Poetry Slam in Forchheim: Sieben Minuten für den perfekten Auftritt

24.2.2017, 17:00 Uhr
Poetry Slam in Forchheim: Sieben Minuten für den perfekten Auftritt

© F.: Udo Güldner

Wie "a Stückl Holz" hatte es LD Smash die Donau entlang von Linz nach Wien getrieben. Der Singer-Songwriter, der nur unter Pseudonym auftritt, schwamm in seinen Strophen dennoch gegen den Strom. Wie das Kunststudenten eben so machen, die den Hörsaal mit dem Heurigen vertauschen und dabei die Welt retten wollen.

Dass sich LD Smash in Ottakring, dem Berlin-Kreuzberg an der Donau, niedergelassen hat, einer "wilden Gegend voller Gangs", war in seiner Hommage an den "Keta-Geri" zu hören. Einem zwanzigjährigen Freund, der an seiner Drogensucht zugrunde gegangen war. Die melancholische Melange und die aufreizende Lässigkeit, mit der LD Smash dessen Ende besang, wurde nur noch von seiner Ode an ein Dorfdisco-Flittchen übertroffen. Im Wienerischen klangen die Gehässigkeiten und Obszönitäten einfach nur lässig.

Sichtlich nervös wirkte Seher Özdemir aus Nürnberg, obwohl gar keine Tauben im Kulturkeller herum flatterten. Denn die junge Autorin schilderte in stockenden Sätzen, die entweder echt oder doch sehr gut einstudiert waren, ihre geradezu panische Angst vor den "gefiederten Ratten". Von 1395 Tauben umzingelt, ihren gierigen Augen ausgeliefert, hatte sie die Furcht, sich in Brot zu verwandeln.

Um jeden Verdacht des Schwulseins zu entkräften, sprach Jakob Trescher aus Weißenburg seine fiktive Verteidigungsrede mit extra tiefer Stimme. Mit gewisser Penetranz betonte er seine Männlichkeit zwischen Blümchenmustern, Sockensucht und Maracuja-Schorle, bis auch dem Letzten klar wurde, dass er vielleicht doch…

Zwischen all den Albernheiten steckten tiefe Wahrheiten. Den Zuhörern nicht ganz unbekannt war Stella Reiss aus Erlangen, die ihren Depressionen mit Sarkasmus und schwarzem Humor die Stirn bot. Im Gegenzug hatte sie für Penisbilder, die sie über das Smartphone bekam, nicht das richtige Händchen. Das kommt davon, wenn man "unpersönliche Bums-Apps" benutzt und "Freundschaft Plus" als neues Beziehungsmodell feiert: Sex ja, aber ohne Übernachtung.

Tragischer Kontrapunkt

Einen traurigen Text hatte Jens Hoffmann aus Weißenburg ausgesucht. In ihm erzählte er eine Vater-Sohn-Geschichte, die nichts von der Heiterkeit der Bilder E.O. Plauens hatte. Vielmehr steuerte die unbeschwerte Kindheit im Nimmerland auf den Moment des Abschieds zu, als der Vater einem Geisterfahrer begegnete. Im Finale geriet er beim Krebstod seiner Frau neuerlich in literarischen Treibsand, der einen tragischen Kontrapunkt zu den anderen Poetry Slammern setzte.

Sieger der Slam-Schlacht wurde nach knapp drei Stunden Jonathan Löffelbein aus Tübingen. Er hatte von seiner Eineinhalb-Mann-Band mit einem sympathisch-nervigen Brustbeutel-Versager erzählt, der "Augenringe bis zum Hoden" hatte. Das Herz des Publikums hatten jedoch seine Wortspiele erweicht, in denen Gras-Schlüpfer herumsprangen, Kafka sein Fitness-Programm in der Straff-Kolonie absolvierte und eine leprakranke Stripperin abnippelte.

Der nächste Poetry Slam im Jungen Theater Forchheim findet am Mittwoch, 29. März, ab 20 Uhr statt.

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