Eine Kirche für die Zukunft

Fürths Dekan leistet sich ein Update für die St.-Otto-Kirche in Cadolzburg

19.5.2021, 11:00 Uhr
Fürths Dekan leistet sich ein Update für die St.-Otto-Kirche in Cadolzburg

© Hans-Joachim Winckler

Wegen der Bodenplatten hat Pfarrer André Hermany herumgefragt, keiner wollte sie haben. Jetzt kommen sie auf den Bauschutt. Nach einer Untersuchung des alten Fußbodenaufbaus weiß Fürths katholischer Dekan auch, dass der nicht schadstoffbelastet ist.

So ganz selbstverständlich ist das nicht. Der Grundstein der katholischen Kirche von Cadolzburg wurde 1956 gelegt, im Geburtsjahr von Hermany. Nur ein gutes Jahr später fand die Kirchenweihe statt. Gebaut wurde mit dem, was man hatte. Qualität und Unbedenklichkeit der Baustoffe waren Klassifikationen, die sich damals keiner leisten konnte.

"Wenn Sanierung, dann gleich richtig"

Verständlich, dass das Gotteshaus nun in die Jahre gekommen ist. Zuerst muckte die Elektrik, die Fenster waren, so Hermany, "dünn wie Papier", energetisch also ein Desaster. Bereits vor drei Monaten wurden sie ausgewechselt. "Und wenn wir schon was machen", befand der Hausher, "dann machen wir es richtig." Noch bestand nämlich die Chance, beim erzbischöflichen Bauamt die Kostenübernahme von bis zu 65 Prozent herauszuschlagen.

Auf knapp 850.000 Euro werden sich die Rechnungen belaufen. "Mit der Summe kommen wir gut klar", so Hermany. Die 300.000 Euro Eigenanteil brachte der Verkauf eines Anwesens in Seukendorf, das die Gemeinde vor längerem vererbt bekommen hatte. Am 1. November ist die Einweihung geplant, bis dahin feiert die Gemeinde ihre Gottesdienste in der evangelischen Markgrafenkirche.

Platz für neue Formen der Begegnung

"Es richtig anpacken": Das hieß für Hermany, einen zeitgemäßen, modernen Kirchenraum zu schaffen. Der soll Platz bieten für neue Formen der Begegnung, "bei denen dann auch nicht immer ich vorne stehen muss". Nicht groß und wuchtig, sondern eher schlicht und meditativ denkt sich Hermany die Kirche der Zukunft: "Es geht darum, die Atmosphäre in der Kirche neu zu erfinden."

Mit der Pandemie erlebt er einen radikalen Umbruch, wie er sagt. Er will das als Zäsur nutzen, um Neues zu entwickeln. Wenn zuvor an zwei Wochenend-Gottesdiensten bis zu 300 Zuhörer seinen Predigten lauschten, sind es jetzt nur noch 30 bis 40. Familien und Kinder seien komplett weggebrochen. "Wir werden viel Energie und Ideen-Reichtum entwickeln müssen, um die Menschen wieder in die Kirche zu bringen."

Es gehe in St. Otto keinesfalls darum, den Immobilienbestand der Kirchengemeinde mangels Kirchensteuereinnahmen oder abwandernder Mitglieder "gesundzuschrumpfen" wie das etwa in der Heilig-Geist-Kirche Veitsbronn, deren Umgestaltung kurz vor dem Abschluss steht, der Fall war, betont Hermany. Die Mitgliederzahl der Cadolzburger Gemeinde liege allen Missbrauchsskandalen zum Trotz seit Jahren stabil bei knapp 3000.

Doch Hermany will sein "Haus in Ordnung halten und zukunftsfähig machen". St. Otto habe sich neuen Ideen gegenüber stets aufgeschlossen gezeigt, sei also bestens für Neuerungen geeignet. Hermany weiß um das Problem, "wie schwerfällig wir sind, wenn es darum geht, Veränderungen anzupacken".

Das Update des Gotteshauses beginnt noch vor der Kirchenpforte: Statt der gedrungenen Treppenanlage wird ein geräumiger, abgestufter Eingangsbereich entstehen, der einlädt zu verweilen. Hinter der Kirchentür erwartet die Besucher künftig ein lichter, offener Raum. Die Mauern, die einen dunklen Vorraum abgrenzten, werden abgerissen. Auf der Höhe des Eingangsbereichs sind beiderseits Öffnungen für bodentiefe Fenster – groß wie Scheunentore – herausgebrochen. Auch dunkle Farben, etwa auf dem Holzgitter in den Dachschränken, werden aufgehellt.


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Im Kirchenraum fällt die Frontalstellung von Altarraum und Kirchengemeinde weg. Wo bisher 240 Menschen Sitzplätze fanden, werden sich künftig nur noch 170 Personen niederlassen können. Acht von 28 Kirchenbänken werden ausrangiert, der Altar rückt mittig in die Gemeinde, die sich auf u-förmig angeordneten Bänken rundum gruppiert. Der Altarraum selbst wird abgetrennt mit einer Wand, in der sich ein hoher Torbogen hin zum neu entstehenden Chorraum samt Taufstein öffnet.

Meterhohes Kreuz aus Glas

Den Bogen füllt ein Kreuz, das Hermany in seiner Kirche bisher stets vermisste. Es soll als Blickfang dienen: Etwas "Neues, Revolutionäres" hatte Hermany im Sinn. Mit dem Nürnberger Architekten Günther Dechant, der eigentlich schon in den Ruhestand wollte, und sich für Hermanys Projekt doch noch einmal breitschlagen ließ, ersann er die Idee eines meterhohen Glaskreuzes.

Von dessen Querschenkeln werden feingewebte Metallvorhänge eine Schranke setzen, die doch durchlässig ist. Das Betonfries des ungläubigen Thomas an der Rückwand wird nach wie vor in den Kirchenraum durchscheinen. Trotzdem ist der Raum abgetrennt. Hermany verhehlt nicht, dass es heftige Diskussionen gab um dieses Detail. Doch die Abtrennung sei der Erkenntnis geschuldet, dass es heutzutage eben auch für kleinere Gruppen Räumlichkeiten brauche, "sodass sich diese in ihrer Kirche nicht verloren fühlen".

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