OB-Wahl in Forchheim: NN haben Kandidaten der SPD begleitet

6.2.2016, 12:54 Uhr
OB-Wahl in Forchheim: NN haben Kandidaten der SPD begleitet

© Foto: UIrich Graser

Um Wahlen zu gewinnen, sagt Andreas Schwarz aus Strullendorf, muss ein Kandidat "authentisch sein, offen und klug - und das ist er, der Uwe". Schwarz muss es wissen. Er holte sich als Roter dreimal hintereinander das Amt des Bürgermeisters im schwarzen Strullendorf, ehe es ihn in den Berliner Bundestag zog.

Nun sitzt er im Feinkostgeschäft Karnbaum, um den Kandidaten Kirschstein zu unterstützen. Schwarz, der Profi, formuliert druckreif: "Es ist doch nicht schlecht, wenn Leute ins Rathaus kommen, die aus der freien Wirtschaft stammen und die anders denken."

Auf Uwe Kirschsteins anderer Seite sitzt mit Anette Kramme eine echte Staatssekretärin der SPD aus dem Bundesarbeitsministerium. Gerade kommen die beiden von einer Führung durch Kirschsteins früheren Arbeitsplatz bei Siemens im Süden Forchheims. Sie sind ganz bei sich, bei "Arbeit vier-punkt-null", bei europäischen Normen, bei amerikanischen Zulassungsbehörden.

Auf die entsprechende Frage sagt Kramme dann, dass sie selbstverständlich den Kandidaten Kirschstein unterstütze: "Er ist jemand, der überlegt handelt." Politik brauche auch Quereinsteiger", nicht nur "den klassischen Juristen", wie sie selbst. Da nickt der Uwe (Genossen duzen sich grundsätzlich).

"#RoadToRathaus-Kneipentour"

Einige Tage zuvor: Kirschstein steht abends im Restaurant Enno am Tisch und ist bereit für Gespräche. Auf dem grauen Kapuzenpulli steht in Rot: "Kirschstein will, mit Ausrufezeichen und Hashtag. Das erste soll die Entschlossenheit des Kandidaten betonen, der Hashtag signalisiert seine Modernität und die des "viralen" Wahlkampfes.

Dass der Kandidat bereit steht, wurde über Facebook bekannt gegeben, also "viral". Die Partei nennt das: "#RoadToRathaus-Kneipentour". Während der zwei Stunden am Stehtisch bleibt das Helfergrüppchen weitestgehend unter sich: "Das ist keine klassische Wahlveranstaltung", sagt Kirschstein dazu.

Über den "viralen" Wahlkampf hofft er, "Leute zu erreichen, die ich sonst nicht erreiche". Und wenn keiner kommt? Auch gut: "Überall herumgehen und mich anbiedern - das ist nicht mein Ding." Infostände in der Fußgängerzone und in den Stadtteilen? Ja, schon auch. Aber erst nach Fasching.

Wenn man ihn fragt, hat der 39-Jährige durchaus etwas zu sagen. Zum Beispiel will er als OB Wirtschaftsförderung und Citymanagement voneinander trennen. Das seien verschiedene Aufgabenfelder, sagt er.

Kirschstein will das Baulandmodell reformieren: "Wenn es ein Baurecht gibt, muss damit auch eine Bauverpflichtung verbunden sein." Was nützten ausgewiesene Bauflächen, wenn kein Haus gebaut werde? Als Bauherren habe er dabei "nicht nur den typischen Siemensianer" im Blick. Forchheim solle sich auch wieder dem sozialen Wohnungsbau widmen: "Das sollten wir nicht allein den Wohnungsbaugenossenschaften überlassen."

Der Siemensianer

Im "Wettbewerb der Regionen um Arbeitskräfte", den die Staatssekretärin Kramme sieht, baut Kirschstein auf zwei Säulen: Firmen müssen einerseits selbst ihre Leute qualifizieren. Auf der anderen Seite soll im Zuge des Medical Valley Centers für Medizintechnik nach Möglichkeit ein Uni-Institut für Ingenieurwissenschaften nach Forchheim geholt werden. Das ist typisch für den Siemensianer Kirschstein: Sein Arbeitgeber spielt in nahezu jedem Gedankenspiel um Forchheims Zukunft eine mehr oder weniger große Rolle.

Für ihn selbst natürlich auch. Er verrät: Sollte er zum Oberbürgermeister gewählt werden, werde er zum 1. April dafür frei sein. Das sei mit Siemens geklärt. Dass er vor zwei Jahren in die Stichwahl kam, "überraschte mich selbst am meisten", gibt er zu (Andreas Schwarz sagt: "Das schlug ein bis nach Berlin".)

Damals bereitete er sich monatelang vor, häufte Überstunden, verzichtete auf Urlaub, um in der heißen Phase des Wahlkampfs frei zu haben. Das ist diesmal anders. Unter der Woche wird gearbeitet, eine Freistellung gibt es nicht. Der Wahlkampf kam bekanntlich überraschend über die Kandidaten.

Kirschstein wohnt - ledig, nicht liiert - in Buckenhofen. Er schießt bei der Hauptschützengesellschaft mit dem Bogen in der Bezirksliga. Ein Sport, der äußerste Anspannung und Konzentration verlangt. Bevor der Pfeil die Sehne verlässt, durchläuft der Schütze ein Programm aus rund 50 einzelnen, kleinen Schritten: "Das hilft mir, herunterzufahren und bei mir selbst zu sein." Vielleicht täuscht ja der Eindruck hanseatischer Kühle. Vielleicht ist Schütze Kirschstein doch ein Politiker, der zuerst überlegt, ehe er den Mund aufmacht?

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