: Erhalt der Artenvielfalt ist machbar

© Foto: Schulte

Ein kommunales Pflegekonzept, das Pflegemaßnahmen und -rhythmus für die einzelnen Flächen festlegt, steht deshalb auf dem Wunschzettel des BN-Ortsgruppenvorsitzenden ganz oben. Auch eine Baumschutzverordnung hält Wosegien für erstrebenswert, denn damit könnte das Durchschnittsalter des Baumbestandes in einer Gemeinde erhöht werden. Je älter ein Baum ist, desto wertvoller wird er schließlich als Lebensraum für Flora und Fauna.

"Bevölkerung mitnehmen"

"Das Wichtigste ist aber, dass wir die Bevölkerung mitnehmen", sagt Wosegien. Man müsse den Bürgern erklären, warum eine abgeblühte Wiese bis zum Februar ungemäht stehen- oder ein gefällter Baum liegenbleibe. "Das ist keine Verschwendung von Brennholz, sondern eine wirkungsvolle und vergleichsweise günstige Maßnahme zur Förderung der Biodiversität", so der BN-Ortsgruppenvorsitzende.

Für andere Vorschläge ließen sich die Weisendorfer sicher schnell begeistern: Ein Hain für Baumpflanzungen anlässlich einer Eheschließung oder der Geburt eines Neubürgers, wie es in manchen Kommunen schon praktiziert wird, stellt schließlich zur Natur einen sehr persönlichen Bezug her.

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