Betrug: Familie soll zehntausende Euro ergaunert haben

11.10.2018, 06:00 Uhr

Müde Gesichter auf der Anklagebank: Zweien der insgesamt sechs Strafverteidiger stehen die Strapazen der Anfahrt ins Gesicht geschrieben. Sehr früh aufgestanden sind die beiden Damen, die aus Köln angereist sind, um ihre Arbeit im Amtsgericht Erlangen zu verrichten. Doch nur zwei der drei Angeklagten lassen sich vor dem Kadi blicken. Die andere Beschuldigte ließ ein Attest ans Gericht senden, sie sei bis Ende der Woche nicht verhandlungsfähig. Da das Schreiben nicht von einem Amtsarzt kam, lehnte es Richter Wolfgang Gallasch ab.

Angeklagte täuscht Herzinfarkt vor 

Da die 64-Jährige dennoch nicht erschien, schritt die Polizei ein, um sie vor Gericht zu bringen. Da ihr dies jedoch nicht passte, gab sie an, einen Herzinfarkt zu haben und verlangte sofortige medizinische Versorgung. Dem bestellten Rettungswagen schickte Gallasch einen Amtsarzt hinterher, um die Behandlungszeit und damit die Verzögerung des Verfahrens so gering wie möglich zu halten. Der Mediziner stellte jedoch keine Herzbeschwerden fest, also war statt der Klinik nun doch der Sitzungssaal das Ziel der Mutter. Natürlich in Polizeieskorte.

Als alle Beteiligten dachten, die Verhandlung könne mit knapp zweistündiger Verspätung endlich starten, stand bereits das nächste Hindernis ins Haus: Mehrere Anträge wegen Befangenheit lagen gegen Richter Wolfgang Gallasch vor, einer davon wurde sogar erst morgens, wenige Stunden vor dem Prozesstermin, eingereicht.

Aufträge ewig verzögert

Unter anderem soll Gallasch in einem Telefonat einen der Verteidiger eingeschüchtert haben, sodass dieser sein Mandat niederlegte. Die zuständige Richterin wies jedoch die Zweifel am vorsitzenden Richter als unbegründet zurück. Gegen 12.30 Uhr – eigentlich sollte die Verhandlung um 9 Uhr beginnen – konnte das Gericht nun endlich seine Arbeit aufnehmen, entschied sich jedoch dafür, eine einstündige Mittagspause einzulegen. Die Kölner Kolleginnen waren schließlich schon lang auf den Beinen.

Gegen 13.30 Uhr konnte die Staatsanwältin endlich die Anklageschrift verlesen, die es in sich hatte: gemeinschaftlicher Betrug in mehreren Fällen. Allein die Tochter soll sich durch Kredite für ein Bauvorhaben, für das sie keine Sicherheiten hatte, 130 000 Euro ergaunert haben.

Die weiteren Betrugsfälle untermauerte die Aussage des ersten Zeugen, der bei der Familie, die ein Liftunternehmen führt, einen Aufzug bestellt hatte. Angekommen sei dieser nie. Am eigenen Leib habe er die "Masche" der Angeklagten erfahren müssen, mit der sie ihm Geld aus der Tasche gezogen hatten: zunächst sei der Auftrag angenommen worden, dann verzögerte sich die Lieferung. Einmal soll ein Lieferant Bankrott gegangen sein, viele andere Male sei der Aufzug nur mit Designänderungen lieferbar, berichtet der Zeuge von der Zermürbungstaktik, die ihn Nerven und letzten Endes etwa 27 000 Euro gekostet haben soll. Durch ein Zivilverfahren darf er nun bei der Familie pfänden.

Von den Angeklagten war vorläufig niemand zu einer Aussage bereit. Jedoch werden sie noch Gelegenheit haben, ihr Schweigen zu brechen, für den Prozess sind weitere vier Termine geplant. Die Verhandlung wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.