Wo ist die Neugier geblieben?

2.11.2013, 11:00 Uhr
Wo ist die Neugier geblieben?

© Kufo

„Nach zehn Jahren musste endlich mal etwas passieren“, sagt Annette Wigger. Musste, nicht müsste. Passieren musste der neue Auftritt des Kulturforums mit handlicheren, deutlich wertigeren Programmheften im Zwei-Monats-Turnus; in jedem Heft dominiert jetzt eine andere Leitfarbe, nach dem roten Saisonstart ist gerade Blau angesagt. Man muss auffallen, mehr denn je. Außerdem ist endlich die inhaltliche Trennung aufgehoben zwischen dem Spielbetrieb des Hauses an der Maxbrücke und jenen Programmbeiträgen, die der Stammgast namens Stadttheater liefert. Das Publikum unterscheidet eh nicht zwischen „wir“ und „denen“, sondern nur zwischen „gut“ und „kannst daheim bleiben“. Ergo bekommt der Programmheftleser nun das komplette Kufo-Sortiment unfallfrei chronologisch dargeboten.

Passt damit alles? Mitnichten. Als „Achterbahnfahrt“ bezeichnet die in Ehren ergraute Wigger rückblickend jene zehn Jahre, seit denen der rundum sanierte Schlachthof als „Kulturforum“ im Zeichen des stilisierten Stierkopfes auf Sendung ist. „Und zurzeit geht es nicht gerade aufwärts. Wir hängen in der Luft.“ Warum? „Weil es keine gute Zeit ist für Kultur. Für Eventkultur ja, aber nicht für Kultur.“ Da müsste mal was passieren.

Das sitzt, dürfte aber in den Festreden höherer Rathaustiere im Januar etwas, wenn nicht sogar ganz anders klingen. Das zehnjährige Bestehen des Hauses mit Großer Halle, Kleinem Saal und Restauration wird in einem 14-Tage-Jubelzeitfenster Anfang 2014 zelebriert, man ahnt, was die Redner sagen werden. Tolles Haus, Kultur wichtig, weiter so. Ein „Weiter so“ ist Wigger („Ich bin Kulturpädagogin, nicht Eventmanagerin“) zufolge jedoch schwieriger denn je.

Magere Ausstattung

Was die Betreiber von Tafelhalle, Kulturfabrik und E-Werk spüren, spürt auch das Fürther Kulturamt, das das Kufo mit Mini-Personalaufwand unter seinen Fittichen hat: Die Neugier des Publikums auf Ungewohntes hält sich in Grenzen. Zweitens: Die Lage fürs Kulturmachen ist, so Wigger, „budgettechnisch nicht leichter geworden“. Die finanzielle Jahres-Ausstattung liegt nicht mal im mittleren fünfstelligen Bereich. Eine Notwendigkeit, sagt das Rathaus. Ein schlechter Scherz, sagt das Kufo.

Folge: Alle Open-Air-Geschichten sind weggefallen, Freie-Eintritt-Geschichten sowieso. Die Anzahl der Veranstaltungen ist 13/14 deutlich heruntergefahren auf etwa 90 Abende. den Juli bestreitet allein der Theater Jugend Club des Stadttheaters. Das Salsa-Camp-Wochenende: längst ein Fall von gestern. Fremdveranstalter, sofern sie keine Erotik-Messen auf die Beine stellen, dürfen nun öfter ans Kufo-Türchen klopfen. Eigenproduktionen fallen bescheidener aus, so etwa die Kindertheater-Premiere an diesem Sonntag um 15 Uhr (8,50/6 Euro). „Komm, wir finden einen Schatz“, erzählt, gespielt und gesungen von Meike Hess und Rebecca Kirchmann, entstand nach dem Janosch-Klassiker und braucht nicht 20 Leute wie der Flop „Fürther Freiheit Fünf“ vom Vorjahr, sondern zwei. Die Kufo-Eintrittspreise indessen sind stabil geblieben.

Was ebenfalls bleibt, ist die Fokussierung aufs erfolgreiche Kerngeschäft. Das Internationale Klezmer Festival — das 14. läuft vom 7. bis 16. März — ist eine ebenso sichere Bank wie die Dullnraamer-Sidzung und die stets flott ausverkaufte „Passagen“Crossover-Konzertreihe von BR, Kufo und Stadttheater. Hier startet der in dieser Saison vierteilige Spaß am 15. November mit dem Projekt „If Grief Could Wait“ der norwegischen Jazz- und Popsängerin Susanna Wallumrød und der Schweizer Barockharfenistin Giovanna Pessi (20 Uhr, 24/20 Euro).

Stichwort Klezmer-Festival: Um in der Masse der Veranstaltungen aufzufallen, hat sich, so will man im Kulturamt herausgefunden haben, die kompakte Präsentationsform bewährt. „Festivals befeuern die Neugier“, meint Wigger. So wird es vom 22. bis 25. November die (nach 2009 und 2011) dritte Duettbiennale geben, eine deutschlandweit einzigartige Plattform für den Pas de deux im zeitgenössischen Tanz. Hier kommt am dritten und vierten Tag (24. November, 15 Uhr/25. November, 9 Uhr) sogar das ganz junge Publikum ab vier Jahren auf seine Tanzkosten, wenn Mirjam Henß und Birgit Kaiser „Kekse Krümel und 3 Nasen“ servieren.

Auch sonst hat das Kufo ein Herz für hoffnungsvollen Nachwuchs — gleich an diesem Samstag etwa, da stehen ausnahmslos taufrische Fürther auf der Bühne. Unter dem Titel „Das Brett“ gehen ab 20.30 Uhr die Rock’n’Roller von Deine Mutter, die Literaten der „Schaffenskrise“ (alias Immanuel Reinschlüssel und Robert Segel) sowie das Schauspiel-Duo Tim & Boris auf die Bretter des Kleinen Saals (13/6,50 Euro). „Keine gute Zeit für Kultur“, sagt die Programmchefin. Abwarten.

Der Kartenvorverkauf läuft, unter anderem beim FN-Ticket-Point (Rudolf-Breitscheid-Straße 19, Tel. 7798728)

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