Ein Geschichtsexkurs für die Geschmacksnerven

14.8.2009, 00:00 Uhr
Ein Geschichtsexkurs für die Geschmacksnerven

© Rempe

Wer immer sich einst diese Namen ausgedacht hat, er hatte Sinn für Humor. Im sandsteinummauerten Burggarten steht jetzt die Weiße Mohrenhirse in trauter Nachbarschaft zum Grünen Pferdezahnmais. Und die Böhmische Nacktgerste schämt sich nicht vor dem Avena nuda, dem Nackthafer.

Viel wichtiger ist allerdings, dass es sich hier um beinahe vergessene Nutzpflanzen handelt, die anschaulich die Entwicklung unseres Brots durch die Zeit verdeutlichen. Schon Ende des 12. Jahrhunderts verdrängten die knusprigen Laibe die bis dato übliche Grütze und Getreidebreie. Bis zur riesigen Brotvielfalt unserer Tage war es allerdings noch ein langer Weg.

Die Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung präsentiert in den Schaubeeten in der Vorburg auch Nutzpflanzen wie Amaranth und Quinoa, so genanntes «Pseudogetreide», das schon den Maya und Azteken mundete. «Mit den über 30 historischen Getreidearten haben wir für die Besucher eine grüne Schatzkammer zum Entdecken und Staunen gepflanzt», sagt Gartenreferent Jost Albert von der Bayerischen Schlösserverwaltung in München. Denn die Pflanzen dürfen mit allen Sinnen erkundet werden. Schnuppern und Erkunden ist ausdrücklich erlaubt.

Albert entwickelte das Konzept für die Neubepflanzung der Parzellen mit dem Agrartechniker Friedrich Knoll, der sich mit einem Kollegen um die gesamten Außenanlagen der Cadolzburg kümmert. «Im Burggarten kann man jetzt sehr gut auch die Entwicklungsstadien der einzelnen Pflanzen miterleben», macht Knoll klar.

Das Gartenareal, das an die Pferdeschwemme grenzt, diente zur Blütezeit der Anlage wahrscheinlich als Lustgarten. Die Idee, an dieser Stelle alte Getreidearten zu präsentieren, nimmt Bezug auf den großen Zehntspeicher, genannt «Getreidekasten», der einst ebenfalls in der Vorburg stand. 1864 wurde der größte Teil dieses Fachwerkbaus abgerissen, neuerdings lässt sich sein Standort anhand des mit großen Steinquadern ausgelegt Grundrisses gegenüber vom Burggarten erkennen.

Dass man in vergangenen Zeiten auch großen Wert auf den guten Geschmack legte, demonstriert nun zudem ein Beet mit Gewürzpflanzen: Schon im fernen Mittelalter dienten Nigella sativa, Schwarzkümmel oder Pimpinella anisum, Anis, der Verfeinerung des Brots. Obendrein sorgten etwa Koriander, Fenchel oder Sesam dafür, dass es nicht nur mundete, sondern den Genießern die Leckereien auch prima bekamen. Auf zwei großen Informationstafeln finden Besucher im Burggarten neben einem Übersichtplan über die bebauten Parzellen auch viele Informationen.

Wer Lust bekommen hat, das Mehl aus den gezeigten Getreide- und Gewürzpflanzen selbst einmal in der Küche auszuprobieren, für den gibt es Rezepte, die kostenlos mitgenommen werden können und verraten, wie zum Beispiel Polenta aus Maisgrieß oder Buchweizenwaffeln gemacht werden. Wohl bekomm’s.

Die Schaubeete im Burggarten in der Vorburg der Cadolzburg sind täglich von 8 bis 16 Uhr geöffnet.