"Völlig unlogisch"

Kein Booster für 12- bis 17-Jährige

22.12.2021, 18:17 Uhr
Ein Impfhelfer zieht eine Spritze mit dem Vakzin von Biontech auf. 

© Hans-Joachim Winckler, NN Ein Impfhelfer zieht eine Spritze mit dem Vakzin von Biontech auf. 

Ende Mai 2021 hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMA das Vakzin von Biontech für Jugendliche zugelassen. Im Juni folgte die zunächst eingeschränkte, Mitte August dann die uneingeschränkte Impfempfehlung der Stiko für die besagte Altersgruppe. Inzwischen sind, so Dr. Michael Hubmann, Zirndorfer Kinderarzt und ärztlicher Leiter des Fürther Impfzentrums, bundesweit 58,6 Prozent der insgesamt rund 4,5 Millionen 12- bis 17-Jährigen einmal geimpft, 51 Prozent zweimal und 4,1 Prozent dreimal.

Bei den Geboosterten in dieser Gruppe handelt es sich bisher noch um Ausnahmen. Das können stark immungeschwächte Patienten sein, Azubis mit beruflicher Indikation, die beispielsweise im Krankenhaus oder Seniorenheim arbeiten, oder so genannte Off-Label-Geimpfte.

"Wir boostern Kinder nicht"

Erkundigen sich besorgte Eltern dieser Tage in der Kinderarzt- oder Hausarztpraxis nach einer Boosterspritze für ihren zweifach geimpften Nachwuchs, werden sie schon mal mit Antworten wie "Wir boostern Kinder nicht" abgewiesen.

Die Zulassung der Auffrischimpfung gilt ab 18 Jahren, betont das Bundesgesundheitsministerium und gibt an, jüngere Menschen hätten "auch sechs Monate nach der Grundimmunisierung noch einen sehr guten Impfschutz vor einer schwerwiegenden Verlaufsform von Covid-19". Hubmann hingegen sagt: "Das Virus macht ja an der 18-er-Grenze nicht halt." Es sei "völlig unlogisch", dass man die Grunddosis zugelassen habe, aber die weitere Dosis nun an einen Altersvorbehalt knüpfe. "Der nachlassende Impfschutz trifft schließlich alle."

Sein Kollege, der Fürther Kinderarzt Dr. Michael Veh-Hölzlein fragt sich ebenfalls, warum man die Minderjährigen quasi auf halber Strecke im Regen stehen lässt. Natürlich sei es wichtiger, die Älteren vorzuziehen. "Je älter und je kränker ein Mensch ist, desto wichtiger ist für ihn die Booster-Impfung. Doch gibt es medizinisch keinen Grund, warum Jugendliche nicht ein drittes Mal geimpft werden sollten."

Veh-Hölzlein berichtet denn auch – ebenso wie Hubmann – von einer entsprechenden Nachfrage in seiner Praxis. Vereinzelt habe er Risiko-Patienten drittimmunisiert. Allerdings seien die Möglichkeiten stark limitiert, es stehe mit Biontech ohnehin nur ein einziger Impfstoff zur Verfügung, und der ist knapp.

Dass die Stiko den Abstand zwischen zweiter und dritter Spritze jetzt von sechs auf drei Monate verkürzt hat, findet Hubmann "trotz der berechtigen Angst vor Omikron sehr sportlich". Nur gehe es nicht an, "dass man zu einem 18-Jährigen sagt, ,komm nach drei Monaten’, und zu einem 17-Jährigen: ,Komm gar nicht’."

Jugend-Boostern: Hoffen auf klare Worte aus Berlin

Hubmann ist froh, dass in Stadt und Landkreis Fürth mittlerweile 82.621 Booster-Impfungen in Einrichtungen des Impfzentrums und Arztpraxen verabreicht wurden, über 50.608 davon allein im "sehr erfolgreichen" Monat Dezember. Er hofft nun auf klare Worte vom neuen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zum Booster für Jugendliche.

Lauterbach will derweil die Auffrischungskampagne für Erwachsene weiter vorantreiben und zusätzlich zu den bis Ende 2021 angepeilten 30 Millionen noch einmal so viele Drittimmunisierungen bis Ende Januar über die Bühne bringen. Laut Generalmajor Carsten Breuer, Leiter des Corona-Krisenstabs der Bundesregierung, wurden bis Mittwoch 28 Millionen erreicht. Es sei sicherzustellen, dass Impfzentren und Arztpraxen auch über die Feiertage geöffnet blieben. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder betonte, zuverlässige Vakzin-Lieferungen seien notwendig, auch um das neue Intervall von drei Monaten nach der Zweitimpfung einhalten zu können.

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