Grüne zweitstärkste Kraft im Kreistag Erlangen-Höchstadt

18.3.2020, 14:00 Uhr
Das Landratsamt in Erlangen

© Ralf Rödel Das Landratsamt in Erlangen

Der Sieger: die Grünen. Für sie und ihren Kreisvorsitzenden Manfred Bachmayer aus Eckental hat sich ein Traum erfüllt: Mit 20,67 Prozent der Stimmen sind sie nach der CSU zweitstärkste Kraft im Kreistag und erhalten zwölf Sitze, ein Plus von vier. Es wird, wenn der neue Kreistag sich Anfang Mai konstituiert, Vertreter von acht verschiedenen Gruppen darin geben, ein deutlich bunteres Bild als derzeit mit fünf Fraktionen.

Erstmals im Gremium ist die AfD. Diese Partei zieht gleich mit drei Kreisräten ein René Jentzsch, Beatrice Bieger und Christian Beßler. Und über LÖP genannte Listenverbindung mit der ÖDP und den Piraten hat die Linke nach dem Erlanger Stadtrat auch im Parlament des Landkreises eine Stimme mit Christine Scheffer.

Von der FDP, zurzeit noch mit drei Kreisrätinnen und -räten vertreten, bleibt nur noch das Herzogenauracher Ehepaar Britta und Michael Dassler. 2,53 Prozent erhielt die Partei. Dem schwarzen Lager in dem bunten Gremium hat der Schachzug mit einer eigenen Liste der Jungen Union einen Sitz Zuwachs beschert. Während die CSU 20 Sitze eroberte – zwei weniger als vor sechs Jahren – ziehen von der Nachwuchsorganisation drei Kreisräte ein: die beiden Herzogenauracher Maximilian Stopfer und Konrad Körner, sowie der Adelsdorfer Nico Kauper.

Leichte Ernüchterung hat sich gestern bei den Freien Wählern breitgemacht. Sie haben zwei Sitze abgeben müssen, kommen mit 18,11 Prozent der Stimmen auf elf Mandate. „Das bringt uns nicht aus dem Gleichgewicht“, kommentierte der Fraktionsvorsitzender Gerald Brehm, wiedergewählter Bürgermeister von Höchstadt, aber die Begeisterung im orangen Lager halte sich doch sehr in Grenzen.
Wenn von Begeisterung geschrieben werden kann, dann über die Reaktion bei den Grünen. Kreisvorsitzender Manfred Bachmayer sieht nicht nur ein Wahlziel erreicht. Seine Partei ist nicht nur zweitstärkste Fraktion im Kreistag, sondern bei den Gemeinderatswahlen auch in 13 Gremien gewählt worden, sogar in den Höchstadter Stadtrat, der nicht einfach zu erobern sei.

Selbstbewusst stellen die Grünen auch schon die Koalitionsfrage. Bekanntlich hatte es vor sechs Jahren in dieser Frage, mit der ja auch Posten als stellvertretende Landräte verbunden sind, Verwerfungen gegeben. Gegen die Vorstellungen von Freien Wählern und Grünen gingen Landrat Tritthart und seine CSU eine „große Koalition“ mit der SPD ein, was Christian Pech (SPD) den Posten des Vize-Landrats brachte. Von diesem ist er immer noch suspendiert. Diese Vakanz hat die Wahl beendet: Pech zieht nicht mehr in den Kreistag ein, die Stellvertreter werden vom neuen Kreistag neu gewählt.

Manfred Bachmayer – unter Eberhard Irlinger schon einmal Stellvertreter – macht keinen Hehl daraus, dass er zur Verfügung stünde. Genauso wie seine Partei für jede Form der Zusammenarbeit.

Das tun laut Gerald Brehm auch die Freien Wähler. Er selbst, ließ er wissen, werde sich nicht mehr um den Fraktionsvorsitz bewerben. Aber die elf künftigen Kreisräte der Freien Wähler seien durchaus in der Lage und auch bereit Mehrheiten zu verschaffen. Brehm kommentiert die Verluste seiner Gruppe, wohl auch an die AfD, mit der Vielzahl der Mitbewerber. Die Wahl habe gezeigt, dass die Luft dünner werde, je mehr es derer gebe. Eigentlich, gibt Brehm zu "wollten wir zulegen".

Alexander Tritthart und sein Lager haben also schon Freundschaftsangebote. "Wir werden mit allen sprechen", sagt der von seiner Wiederwahl „gigantisch“ erfreute Landrat und macht gleich die Ausnahme: nicht mit der AfD. Dass diese mit 4,8 Prozent der Stimmen den Einzug in den Kreistag geschafft hat, findet Tritthart bedauerlich, doch sei es zu erwarten gewesen.

Er setze im kommenden Kreistag gleichwohl auf konstruktive Zusammenarbeit, wie sie den noch bestehenden Kreistag präge. Bemerkenswert, dass dieser den Haushalt unmittelbar vor der Wahl noch einstimmig verabschiedet hat. Über eine Koalitionsaussage werde er zunächst mit dem Fraktionschef Walter Nussel und dem Kreisvorsitzenden Stefan Müller sprechen. Außer der AfD schließe man niemanden aus.
Die „Alternative für Deutschland“ zeigt sich zufrieden. Laut dem Kreisvorsitzenden Siegfried Ermer habe man sich zwar „ein paar Stimmen mehr erhofft“, doch bei doch zunächst nur deutschland- und europapolitischer Ausrichtung sei es gelungen, in Kommunalgremien Fuß zu fassen. Dort, so Ermer, wolle die AfD aktive, konstruktive Politik betreiben, im Kreistag vor allem über die Themen Verkehr, Jugend und Senioren.

Andreas Hänjes, der enttäuschte Sozialdemokrat, hat da Zweifel. Er sieht die Kultur vernünftiger Arbeit im Kreistag wanken. Nicolas Bischoff, LÖP-Landratskandidat ohne Mandat, sieht seine Parteifreundin Christine Scheffer künftig in einer echten Einzelkämpferinnen-Rolle. Eine Fraktionsgemeinschaft mit anderen Gruppe sei nicht drin.

 

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