Firma will bayerisches Erdölfeld wieder neu erschließen

28.11.2018, 16:46 Uhr
Im schwäbischen Aitingen befindet sich die ergiebigste Erdölquelle Bayerns. Gefördert wird mit klassischen Pferdekopf-Pumpen.

© Wintershall Im schwäbischen Aitingen befindet sich die ergiebigste Erdölquelle Bayerns. Gefördert wird mit klassischen Pferdekopf-Pumpen.

"Wie eine Wassermaus sah ich oft aus, von oben bis unten mit Erdöl vollgespritzt", erzählt Erich Pusch. Eine unglaublich dreckige Arbeit sei sein Job als Motorenwärter bei der Erdölförderung gewesen. Sieben Motoren pro Bohrturm mussten ständig gewartet, alles geschmiert und gespült werden.

Aus dem Rheinland war Pusch 1957 nach Ampfing im oberbayerischen Landkreis Mühldorf am Inn gekommen, wo er dann 28 Jahre als Motorenwärter schuftete. Nicht nur ein prall gefülltes Fotobuch zeugt noch heute von dieser erlebnisreichen Zeit, sondern auch Puschs Einfamilienhaus und der Wohnwagen, den er sich von dem Verdienst gekauft hat.

"Wir haben da sehr gut verdient, 4000 Mark im Monat. Als ich 1986 aufgehört habe, habe ich eine Abfindung über 50.000 Mark bekommen", erzählt der heute 86-Jährige. Nicht nur Pusch, sondern ganz Ampfing hat vom Erdölboom profitiert. 150 Menschen fanden Arbeit, das Erdölunternehmen Deutsche Vacuum Oil AG siedelte sich direkt im Ort an und zahlte kräftig Gewerbesteuer.

551.000 Tonnen Erdöl wurden von 1954 bis 1997 in Ampfing gefördert, dann war Schluss. "Dann war das Erdöl zu sehr verwässert, da hat es keinen Sinn mehr gemacht", erzählt Pusch. Erdölförderung in Deutschland ist vor allem eine norddeutsche Sache. Einige Kilometer vor der Küste Schleswig-Holsteins liegt die Bohrinsel Mittelplate. Knapp 950 000 Tonnen Erdöl wurden dort im vergangenen Jahr an die Oberfläche geholt, fast die Hälfte der gesamten deutschen Förderung von 2,2 Millionen Tonnen.

Bayern hat im vergangenen Jahr 45 236 Tonnen Erdöl gefördert, immerhin einige Tausend Tonnen mehr als in den Jahren zuvor. Angefangen hat die Erdölförderung in Bayern schon im 15. Jahrhundert, als Mönche am Tegernsee das braungelbe Rohpetroleum, das aus einer Quelle bei Wiessee floss, in Flaschen füllten und als Heilmittel verkauften (siehe Info-Kasten).


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Thermalwasser statt Treibstoff

Im 19. Jahrhundert versuchte man am Tegernsee ohne großen Erfolg, diese Quelle mit Schächten und Stollen noch besser zu erschließen. Erst eine niederländische Firma begann im Jahr 1904 im großen Stil am Tegernsee nach Öl zu bohren. Fast wie in Texas sah es damals aus am Westufer des Gewässers, wo sich bald elf Bohrtürme erhoben. Doch nur aus drei Bohrlöchern sprudelten größere Mengen Öl.

Eine schweißtreibende Angelegenheit war die Erdölförderung in vergangenen Zeiten. Hier transportierten im Jahr 1954 Arbeiter in Ampfing einen Bohrturm von einer Förderstelle zur nächsten.

Eine schweißtreibende Angelegenheit war die Erdölförderung in vergangenen Zeiten. Hier transportierten im Jahr 1954 Arbeiter in Ampfing einen Bohrturm von einer Förderstelle zur nächsten. © Gemeindearchiv Ampfing

Als man verzweifelt immer tiefer bohrte, um mehr Erdöl zu entdecken, stieß der Niederländer Adriaan Stoop plötzlich auf große Mengen warmen Wassers, das übel nach faulen Eiern stank. Was zwar bestialisch roch, aber reich an Jod und Schwefel war, wurde schon bald zur König-Ludwig-Quelle, Adriaan Stoop zum Ehrenbürger und Wiessee 1922 zum Heilbad. Eine noch lukrativere Geldquelle war gefunden, für Erdöl interessierte sich am Tegernsee fortan keiner mehr.

Der große Ölboom in Bayern begann ohnehin später, in den 1950ern. In den 1960ern wurden teilweise mehr als 300.000 Tonnen pro Jahr gefördert. Dann lief die Förderung nach und nach aus.

Mit 33.000 Tonnen im Jahr sprudelt heute am meisten Öl aus den Förderstätten in Groß- und Kleinaitingen im Landkreis Augsburg. Dort, wie auch in Schwabmünchen und in Lauben im Unterallgäu ist das Unternehmen Wintershall aktiv.

"Seit 1979 haben wir in Schwaben 1,6 Millionen Tonnen Erdöl gefördert. Wir sehen eine sehr gute Perspektive für den Standort", betont Firmensprecherin Sandra Arndt. Die Förderung sei mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich, die Qualität hoch.

Es ist noch lange nicht Schluss mit dem schwäbischen Erdölboom. Bei Aitingen werden derzeit weitere Bohrungen geplant, um die Lagerstätte weiter zu erschließen. Bei Bedernau im Unterallgäu prüft das Unternehmen gerade, ob sich eine Wiedererschließung des schon einmal genutzten Ölfelds lohnt.

In Ampfing ist genau das der Fall. "Die Technik hat sich weiterentwickelt. Früher konnte man nur gerade runter bohren, jetzt kann man auch abgelenkt und horizontal bohren", verdeutlicht eine Sprecherin des Unternehmens RDG, das jetzt in Ampfing aktiv werden möchte.

Zu schade zum Verbrennen

Durch die neuen Möglichkeiten können nun auch die letzten bayerischen Erdölreserven erschlossen werden. Eine Erkundungsbohrung bis in 1900 Meter Tiefe und eine Probeförderung mit einer klassischen Pferdekopf-Pumpe wurden bereits durchgeführt. Zum Jahreswechsel erwartet RDG die Genehmigung durch das Bergamt Südbayern, dann könnte man den Bohrplatz in sechs bis acht Wochen umbauen und loslegen.

560.000 Tonnen Erdöl will das Unternehmen in den kommenden 15 bis 20 Jahren aus dem Ampfinger Untergrund holen, die bayerische Förderung wird sich wohl in den kommenden Jahren fast verdoppeln.

Im Tank wird das bayerische Erdöl aber nicht enden. "Der Rohstoff ist zum Verbrennen zu schade. Er wird vor allem in der Industrie eingesetzt, er steckt in Smartphones und Kleidung", erklärt die RDG-Sprecherin.

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