Sommer in Forchheim

Die Kultur ist zurück: Mit Kostprobe von der Leckdose

28.6.2021, 17:43 Uhr
Die Kultur ist zurück: Mit Kostprobe von der Leckdose

© Foto: Udo Güldner

Auf der Oberleitung, die über das Sommer-Quartier hinweg führt, haben es sich dutzende Krähen bequem gemacht. Kein Krächzen ist aber mehr zu hören, seitdem die Bühnenfiguren "Arthur Senkrecht" und "Der Schwenn" ins Scheinwerferlicht getreten sind. Komische Vögel sind das da unten, das mögen sich die klugen Tierchen hoch über dem Königsbad denken. Der eine will Atom-Strom am Geschmack erkennen und probiert das auch gleich an einer "Leckdose" aus. Der andere spielt seinen Konzertflügel mit allen ihm zur Verfügung stehenden Körperteilen – wirklich mit allen.

Keine Hand rührt sich, als das ungleiche Duo auf die Bühne kommt. Fast scheint es, die Zuschauer hätten in den kulturlosen Monaten vor den digitalen Live-Streams das Applaudieren verlernt. Doch im Laufe des Abends wird sich das ändern. Dafür sorgen Tanzschritte wie der doppelte Travolta, ein verschlucktes Mikrophon und ein Goldfisch, der baden geht. Daneben bastelt sich Arthur Senkrecht mit einem Akkubohrer und einer Mohrrübe eine Flöte und kann nur mit einem Feuerlöscher daran gehindert werden, ein Feuerwerk an Gags zu zünden.

Es muss einfach Liebe sein

Das Gelände liegt am leerstehenden Dienstsitz des letzten Hausmeisters des alten Freibads. Um vor den Unbilden des Wetters geschützt zu sein, warten die ehrenamtlichen Helferinnen des Jungen Theaters Forchheim (JTF) in einer hölzernen Bude, die normalerweise am Weihnachtsmarkt zum Einsatz kommt.

Einige Schritte weiter rechts wartet die große Bühne, die früher im Innenhof der Kaiserpfalz aufgebaut war, darauf, nach sieben Jahren des Winterschlafs wieder erweckt zu werden. Sobald die Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen ist, wird sie die auf einem Anhänger montierte fahrbare Bühne ersetzen. Darauf gäbe es noch mehr Raum für die angeblich Verwandten, die sich streiten und versöhnen, singen und tanzen, schreien und schweigen. "Must be love" – das muss Liebe sein.

In der Pause kann man sich etwas die Füße vertreten. Die einen wandeln zu einer Torwand aus Metall, in deren Schatten das Raucher-Areal ausgewiesen ist. Die anderen besuchen die Strandbar, um sich bei Marcello mit kühlen Getränken einzudecken. Manch einer nutzt aber auch die Gelegenheit, endlich wieder mit anderen kulturell Interessierten zu plaudern. Die Schauspieler Arnd Schimkat und Sven Hussock erholen sich auf den Liegestühlen im Backstage-Bereich. Es fehlen nur noch Cocktails, mit denen sich der Toll-Patsch und sein Bühnenpartner abkühlen können. Haben sie doch eine knappe Stunde lang alle möglichen Überraschungen angekündigt und danach das Publikum doch immer wieder mit dem Unerwarteten verblüffen können. Ganz nach ihrem Motto: "Das ist Forchheim, die sind Härteres gewohnt."

Techniker haben alle Hände voll zu tun

Viele Besucher sind es nicht, die auf den roten Klappstühlen Platz genommen haben, die ursprünglich beim ZirkArt-Festival besetzt werden sollten. Nicht einmal 50 sind es auf der zum Kulturpark umfunktionierten Liegewiese. Dabei wären unter freiem Himmel bis zu 200 erlaubt. Darunter auch solche, die quasi "dienstlich" hier sind: Kultur-Bürgermeisterin Annette Prechtel und ihr Amtskollege Udo Schönfelder, der KulturPuls-Vorsitzende Robert Hübschmann, Kulturamtsleiter Lorenz Deutsch und JTF-Programmchef Martin Borowski, um nur einige zu nennen. Nur einer fehlt: Walter Mirschberger, der Chef des Bau-, Grün- und Bäderbetriebes, der die Idee hatte, jenen ungewöhnlich schönen Flecken als Spielort kommunaler Kultur zu nutzen. Vielleicht hat es aber auch an den unklaren Wetterverhältnissen gelegen. Wobei sich unter den sturmfest verzurrten Flex-Zelten wohl niemand Sorgen machte, vom Regenschauer überrascht zu werden.

Während vorne ganz große Kleinkunst über die Bühne geht, haben hinten die Techniker Peter Volk aus Bamberg, Christof Stöckigt aus Erlangen und Tim Körner aus Gaiganz alle Hände am Mischpult und am Tablet. Immerhin gibt es ständige Szenenwechsel, sind zahllose Geräuschkulissen und Lichteffekte einzuspielen. Der Ankündigung, nun werde es kurz langweilig, durfte man jedenfalls keine Sekunde lang Glauben schenken. Nach zwei Stunden ist es auf der grünen Wiese dunkel geworden. Dafür hat sich die Stimmung aufgehellt. Erst jetzt fliegen auch die Krähen wieder weg. Auch sie haben sich köstlich amüsiert.

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