Endlich wieder zum Friseur: Scheren in Gunzenhausen sind gewetzt

1.3.2021, 06:02 Uhr
Endlich wieder zum Friseur: Scheren in Gunzenhausen sind gewetzt

© Foto: Isabel-Marie Köppel

Denn im Schnitt suchen ihre Kundinnen und Kunden ihren Salon in der Negeleinstraße in Gunzenhausen alle sechs Wochen auf, erzählt sie. Hinzu kommt, dass bei vielen die Farbe nun bereits weit herausgewachsen ist, und sie es nun ohne versuchen wollen, berichtet die 56-Jährige. Zwar kämen sie noch zum Schneiden, doch daran sei natürlich weniger verdient. Seit 21 Jahren gibt es den Salon "Monika’s Haarmonie" der Friseurmeisterin schon, vor über 40 Jahren erlernte sie den Beruf.

Seit nun bekannt ist, dass Friseure ab heute wieder öffnen dürfen, ermöglicht Kränzlein ihren Kunden, sie auf verschiedenen Wegen zu erreichen: Sie hat eine Rufumleitung eingerichtet, eine Bandansage mit den wichtigsten Informationen aufgenommen und auch per Mail nimmt sie Anfragen entgegen. Normalerweise haben Friseure ja montags geschlossen, doch an diesem 1. März gibt es wohl kaum einen Coiffeur, der seine Türen geschlossen lässt.

Fast ausgebucht bis Ostern

Bis Ende März – bis auf vereinzelte Termine – ist Kränzlein ausgebucht. Die Kunden seien aber sehr verständnisvoll, berichtet sie. Fragen vorsichtig nach, ob es denn vor Ostern noch einen Termin gebe und zeigten sich besorgt, ob sie denn überhaupt wieder öffne. Eine Frage, die nicht unberechtigt ist. Denn ihre Reserven habe sie bereits im ersten Lockdown – der übrigens (nur) sechs Wochen andauerte – aufgebraucht: "Unsere Gewinnmargen sind nicht so groß."


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Die Einnahmen fehlen seit Wochen, doch Ausgaben wie für Versicherungen und Miete, die nicht gesenkt wurden, bleiben. Ihre beiden Mitarbeiterinnen befinden sich in Kurzarbeit. Gerne würde ihre Chefin ihnen das Gehalt aufstocken, doch das könne sie sich nicht leisten. Sie müsse auch jeden Monat in Vorleistung gehen, da ihre Angestellten den Lohn Ende des Monats brauchen, die Arbeitsagentur überweise das Kurzarbeitergeld aber erst Mitte des darauffolgenden Monats. Und auch vom Staat seien noch keine Gelder geflossen, die sie beantragt hat.

Sollte ein dritter Lockdown kommen, wird Monika Kränzlein ihren Salon aufgeben. "Ich bin jetzt 56 und nicht mehr so weit von der Rente entfernt. Ich möchte mich aus meinem Arbeitsleben nicht mit Schulden verabschieden, die ich nicht selbst zu verantworten habe", betont sie. Doch noch zeigt sie Kampfgeist, wirbt für ihren Laden und freut sich nun, wieder öffnen zu können. Sie und ihre beiden Angestellten werden sich in Schichten aufteilen und die Öffnungszeiten verlängern, um die Situation zu entzerren.

Pro Friseurin darf sich je ein Kunde in dem Salon aufhalten. Natürlich steht das Hygienekonzept schon. Neue Trennwände wurden aufgebaut, der Desinfektionsmittelspender hängt direkt am Eingang, alle 20 Minuten muss Kränzlein durchlüften und die Kundschaft darf den Laden nur mit FFP2-Maske betreten. Zwei Euro Corona-Aufschlag wird die Friseurmeisterin nun pro Kunde verlangen, klärt ein Zettel an der Kasse auf. Sie verweist auf Mehrkosten, die Anschaffungen wie Trennwände verursachen.

Für viele Termine hat Kränzlein auch etwas mehr Zeit eingeplant, denn ihr ist klar, dass sie wohl einige Schneide- und Färbeunfälle ausbaden muss. Während der zweiten Schließung konnten sich ihre Kundinnen und Kunden zwar nach dem Prinzip Call & Collect Farbe bei ihr abholen, und sie gab auch Tipps: "Aber so einfach wie es auf Youtube aussieht, ist es nicht."

Viele Kunden sind verärgert

Eine Kundin bezeichnete es sogar als "menschenunwürdig", wie sie die Politik zwinge, herumzulaufen. Und Kränzlein kann es nachvollziehen, dass sich Menschen unwohl fühlen, wenn der Ansatz schon vier Zentimeter breit ist: "Da leidet auch das Selbstbewusstsein." Sie verweist auf Angela Merkel und andere Politiker, die vergleichsweise noch ganz gut aussehen. Die Kanzlerin habe eine Assistentin, die ihr dabei hilft. Zugegeben, sie muss weltweit Präsenz zeigen, "doch auch die Geschäftsfrau um die Ecke oder die Bankangestellte steht in ihrer Stadt in der Öffentlichkeit", gibt die Friseurmeisterin zu bedenken.

Umso mehr ärgert sie sich über Kollegen, die sich über das Frisierverbot im Lockdown hinweggesetzt haben und dadurch ein "Schweinegeld ohne Sozialabgaben und alles" verdient haben. So ein Verhalten nehme ihr schließlich auch Kunden weg. Auch sie wurde von manchen "sehr gebeten". Doch für Kränzlein stand das nicht zur Diskussion. "Das kann ich mir als Inhaberin nicht leisten", sagt sie klar. Das Risiko sei es ihr nicht wert.

Ohne ihren Lebensgefährten Karl Kühleis hätte sie schon Insolvenz anmelden müssen, ist sie sich sicher. Beide glauben, dass man so eine Krise nicht ohne familiären Rückhalt durchstehen kann. "Was das auch mit Monis Psyche macht", sorgt sich Kühleis – von dem Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, bis hin zur moralischen Verpflichtung den Mitarbeiterinnen gegenüber. "Corona hat den Lebensplan vieler zerstört oder zumindest geschädigt", sagt er. Doch die beiden unterstützen sich – und aufgeben ist noch keine Option.

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