Ebermannstadt: Schüler tun mit 5000 gesammelten Stiften Gutes

17.8.2018, 18:06 Uhr
Ebermannstadt: Schüler tun mit 5000 gesammelten Stiften Gutes

© Kristin Martin

Bei der Aktion in Ebermannstadt haben auch die Sechstklässler ordentlich mit angepackt, sagt Kristin Martin, Lehrerin am Gymnasium Fränkische Schweiz in Ebermannstadt. 30 Kilogramm an alten Stiften, das entspricht 5000 Stück, sind zusammenbekommen. Damit können nun zehn Kinder im Libanon mit Schulmaterial ausgestattet werden. Insgesamt wurden im Rahmen der Aktion mehr als acht Tonnen Müll recycelt.

Begleitet zu der Aktion stand drei Tage das Infomobil „Roadshow Integration" vom Kolping-Netzwerk für Geflüchtete in der letzten Schulwoche vor den Sommerferien im Innenhof des Gymnasiums. Unter anderem war Tonja Klausmann aus Berlin damit gekommen, um mit Schülern über Themen wie Fluchtursachen, Vorurteile und Integration zu sprechen.

Über das Thema Flucht informiert

Während sich an zwei Tagen zwölf Klassen zusammen mit den Kolpingmitarbeitern in ihren Klassenzimmern intensiver mit diesen Themen auseinandersetzten, hatten acht weitere Klassen die Möglichkeit, sich am Infomobil über die Themen Flucht und Integration zu informieren.

Ebermannstadt: Schüler tun mit 5000 gesammelten Stiften Gutes

© Klausmann

Tonja Klausmann hat selbst ein Jahr in Jordanien gelebt und hat das Thema Flucht hautnah miterlebt, wie sie im Interview erzählt.

Frau Klausmann, das "Infomobil Roadshow Integration", was ist das eigentlich?

Das ist ein Angebot vom Kolping-Netzwerk für Geflüchtete, finanziert von der EU, mit dem wir durch Deutschland fahren, um möglichst viele verschiedene Menschen zu erreichen und mit ihnen über Fluchtursachen, Vorurteile und Integration zu sprechen.

In den Medien wird über diese Themen geredet. Warum braucht es dann noch dieses Angebot?

Mit Medien kann man nicht diskutieren, aber mit uns. Schülerinnen und Schüler können Fragen stellen, und wir können mit ihnen darüber sprechen und gemeinsam nach Antworten suchen. Wir arbeiten dabei mit Fakten, zum Beispiel Statistiken, berichten aber auch von Einzelschicksalen von Menschen, die nach Deutschland geflohen sind.

Wie haben Sie sich auf die Gespräche vorbereitet?

Wir haben im Vorfeld von Kolping Schulungen bekommen. Zuvor habe ich Politikwissenschaften studiert, manche Kolleginnen und Kollegen auch Pädagogik oder Sozialwissenschaften. Wir engagieren uns aber auch privat, also ehrenamtlich, auf verschiedene Art und Weise in der Flüchtlingsarbeit. Mir persönlich ist es wichtig für meine Überzeugungen und Werte einzutreten: für Toleranz, Vielfalt, Respekt und Offenheit.

Wie konkret leisten Sie Flüchtlingshilfe und was haben Sie dabei erlebt?

Ich habe 2015 ein Jahr in Jordanien gelebt, mich in einem Flüchtlingscamp für Opfer von Gewalt eingesetzt. Damals waren in diesem Lager ungefähr eine Million Geflüchtete untergebracht - unter sehr schlechten Bedingungen. Für mich war es schwer, mit dem Kontrast meines Lebens und dem der Geflüchteten umzugehen. Immer wenn ich abends aus dem Camp wieder in meine warme, sichere Wohnung mit ausreichend Lebensmitteln und fließendem Wasser zurück gekehrt bin, habe ich mir die Frage gestellt, warum mir diese Rechte und Privilegien gewährt werden, den Menschen im Flüchtlingscamp aber nicht.

Als ich dann nach Deutschland zurückkehrte, war die Debatte, die hier geführt wird, für mich wie ein Schock. Wir leben in Deutschland im Überfluss. In Jordanien ist das anders - die Wasserversorgung ist ein Beispiel dafür: Jordanien hat keinen eigenen Zugang zu Süßwasser. Sie bekommen ihr Wasser aus Israel, dies ist vertraglich geregelt. Jede Familie hat einen Wasserbehälter zur Verfügung, der immer mittwochs gefüllt wurde. Wenn er leer war, war er leer, auch wenn ich gerade Shampoo auf dem Kopf hatte.

Als die Portion Wasser aufgrund der vielen Geflüchteten für jede Familie verringert wurde, hat dort niemand protestiert. Es war für die Bevölkerung selbstverständlich, dass Wasser mit den Geflüchteten zu teilen. Ich kann mir kaum vorstellen, wie die Reaktion in Deutschland wäre, wenn etwas ähnliches geschehen würde.

Auch in meiner Heimat Berlin engagiere ich mich ehrenamtlich für Geflüchtete, übersetze für sie bei Behörden, zeige ihnen ihre Möglichkeiten zum Beispiel für Berufswege in Deutschland auf, helfe ihnen, sich in der Fremde, die für sie Deutschland ist, zu orientieren und unternehme manchmal Ausflüge oder ähnliches, um ein paar Stunden, in denen Sorgen und Ängste, um die Zukunft und zurückgebliebene Verwandte, zurück gelassen werden können.

Hatten Sie als junge Frau negative Erfahrungen in Jordanien gesammelt?

Ich hatte schon negative Erfahrungen. In Jordanien wurde ich mehrfach auf der Straße belästigt. Dadurch entstanden in mir Vorurteile gegenüber arabischen Männern, die ich in meinem Kopf immer wieder bekämpfe, denn natürlich sind nicht alle arabischen Männer frauenfeindlich. Die Geflüchteten, mit denen ich in Berlin zusammenarbeite, treffe ich zuerst immer im öffentlichen Raum und hatte noch nie Probleme.

Ich erfahre viel Dankbarkeit, gerade weil ich Arabisch spreche und ganz viele Geflüchtete lange nicht mehr die Möglichkeit hatten in einer ihnen vertrauten Sprache über ihre Erfahrungen zu berichten und gehört zu werden.

Sie kommen aus Berlin: Ist das im Vergleich zu Ebermannstadt ein Unterschied, wenn sie mit dem Infomobil an einer Schule halten?

Die Klassenzusammensetzung ist anders. In Großstädten ist der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund viel größer. Vorurteile gibt es aber überall, sowohl in der Großstadt als auch auf dem Land. In der Großstadt kommt meiner Erfahrung nach oft die Frage, wie man seine Freundinnen und Freunde vor Diskriminierung schützen kann. Diese Frage wird auf dem Land seltener gestellt.

Wird das Infomobil nur an Schulen eingesetzt?

Wir sind an Schulen in ganz Deutschland unterwegs, aber auch beispielsweise auf Stadtfesten, bei Vereinen und verschiedensten Veranstaltungen. Unser Besuch ist kostenlos und wird von der EU aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfond finanziert.

Welche Eindrücke nehmen Sie mit vom Gymnasium Fränkische Schweiz?

Viele interessante Diskussionen mit Schülerinnen und Schülern und zwischen ihnen. Am Anfang war in einigen Klassen eine gewisse Hemmschwelle, über diese Themen zu reden, schnell wurde aber offen gesprochen und die Schülerinnen und Schüler zeigten sich interessiert.

 

 

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