Nach der Wahl: Forchheims Stadtrat wird grüner

17.3.2020, 11:30 Uhr
Annette Prechtel bei der Stimmabgabe am Sonntag. Sie erreichte als OB-Kandidatin nicht die Stichwahl, holte aber von allen Kandidatinnen und Kandidaten parteiübergreifend die weitaus meisten Stimmen – und zog so die FGL in ungekannte Höhen.

© Ralf Rödel Annette Prechtel bei der Stimmabgabe am Sonntag. Sie erreichte als OB-Kandidatin nicht die Stichwahl, holte aber von allen Kandidatinnen und Kandidaten parteiübergreifend die weitaus meisten Stimmen – und zog so die FGL in ungekannte Höhen.

Eine weitere Überraschung: Die SPD (7 Sitze) konnte ihr Ergebnis von der Wahl 2014 halten, obwohl während der letzten Sitzungsperiode drei ihrer damals sieben Stadträte die Seiten gewechselt hatten.

AfD und Rep wiederholten ihr Ergebnis von 2014 mit je einem Sitz, die Freien Wähler verloren an Zuspruch (minus ein Mandat auf 3 Sitze), das Forchheimer Bürgerforum (FBF) halbierte sich auf einen Sitz, die CSU-Partnerliste Junge Bürger (JB) legte um einen auf vier Sitze zu, während die FDP sich bei zwei Mandaten halten konnte.

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Manfred Hümmer (FW) macht die starke Konzentration des Wahlkampfes auf die drei OB–Kandidaten, auch in medialer Hinsicht, mitverantwortlich für das schwächere Abschneiden seiner Fraktion. Zudem ist nach seinem Wegzug der Stadtteil Kersbach, einst FW-Hochburg, von der FGL erobert worden. Hümmer: „Wir haben in den letzten sechs Jahren die meisten Anträge gestellt, aber der Bürger hat es nicht so richtig wahrgenommen.“

FDP-Stadtrat Sebastian Körber ist wieder im Gremium vertreten, zusammen mit dem Neuling Tino Reichardt. Die FDP konnte ihre Mandate halten. Der zwischenzeitliche Zuwachs durch einen CSU-Überläufer wurde aber nicht bestätigt.

Udo Schönfelder, OB–Kandidat der CSU und Stimmenkönig seiner Partei, will ab sofort mit anderen Fraktionen „sachpolitisch sondieren“. Auch mit Annette Prechtel, die er noch in dieser Woche treffen will: „Die FGL hat kräftig zugelegt, das finde ich gut, ich gratuliere ausdrücklich.“ Schönfelder sieht im Stadtrat trotz Verlusten bei FW und FBF die traditionelle Mehrheit am Werk: „Rot-Grün hat keine Mehrheit, das ist wichtig.“

Die SPD, sagte Schönfelder, könne sich über das Ergebnis eigentlich nicht freuen: „Sie hatten sieben Mandate und sind bei sieben geblieben.“ Trotz der Zugpferde mit dem OB und dem Landratskandidaten. Die CSU habe zwar zwei Sitze verloren, „das ist nicht schön“, so Schönfelder, „aber dafür haben wir jetzt vier Junge Bürger“. Die zählt er zu den „strategischen Partnern“ der CSU, ebenso das FBF.

JB-Stadtrat Philipp Blümlein strahlt über beide Ohren aufgrund des Stimmen- und Mandatszuwachses bei den Jungen Bürgern: „Das ist doch eine super Veranstaltung, wenn mehr junge Leute in den Stadtrat kommen.“ Die JB stünden „für alles, was sinnvoll ist, für alles, was die Wirtschaft nicht blockiert“.

OB Uwe Kirschstein freut sich ebenfalls darüber, dass die SPD ihr Ergebnis halten konnte: „Gut 18 Prozent sind ein Erfolg, auch wenn ich mir eine zwei vor dem Komma gewünscht hätte.“ Die SPD könne jedenfalls „erhobenen Hauptes“ aus der Wahl gehen.

Zum Wahlgewinner FGL sagte Kirschstein, dass die Grünen einerseits den Trend auf ihrer Seite hätten, andererseits habe Annette Prechtel mit über 10.000 Stimmen weit über das Niveau ihrer Mitstreiter hinaus Stimmen eingesammelt. Diesen Nimbus nimmt Kirschstein auch für sich in Anspruch und weist darauf hin, dass der CSU-Kandidat für das Amt des OB, Udo Schönfelder, für sich nicht behaupten könne, über die Partei hinaus gewirkt zu haben. Denn die CSU hat über sechs Prozentpunkte und zwei Mandate verloren gegenüber 2014. Kirschstein: „Er hat sein eigenes Klientel nicht erreicht.“

Immerhin erreichte die CSU in den meisten Stimmbezirken die meisten Stimmen. Die SPD konnte nur den Wahlbezirk Verklärung Christi für sich entscheiden. Die FGL dagegen erreichte in zehn von 25 Stimmbezirken die Mehrheit, allerdings in keinem der 20 Briefwahlbezirke. Grüne Hochburgen sind Don Bosco, die Innenstadt, Kersbach, das Berggebiet und Teile Buckenhofens. Bei FGL-Spitzenkandidatin Annette Prechtel überwiegt die Freude den Schmerz über das Nichterreichen der OB-Stichwahl. Die Grüne Liste bringt auch etliche neue Gesichter in den Stadtrat: „Dafür sind wir letztendlich ja auch angetreten“, so Prechtel, „den Stadtrat zu erneuern“.

An der FGL, meint sie, „führt kein Weg mehr vorbei“. Wie groß die Gestaltungsmöglichkeiten sein werden, „hängt jetzt von der Stichwahl ab“. Momentan, und vielleicht auch in den nächsten zwei Wochen, will sie dafür keine Wahlempfehlung abgeben. Zumal sie weiß, dass die CSU mit ihren bisherigen Partnern „eine hauchdünne konservative Mehrheit“ hat. Vom Ausgang der Stichwahl hängt aus ihrer Sicht jedenfalls ab, „ob es wie in den letzten vier Jahren wieder eine Blockade gibt“.

Aufgrund von Computerproblemen zog sich die Auszählung der Stimmen am Montag noch in die Länge. Zuletzt hing das Endergebnis noch an einem Briefwahlbezirk.

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