Besuchsverbote wegen Corona: Ausnahmen für Pfarrer

20.4.2020, 06:00 Uhr
Besuchsverbote wegen Corona: Ausnahmen für Pfarrer

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Nach Rücksprache mit dem bayerischen Ministerium für Gesundheit und Pflege kam aus Ansbach grünes Licht. Seelsorgerliche Tätigkeiten seien vom Besuchsverbot ausgenommen, hieß es.

Das Ordnungsamt hat die Aufsicht über elf Alten- und Pflegeheime in der Stadt. Mit seiner Mail hatte Tölk auf eine Anregung von Pfarrer Udo Götz reagiert. Der Notfallseelsorgebeauftragte im evangelischen Dekanat Fürth sagt, manche Angehörige seien in Sorge um Heimbewohner, sie wüssten mitunter nicht einmal, ob ihre Liebsten mit dem Coronavirus infiziert sind oder nicht. Sie könnten zwar anrufen, doch weil das Personal in vielen Heimen am Limit arbeitet, sei für Telefongespräche oft nicht viel Zeit. "Ich denke, alle tun ihr Bestes, aber wir brauchen menschlichen Kontakt." Seelsorger könnten in der schwierigen Lage Brücken bauen.

Auch Pfarrer Rudolf Koch sieht das so. Der Referent für Altersfragen im evangelischen Dekanat hatte gehofft, "dass da was in Bewegung kommt und wir nicht nur in der Todesnot Zugang zu den Menschen bekommen".

Bei Open-Air-Gottesdiensten im Stiftungsaltenheim (Hardhöhe) und Bayernstift (Südstadt) sowie bei Anrufen, die jetzt Geburtstagsbesuche ersetzen müssen, habe er "eine Sehnsucht nach Gesellschaft und Begegnung" gespürt – auch außerhalb der sozialen Betreuung, die die Heime noch reduziert anbieten. An fehlender Schutzausrüstung, sagt Udo Götz, scheitere der seelische Beistand vorerst nicht. Die Notfallseelsorge habe einen kleinen Vorrat.

Fürths evangelischer Dekan Jörg Sichelstiel zeigt Verständnis für die Akteure in den Pflegeheimen, die unter großem Druck arbeiten. Doch auch wenn Angehörige und Geistliche in Kliniken wie auch in Altenheimen bisher schon und auch künftig ein Recht auf Sterbebegleitung haben: Er sorgt sich doch um das Seelenheil mancher Sterbenden und ihrer Familien.

Keine Aussprache mehr möglich

Der Grund: Nach seiner Kenntnis soll es wegen strikter coronabedingter Besuchsverbote vorgekommen sein, dass sich inzwischen Verstorbene nicht mehr mit Menschen aussprechen konnten, die ihnen nahestanden. Auch der allgemeine Mangel an Schutzausrüstung könne hier zum Problem werden, mahnt Sichelstiel. Denn ohne sie verbiete sich ja ein letztes Gespräch. "Dabei ist es furchtbar, wenn Menschen mit dem Gefühl zurückbleiben, meine Mutter ist gestorben, und ich war nicht da."

Als Geschäftsführer des Awo-Kreisverbands Neustadt/Aisch-Bad Windsheim ist Robert Schneider für das Langenzenner Seniorenheim zuständig, das mit 14 Todesfällen nach Infektionen mit dem Coronavirus besonders stark von der Pandemie betroffen ist. Angehörigen werde der Zutritt nicht verwehrt, versichert er, wenn Bewohner im Sterben liegen. Auch Schutzkleidung sei verfügbar.

"Die Bewohner brauchen Sozialkontakte"

Dass ein Mensch seinen letzten Atemzug ohne die Familie macht, wolle niemand, betont Schneider, doch könne das vorkommen – auch unabhängig von der Corona-Krise. Akute Personalausfälle, von 80 Leuten standen in der Langenzenner Einrichtung zeitweise nur 21 zur Verfügung, kämen erschwerend hinzu. Und als in dem Haus die Zahl der Infektionen explodierte, habe man tatsächlich "erst einmal dichtgemacht, da gingʼs ums nackte Überleben".

Prinzipiell aber gilt, so Schneider: "Die Bewohner brauchen Sozialkontakte." Die Klarstellung bezüglich der seelsorgerlichen Besuche dürfte nun viele Beteiligte erleichtern. Das Ordnungsamt gab die frohe Botschaft umgehend an die elf Fürther Alten- und Pflegeheime weiter.

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