Nach gefährlichem Vorfall: Darum finden Drückjagden statt

24.11.2019, 06:00 Uhr
Nach gefährlichem Vorfall: Darum finden Drückjagden statt

© Lino Mirgeler/dpa

Der Vorfall sorgte für ein großes regionales Echo - auch angesichts der immer wieder kontrovers diskutierten Drückjagden selbst.

Aber was ist das überhaupt und weshalb gibt es diese Form der Jagd? Das erklärt Stephan Keilholz. Er ist Jagdleiter im Forstbetrieb Forchheim. Der Forstbetrieb gliedert sich in zehn Reviere auf und gehört zu den bayerischen Staatsforsten.

Bei einer Drückjagd wird Reh- und Schwarzwild (Wildschweine) gejagt. Das findet auf einer großen Fläche im Wald statt, auf der sich die Schützen verteilen. Maximal vier „Treiber“ sind mit Hunden im Wald unterwegs und scheuchen das Wild, unter anderem mit dem Bellen der Hunde, aus ihren Verstecken. Im Anschluss laufen die Tiere an den Schützen vorbei. Die Drückjagden werden durchgeführt, um die Reh- und Wildschweinpopulation unter Kontrolle zu halten und, um zu verhindern, dass ein zu hoher Verbiss die Naturverjüngung des Waldes gefährdet oder vernichtet. Diese – beispielsweise mit der Eiche – ist im Zuge des Klimawandels wichtig.

„Wenn Wald und Wild in einem ausgewogenen Verhältnis sind, kann sich der Wald natürlich verjüngen“, sagt Keilholz. Wenn der Rehwildbestand nicht zu hoch sei, könne der Baumbestand nachwachsen. Die Balance müsse gehalten werden, damit das Reh seinen eigenen Lebensraum nicht zerstört, so Keilholz. Zudem sei in diesem Jahr viel Schädlingsbefall dazugekommen. Da Rehwild keinen natürlichen Feind hat, müsse der Jäger für Ausgleich schaffen.

Dieser Ausgleich geschieht nicht willkürlich: Keilholz erläutert, dass jeder Forstbetrieb ein eigenes Jagdkonzept hat. Es basiert auf gesetzlichen Grundlagen, genauer auf dem bayerischen Waldgesetz und dem bayerischen Jagdgesetz. Die Drückjagd ist dabei eine der Methoden, um die dreijährigen Abschusspläne für Rehwild zu erfüllen.

Warum sind Drückjagden im Winter?

Der Zeitraum der Jagd ist bewusst gewählt und basiert auf zwei Gründen. „Es ist wichtig, dass man das Wild sehen kann“, sagt Keilholz und schließt an „Jetzt fallen die Blätter herunter“. Ideal sei die Zeitraum zwischen Mitte November bis Mitte Januar. Der zweiter Grund: Ab Mitte November sind Rehkitze bereits so selbstständig, dass sie auch alleine den Winter überstehen können. Zwar wird bei der Drückjagd versucht, zuerst das Kitz und dann erst das Muttertier zu schießen. Es kann jedoch passieren, dass sich Kitz und die Geiß voneinander trennen und in Folge unbeabsichtigt nur das ausgewachsene Tier erlegt wird.

Doch nicht nur Rehwild wird bei Drückjagden bejagt, auch Wildschweine stehen auf der Abschussliste. Grund hierfür ist einerseits die rasche Vermehrung der Tiere, die bei einem Wurf bis zu sieben Frischlinge bekommen (Im Vergleich: Rehe bekommen in der Regel nur zwei Kitze). Das Schwarzwild hat, wie Rehe, keine natürlichen Feinde. Zum anderen können die Tiere Krankheiten übertragen. Zwar „weniger auf den Menschen, aber auf Hausschweine“, wie Keilholz erklärt.


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Minimiert soll vor allem die Gefahr der afrikanischen Schweinepest (ASP) werden. Aktuell berichteten Medien über einen zweiten Fall der ASP in Polen, nur 80 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Keilholz sagt, dass im Fall eines Vorkommens der Krankheit in Deutschland, keine Schweine mehr aus dem Bereich heraus und auch nicht verkauft werden dürften.

Durch Drückjagden kann die Population von den meist nachtaktiven Wildschweinen „halbwegs im Griff gehalten werden“, so Keilholz. Wenn an diesen Jagden Jäger aus benachbarten Gebieten teilnehmen, wird es revierübergreifende Drückjagd genannt.

Sperren werden angekündigt

Die Sicherheit steht auch für den Jagdleiter der Forchheimer Forstbetriebe im Vordergrund: „Wir sperren unseren Bereich ab und bitten dringend, diese Sperren zu beachten.“ Die Sperrungen werden im Vorfeld einer Drückjagd bekannt gegeben. Keilholz: „Wir wissen, wo sich die Jäger im Wald befinden. Sie sind immer Angehalten, dass keine Personen gefährdet werden.“

In der Regel dauern die Drückjagden zwischen einem Vormittag und einem ganzen Tag, je nach Größe des Jagdgebiets. „Wenn die Sicherheit nicht gewährleistet ist, muss die Jagd abgebrochen werden“, sagt Keilholz. Der Jagdleiter berichtet, dass ähnliche Probleme wie in Niedermirsberg auch bei Holzfällarbeiten vorkommen. Im Forstbetrieb steht Anfang Dezember die alljährliche Nikolausjagd im Revier Oesdorf bevor.

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