Syrischer Blogger, barocker Dichter, Fürther Performance

30.3.2017, 17:17 Uhr
Syrischer Blogger, barocker Dichter, Fürther Performance

© Foto: Hans Winckler

"Was verbindet die Facebook-Posts des Syrers Aboud Saeed mit dem Meisterwerk des barocken Romanautors Grimmelshausen?" Das klingt arg nach einer Frage aus einer Schulaufgabe, doch Thomas Stang hat darauf eine Antwort, die für die Aufführung zur tragfähigen Brücke werden soll: "Es ist die Ironie, der unfassbare Humor, mit der beide auf die Katastrophe des Kriegs reagieren", sagt der künstlerische Leiter von Kult, jenem Ensemble, das am Stadttheater das junge Publikum im Blick hat. Von Stang stammt die Idee für diese Inszenierung, die er nun gemeinsam mit Jochen Strodthoff realisiert.

Die Zuschauer erwartet freilich keine Spielhandlung, die die ausschweifende Geschichte aus dem Dreißigjährigen Krieg irgendwie mit den knappen Spitzen des Bloggers aus dem syrischen Krieg zu verketten versucht. Stattdessen wird das Ensemble (Damjan Batistic, Tristan Fabian, Sunna Hettinger, Josephine Mayer, David Schirmer) einen Mix aus Sprachkunst, großflächiger Live-Malerei und Musik bieten. Strodthoff: "Bei der Vorbereitung hieß die erste Regel für alle: ,Wir spielen keine Rollen.’"

Niemand gibt also vor, ein anderer zu sein. "Wir schneiden Szenen gegeneinander, erzählen mit den Texten, Geschichten und Szenen von Aleppo und von Grimmelshausen, jeder übernimmt unterschiedliche Aufgaben." Spielend, rappend, malend, schreibend. Als Vorbereitung sollten die Mitwirkenden bei den Proben auch selbst kurze Facebook-Posts texten, die auf der Stadttheater-Seite veröffentlicht wurden. Maximal drei Zeilen, höchstens 17 Wörter waren erlaubt und brachten Beiträge hervor wie: "Realität ist mir viel zu Fake! Denke, da müsste viel mehr gehen."

Pinsel und Farbe werden aber tatsächlich eine Rolle spielen. Die Akteure untermalen, bemalen, illustrieren. Nach der Vorstellung soll jeweils eine frische Farbschicht die Spuren der vergangenen Aufführung übertünchen: "Beim nächsten Mal kann es aber durchaus passieren, dass die alten Schichten wieder aufgekratzt werden", erklärt Ausstatter David König. "Diese Spuren können dann letztlich wieder neue Geschichten erzählen." Abgesehen von den sich ständig verändernden Farbauflagen hat König als Grundidee für das Bühnenbild eine Art Haus in einem großen, transparenten Folienkasten entworfen.

Stang, Strodthoff und König arbeiten übrigens nicht zum ersten Mal zusammen. "Kennengelernt haben wir uns beim Studium am Mozarteum in Salzburg und seither immer mal wieder gemeinsam Projekte verwirklicht." Über die aktuelle Produktion, die ein Publikum ab 14 Jahren anspricht, gab es vorab Gespräche mit Lehrern. Diskutiert wurde zum Beispiel, inwieweit junge Zuschauer mit der Schilderung von Gewalt und Brutalität konfrontiert werden können und dürfen. Trotz drastischer Szenen stehe aber Grimmelshausens Roman an bayerischen Gymnasien auf dem Lehrplan der achten Klassen. Schulen, die Interesse am Besuch einer Vorstellung haben, können sich noch melden.

Ob es nun gelingt "über den Krieg zu erzählen, ohne in Depression zu verfallen, sondern so etwas wie Hoffnung und Mut zu wecken" (Strodthoff), wird sich zeigen. Der syrische Blogger Aboud Saeed, der mittlerweile in Berlin lebt, hat angekündigt, zur Premiere nach Fürth zu kommen.

"Simplicius Simplicissimus – Der klügste Mensch im Facebook": 31. März, 1. April (jeweils 20 Uhr), 3. bis 7. April (jeweils 10 Uhr), Kulturforum (Würzburger Straße 2). Karten: FN-Ticket-Point (Schwabacher Straße 106, Tel. 2 16 27 77) und Kufo-Kasse.

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