Zahltag im Paradies

1.7.2014, 11:00 Uhr
Zahltag im Paradies

© Ralf Rödel

Das Wunderbare, Magische, Fremde im Alltäglichen zu finden, ist seine Passion:Wenn elegante Porzellanfiguren plüschige Hasenköpfe aufgesetzt bekommen, künstliche Wimpern wie filigrane Sammlerobjekte auf eine Schnur aufgefädelt und die Stoffblüten einer japanischen Zierkirsche zugenäht werden, dann wissen Kunstfreunde auch weit jenseits von Fürth: Andreas Oehlert war am Werk. Eins ist es nie: langweilig.

Der Fürther, Jahrgang 1966, gehört seit vielen Jahren zu den renommiertesten Künstlern der Kleeblattstadt. Im Winter 2010/11 widmete ihm das Neue Museum Nürnberg eine Einzelschau. Oft arbeitet er, der 2010 den Kulturförderpreis des Bezirks Mittelfranken entgegennahm, mit Fundstücken und Gegenständen, die ihn schon als Kind fasziniert haben.

„Vordergründig dekorativen Objekten“, so heißt es in der Begründung für die Wahl zum Kulturpreisträger, „verleiht er durch zumeist nur kleine Modifikationen eine gänzlich andere, oft tragischere Bedeutung und macht dadurch Verborgenes und zunächst schwer Fassbares offenbar.“ In der Metropolregion kennt man Oehlert durch seine künstlerischen Beiträge zum Klassik Open Air, zur Blauen Nacht und zur containArt Fürth, die im Jahr 2008 die Innenstadt in eine Kunstmeile verwandelte. Seinerzeit bat er das Publikum in einen „Kasperlkasperl“-Container; in einem mit Spiegelfliesen ausgeschlagenen Raum droschen zwei Handpuppen in einer Video-Dauerschleife aufeinander ein. Eine „kindliche“ Bilderwelt wurde auf eine „erwachsene“ Bedeutungsebene gehievt. Irritation, Entertainment, grelle Effekte: typisch Oehlert.

Durch seine Arbeit, so die Begründung, leiste er „einen ebenso originellen wie lebendigen Beitrag zur zeitgenössischen Kunst in Fürth, die auch überregional und international Anerkennung findet.“ Oehlert studierte zwischen 1990 und 1997 an der Akademie in Nürnberg, an der Akademie der Schönen Künste in Krakau sowie 1999 bis 2000 am Chelsea College of Art and Design London.

Als Träger des „großen“ Kulturpreises folgt er dem Musiker und Komponisten Heinrich Hartl, der die Auszeichnung 2012 erhielt. Wer sich aktuell einen Einblick in Oehlerts Schaffen verschaffen mag: Fotografische und zeichnerische Arbeiten des „bunten Paradiesvogels unter den Künstlern in der Region“ (FN) zeigen bis 19. Juli das Institut für moderne Kunst und die Oechsner-Galerie in Nürnberg (Gustav-Adolf-Straße 33).

Gemäß den modifizierten Richtlinien zur Kulturpreisvergabe, die im Zwei-Jahres-Turnus stattfindet, gibt es seit 2012 einen mit 3000 Euro dotierten Sonderpreis. Er wird an Personen, Gruppen und Einrichtungen vergeben, die im Kulturleben der Stadt kontinuierliche und/oder herausragende Akzente setzen und nachhaltig wirken. Auf Journalist Bernd Noack folgen 2014 die Kirchenmusikdirektorinnen Sirka Schwartz-Uppendieck und Ingeborg Schilffarth in ihrer Eigenschaft als künstlerische Leiterinnen der hiesigen Kirchenmusiktage.

Die Kantorinnen von Auferstehung und St. Michael stehen dem jährlichen ökumenischen Festival, das 2013 in die 50. Runde ging, seit 1996 bzw. 1997 vor. Beide hätten, so das Kuratorium, das musikalische Spektrum „gezielt erweitert von der Alten Musik (. . .) bis zu einer ganzen Reihe von Uraufführungen.“ Durch die Begegnung mit anderen Kunstformen wie Tanz und bildender Kunst machten sie die Kirchenmusik fruchtbar für die Stadtgesellschaft und begeisterten Menschen, die sich von einem klassischen Kirchenkonzert nicht erreichen lassen.

Schilffarth, die aus Bonn stammt, kam über Herford — dort studierte sie an der Hochschule für Kirchenmusik sowie in Hamburg Chor- und Orchesterleitung — nach Fürth, sie leitet die Stadtkantorei Fürth und die Fränkische Kantorei. Künstlerisches Orgelspiel ist der Arbeitsschwerpunkt von Dekanatskantorin Schwartz-Uppendieck. Sie studierte in ihrer Geburtsstadt Hamburg und in Lübeck. 2000 hob sie die Fürther Komponistinnenkonzerte (und seitdem zahlreiche Uraufführungen) aus der Taufe.

Den Kulturpreis der Stadt Fürth gibt es seit 1970, erster Träger war Komponist Werner Heider. Oehlert ist der zwölfte Künstler, der mit dem „großen“ Preis beehrt wird. Dem Kuratorium unter dem Vorsitz von Kulturreferentin Elisabeth Reichert gehören elf Vertreter aus allen kulturellen Bereichen an sowie drei Stadträte in beratender Funktion.

Wer Kulturförderpreisträger (2000 Euro) wird, beschließt auf Vorschlag des Kuratoriums der Stadtrat nun am 23. Juli. Die Preisverleihung findet in diesem Jahr am 16. November im Kulturforum statt.

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