Durch die Arbeitswelt ins "normale" Leben

5.4.2017, 14:00 Uhr
Durch die Arbeitswelt ins

Manuel Zink kommt viel herum in der Gemeinde Pommersfelden. Zusammen mit seinen drei Arbeitskollegen vom Bauhof kümmert er sich um die öffentlichen Einrichtungen. Spielplätze instandhalten, Rasen mähen, Winterdienst, Hecken schneiden, Gräben sauber halten und vieles mehr. Schon fast elf Jahre lang ist der 31-Jährige "bei der Gemeinde".

Als er im Juni 2006 anfing, galt er als Vorreiter. Vorher arbeitete er in einer Werkstatt der Bamberger Lebenshilfe. Beaufsichtigt und betreut rund um die Uhr, morgens vom Elternhaus in Steppach abgeholt und abends wieder zurückgebracht vom vereinseigenen Fahrdienst. Wohlbehütet, aber weitgehend abgeschirmt vom "normalen Leben". "Oft hat man unsere Mitarbeiter nicht mal in ihrer eigenen Nachbarschaft gekannt" erinnert sich Kuno Eichner von der Lebenshilfe.

Mitten ins Leben

Integration und Inklusion sehen anders aus, dachte man sich in Bamberg. Soweit es der Grad der Behinderung zulässt, sollen ihre Schützlinge in Firmen oder kommunalen Betrieben unterkommen, mit Kollegen ohne Handicap, aber mit all ihren angenehmen und weniger angenehmen Seiten. Mitten ins Leben eben. Idealerweise sollte das in ihrem eigenen Lebensumfeld passieren.

"Dörfliche Strukturen sind eine gute Voraussetzung", weiß Eichner. Auf der Suche nach passenden Partnern traf er in Pommersfelden auf offene Ohren. "Wir probieren es halt mal aus im Bauhof", hörte er seinerzeit von Bürgermeister Hans Beck, bei dem er mit dem neuen Projekt "integra-MENSCH" vorstellig war.

Und so wurde Manuel Zink zu einem der Ersten im Landkreis Bamberg, die von der Behindertenwerkstatt in die reale Arbeitswelt gewechselt sind. Und da will er bleiben, versichert er am Bauhof in Sambach, als er mit seinen Kollegen das Arbeitsgerät aufräumt. Es ist kurz vor Feierabend und die Stimmung unter den Männern in ihrer orangefarbenen Arbeitskleidung ist entsprechend gut. Manuel fühlt sich merklich wohl. An die klare Ansprache im Bauhof hat er sich gewöhnt. Dass es in einem Bauhof auch mal lauter zugeht, findet Edgar Frischmann normal. Der Bauhofleiter ist Manuels Pate am Arbeitsplatz.

Die Zusammenarbeit funktioniert gut, sagt Frischmann, auch wenn der Erklärungsbedarf manchmal etwas größer sei. Mit Reinhold Lechner steht Zink ein professioneller Integrationsbegleiter zur Seite. Der Handwerksmeister hält ihn fachlich fit für seinen Job. Regelmäßig unterweist der Integra-Mann seinen Schützling im Umgang mit dem Maschinenpark im Bauhof, demonstriert die sichere Handhabung der Motorsense oder die Wartung des Rasenmähers.

"Echte Hilfe"

Nicht nur bei Routinearbeiten sei Manuel dem Bauhof "eine echte Hilfe", versichert Lechner. Eine zusätzliche Hilfe, die keine reguläre Arbeitsstelle wegnimmt, fügt er hinzu. "Dafür können wir nicht den Tariflohn verlangen", ist sich Projektleiter Kuno Eichner im Klaren. Manuel Zink steht 35 bis 40 Stunden pro Woche seinen Mann. Die drei Kilometer von Steppach zum Bauhof nach Sambach schafft er, wenn er nicht von den Kollegen mitgenommen wird, mit dem Mofa. Das Inklusionsmodell am Bauhof "läuft gut", wie Bürgermeister Beck bilanziert, auch nach zehn Jahren.

Ein Vorzeigemodell, das die Bamberger Lebenshilfe weiter ausdehnen will. 137 Mitarbeiter auf externen Arbeitsplätzen betreut sie gegenwärtig. Selbst im Bundesvergleich sei das eine außergewöhnlich große Anzahl, bemerkt Eichner mit einigem Stolz. Das Bamberger Vorbild habe viele Nachahmer gefunden. Auch die Barmherzigen Brüder in Gremsdorf sind bemüht, ihre Leute aus den Werkstätten in "Außenarbeitsplätze" zu vermitteln. Momentan habe er neun solcher Jobs, so der Gremsdorfer Integrationsbegleiter Lutz Tamaschke im Gespräch mit unserer Zeitung.

Seine Leute arbeiten in Pflegeeinrichtungen, Handwerksbetrieben oder auch im Gremsdorfer Industriebetrieb IMO. Ein Mitarbeiter sei sogar vom Landkreis in eine normale Stelle übernommen worden, und zwar am Wertstoffhof in Herzogenaurach.

Beide Seiten, die Einrichtung der Barmherzigen Brüder ebenso wie die jeweiligen Arbeitgeber "machen sehr gute Erfahrungen", berichtet Tamaschke. Seit 2011 versucht er mit seinen Mitarbeitern in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. "Ein rundum gutes Projekt" sei das, das er weiter ausbauen will. Auch die Bamberger Lebenshilfe ist immer

auf der Suche nach geeigneten Nischen auf dem Arbeitsmarkt. Manuel Zink hat seine gefunden und wäre gern auch die nächsten zehn Jahre am Bauhof in Pommersfelden.

 

Keine Kommentare