Forchheim: Heimspiel von Wander-Profi Christine Thürmer

10.6.2016, 08:59 Uhr
Forchheim: Heimspiel von Wander-Profi Christine Thürmer

© Foto: Beke Maisch

Es ist ganz klar ein Heimspiel, das Christine Thürmer in der Stadtbücherei hat. Und das nutzt die 48-Jährige auch, „endlich kann ich das Publikum mit einem Grüß Gott und mit dem fränkisch-rollenden R begrüßen“, sagt sie und hat sofort das meist weibliche Publikum auf ihrer Seite. Mit 100 Zuhörern ist die Lesung an diesem Abend komplett ausverkauft, Gäste die auf ein Ticket an der Abendkasse gehofft hatten, müssen wieder nach Hause gehen.

Viele Hände muss Thürmer an diesem Abend schütteln, von Freunden und Bekannten aus der Wallstraße, wo Thürmer ihre Kindheit verbracht hat, aus der Schulzeit an der Martinschule und am Herder-Gymnasium. Ehemalige Mitschüler und Lehrer sind gekommen, viele Wiederholungstäter sind dabei, die Thürmer bereits vor einigen Wochen bei einer Lesung in Höchstadt begleitet haben. Doch ist Thürmers Auftritt in Forchheim keine Autorenlesung, sie wird an diesem Abend keine einzige Zeile aus ihrem Buch vorlesen. Vielmehr erzählt die knapp 1,90 Meter große Frau knapp zwei Stunden lang mit allerbesten Entertainer-Qualitäten was frau dazu treibt, den gutbezahlten Manager-Job hinzuschmeißen, gewollt obdachlos und zur meistgewandertsten Frau der Welt zu werden.

Ein Rucksack, ein Zelt, Wanderstöcke und die richtige Ausrüstung, gerade mal 5,5 Kilogramm sind es, die Christine Thürmer zum Glück reichen. Dass sie durch das Wandern zum glücklichen Menschen geworden sei, betont sie mehrfach. Tütensuppen, Erdnussbutter, und Müsli sind die Garanten für Thürmers Glück. Und Schokolade. 180 Kilogramm hat sie davon verdrückt, auf ihrem 12 700 langen Weg zur „Triple Crown“.

Viel Zeit nimmt sich Thürmer für die anschließenden Fragen der Zuhörer: Nein, krank werde sie immer erst dann, wenn sie von ihren Touren wieder zurück in Deutschland sei, dann zwinge eine Bronchitis sie regelmäßig ins Bett und auch die Frage nach dem Risiko kann sie verneinen „es ist viel gefährlicher, auf deutschen Autobahnen zu fahren, als von Mexiko nach Kanada zu laufen“. 90 Prozent aller Gedanken so erzählt sie weiter, kreisen ausschließlich ums Essen, mit Hörbüchern, fünf bis sechs Stunden am Tag vertreibt sie sich die Gehzeit. Bücher, habe sie auch im Gepäck, denn schließlich könne man die auch zweitverwenden — als Klopapier.

Life is good

Und auch Thürmers persönliche Hassfrage, „Haben sie denn keine Angst so alleine, als Frau?“, lässt in der Stadtbücherei nicht lange auf sich warten: Natürlich hat Thürmer keine Angst, am liebsten verlässt sie sich ausschließlich auf sich selbst, „Wandern ist eine egoistische Angelegenheit“. Life is good, gibt sie den Zuhörern mit auf den Heimweg, die wichtigste Ressource sei die Lebenszeit, das Leben wie ein Hochglanzkatalog, aus dem jeder Mensch sich nach dem Durchblättern das Beste aussuchen könne. „Hemmschwellen, die existieren nur im Kopf.“

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