Gurkenwasser gegen die Glätte: Eine Alternative für Fürth?

28.1.2021, 10:00 Uhr
Gurkenwasser gegen die Glätte: Eine Alternative für Fürth?

© Hans-Joachim Winckler

Nach den jüngsten Schneefällen hat es im städtischen Bauhof Beschwerden gehagelt: In vielen Mails beklagten sich Fürther über Routen, die nicht schnee- und eisfrei sind. Die Bauhof-Chefin Doris Langhardt erklärt das Prozedere.


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Um Schnee und Glätte in Fürth Herr zu werden, müssten ihre Leute Prioritäten setzen, sagte sie auf FN-Nachfrage. Zuerst gelte es, die wichtigsten Hauptverkehrsrouten eisfrei zu bekommen, dann steuerten die Räum- und Streufahrzeuge Bergstrecken wie die Robert-Koch-Straße an, die zum Klinikum führt. Dann erst folgten Sammelstraßen, auf denen der Verkehr aus mehreren Wohngebieten fließt.

"In den letzten Wochen haben wir die Prioritäten eins und zwei bearbeitet", so Langhardt. Fällt zwischenzeitlich neuer Schnee und ziehen die Temperaturen erneut an, müsse ihr Team wieder von vorne, also bei den Straßen der Priorität eins anfangen. Bis alle Nebenstraßen geräumt und gestreut sind, kann es also dauern.

Die Stadt verwendet zum Streuen eigenen Angaben zufolge zwar bevorzugt umweltfreundliche Mittel wie Blähton. In besonders hartnäckigen Fällen aber setzt sie eben doch auf Natriumchlorid, also auf normales Speisesalz, damit der Verkehr sicher fließen kann.

Der Bund Naturschutz übt daran Kritik. "Das Salz schädigt Böden und vor allem Bäume, die nicht nur im Kampf gegen die Aufheizung der Stadt in sommerlichen Hitzeperioden besonders wichtig sind", sagt Reinhard Scheuerlein, BN-Vorsitzender in Fürth.

Durch das Bestreuen der glatten Straßen mit Salz entsteht eine Salz-Wasser-Lösung. Fahren viele Autos auf einer gestreuten Straße, spritzt die ins Bankett und in die Böschung. "Auf diese Weise bekommt unsere Natur einen großen Teil des eingesetzten Salzes ab", klagt Sabine Lindner, BN-Vorsitzende im Landkreis Fürth.

"Langsamer Salztod"

Die Folge: Das Streusalz werde im Boden angereichert und auch in regenreichen Jahren kaum ausgewaschen. Es behindere die Wasseraufnahme der Bäume und verändere ihren Nährstoffhaushalt. Spätestens im Sommer, so Scheuerlein, könne man dann kleine Blätter, eine Braunfärbung der Blattränder und frühzeitigen Laubfall beobachten.

"Aber nicht nur die Bäume sterben einen langsamen Salztod, auch unsere Böden werden dauerhaft geschädigt", sagt er. Das Salz verkruste die obere Schicht, was den Austausch der Bodenluft negativ beeinträchtige.

Schlechte Wasserspeicherung und das Auswaschen wichtiger Nährelemente könnten im Extremfall sogar zu einer Bodenunfruchtbarkeit führen. "Unnötiger Salzeinsatz muss deshalb dringend vermieden werden", fordert Scheuerlein.

Die Fürther müssen auf den Gehwegen vor ihren Anwesen ohnehin Sand oder Splitt ausbringen. Das schädliche Streusalz darf nur in Ausnahmefällen – etwa bei Eisregen – an Treppen oder Steigungen verwendet werden. Geeignetes Material stellt die Stadt in eigens dafür aufgestellten Streugutbehältern zur Verfügung. Hier dürfen sich Hausbesitzer und Mieter bedienen.

Eine Win-win-Situation

In Niederbayern startete im vergangenen Winter ein Pilotprojekt, das Aufsehen erregte: Die Straßenmeisterei setzt in Dingolfing auf Gurkenwasser statt auf Flüssigsalz. Künftig sollen so bis zu 1000 Tonnen Streusalz eingespart werden. Das Gurkenwasser stammt aus der Essiggurkenproduktion, es kommt vom ortsansässigen Feinkosthersteller Develey. Der spart sich die Entsorgung über eine Kläranlage, der Bauhof wiederum das Salzen von Trinkwasser.


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Wie leicht man in Fürth an Gurkenwasser käme, könne er nicht beurteilen, meint Scheuerlein. Die Verwendung von Sole sei zwar auch nicht gut für die Natur, mit ihrer geringeren Salzkonzentration aber etwas besser als blankes Streusalz. Um Sole auszubringen, müsste der städtische Fuhrpark allerdings umgerüstet werden. Laut Langhardt sind die Streuer dafür nämlich nicht ausgelegt. "Es ist nicht so, dass wir nichts ändern wollen. Grundsätzlich sind wir umweltfreundlichen Themen zugeneigt", betont sie. Vorausgesetzt, die Alternative sei wirksam.

Sie hofft, dass ihre Mitarbeiter heute Luft haben, die Wohnstraßen zu betreuen. Die Chancen dafür stehen gut: Der Wetterbericht sagt keinen Schnee, dafür wärmere Temperaturen und Regen voraus.

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