Bezahlbare Mieten im Paradies für Bauträger?

23.1.2018, 19:48 Uhr
Bezahlbare Mieten im Paradies für Bauträger?

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Bezahlbare Mieten im Paradies für Bauträger?

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Aufgrund eines Personalwechsels sieht sich das Liegenschaftsamt der Stadt nicht dazu in der Lage, Auskunft über die tatsächliche Zahl von Wohnungen mit gebundener Miete in der Stadt zu geben. Die Daten sind einfach nicht vorhanden, sie müssen neu erhoben werden. Einen Mietspiegel, der Auskunft über die durchschnittliche Miethöhe geben könnte, gibt es in Forchheim auch nicht.

Was sind Sozialwohnungen?

Sozialwohnungen sind Wohnungen, deren Bau öffentlich gefördert wurde. Sie unterliegen für 25 Jahre der Mietpreisbindung. Die Miethöhe darf eine je nach Ort festgesetzte Höhe nicht überschreiten. Diese "Bewilligungsmiete" wird von der Regierung von Oberfranken festgelegt und liegt in Forchheim bei Neubauten derzeit zwischen 6,50 und 7,50 Euro pro Quadratmeter.

Wer erhält eine Sozialwohnung?

Die Stadt hat das Belegungsrecht. Um in den Genuss einer öffentlich geförderten Wohnung zu kommen, muss der Bewerber beim Liegenschaftsamt der Stadt einen Antrag stellen und seine Einkommensverhältnisse offen legen. Die Stadt entscheidet, wer einen "Wohnberechtigungsschein" erhält. Im letzten Jahr wurden über 100 Berechtigungsscheine vergeben, der Schnitt der letzten Jahre lag bei rund 75. Obwohl also die Fäden im Liegenschaftsamt zusammenlaufen, gibt es dort derzeit keinen Überblick.

Wer baut Sozialwohnungen?

Sozialwohnungen können von privaten Bauträgern errichtet werden oder von Privatleuten, die im Geschosswohnungsbau aktiv werden und eine öffentliche Förderung beantragen. Bei künftigen Baugebieten, so hat es der Stadtrat mit der "Forchheimer Mischung" festgelegt, sollen 40 Prozent der Fläche im Geschosswohnungsbau entstehen und davon sollen 30 Prozent Sozialwohnungen sein. Bei großen Neubaugebieten wie in Kersbach (Pointäcker-Süd) können dabei durchaus einige Dutzend Sozialwohnungen auf einmal entstehen. Doch bis dahin fließt noch viel Wasser die Wiesent hinunter.

Welche Wohnungsbauunternehmen gibt es?

Klassische Bauherrn und Vermieter von Sozialwohnungen sind die gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen. Davon sind in Forchheim vier aktiv: die GWS (Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft der Stadt), die WVG, die Gewog und die kirchliche Joseph-Stiftung. Letztere hat ihren Sitz in Bamberg, die anderen sind in Forchheim beheimatet.

Wie viele Sozialwohnungen gibt es in Forchheim?

Von den vier Unternehmen hat sich unsere Redaktion Zahlen zum Thema Sozialwohnungen in Forchheim geben lassen. Zusammen vermieten sie derzeit 1986 Wohnungen (GWS 554; WVG 570; Gewog 646; JSt. 216). Aber: Nur noch 413 von diesen Wohnungen unterliegen der gesetzlichen Mietpreisbindung. Das bedeutet: Theoretisch könnten die Unternehmen höhere Mieten verlangen als früher mal "bewilligt" wurde. Allerdings machen sie davon kaum Gebrauch. Denn wenn die Mietpreisbindung entfällt, hat die Wohnung trotzdem nicht automatisch einen höheren Standard, der eine Mieterhöhung rechtfertigen könnte. Eher im Gegenteil. Und schließlich handelt es sich um Unternehmen im gemeinnützigen Bereich.

Die allerdings trotzdem auf ihre Kosten achten. In den letzten 15 Jahren etwa wurden in Forchheim-Nord hunderte Sozialwohnungen aller Wohnungsbaugesellschaften umgebaut, vergrößert, saniert, modernisiert. Dabei fielen auch Sozialwohnungen ganz weg, davon hat sich der Markt trotz einiger Neubauten noch nicht erholt.

Wie hoch ist die Miete in Sozialwohnungen?

Bei der Frage nach der durchschnittlichen Höhe der Kaltmiete ergibt sich auf den ersten Blick eine groteske Situation: Bei der GWS zum Beispiel kostet der Quadratmeter in Wohnungen mit gebundener Miete 5,50 Euro, aber in Wohnungen ohne Mietpreisbindung nur 5,10 Euro. Laut Geschäftsführer Alexander Dworschak sind dafür die Neubauten der vergangenen Jahre verantwortlich. Sie waren teurer im Bau, daher liegt auch die bewilligte Sozialmiete höher.

Ähnlich das Bild bei der WVG, die mit der GWS und der Joseph-Stiftung im "Haus der Wohnungswirtschaft" zusammenarbeitet. Gebundene Miete: 5,90 Euro im Schnitt; freie Miete: 5,20 Euro. Bei der Gewog, die zuletzt nicht neu gebaut hat, liegt der Fall anders (4 Euro bei Sozialbindung, 5 Euro bei freier Miete). Die Joseph-Stiftung machte hierzu keine Angaben.

Wie engagieren sich private Bauträger im Sozialwohnungsbau?

Forchheim ist ein Paradies für Bauträger. Allerorten entstehen auf ehemaligen Grünflächen Baukörper im Geschosswohnungsbau. Leider ist aufgrund der fehlenden Datengrundlage nicht festzustellen, wie viele Sozialwohnungen von privaten Bauträgern in Forchheim gebaut und betrieben werden. Der städtische Fachplan Wohnen nennt für das Jahr 2011 eine Zahl von 7207 Gebäuden mit Wohnnutzung in Forchheim, in welchen es damals 15 063 Wohnungen gab.

Beide Zahlen dürften inzwischen gestiegen sein. Zum Beispiel wurde auf dem Gelände der alten Stadtgärtnerei kräftig Wohnraum geschaffen, auch auf der Wiesentinsel bei der Spinnerei und im früheren Klostergarten. Trotzdem nimmt die Zahl der Wohnungssuchenden nicht ab. Wie auch, ist doch Forchheim gleichzeitig mit der Zunahme an Wohnungen auch an Einwohnern gewachsen, von knapp 30 000 auf heute rund 32 000.

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