Hemhofen: Der Circus Brasil wächst und jeder packt mit an

16.7.2014, 06:00 Uhr
Hemhofen: Der Circus Brasil wächst und jeder packt mit an

© Ralf Rödel

„Wir sind ein richtiges kleines Unternehmen, geführt in der achten Generation. Mit elf Mitgliedern zwischen 13 und 84 Jahren, denn Oma Sonja ist auch dabei“, erzählt Katharina Quaiser, die Mama des Clans. Sie hat sieben Kinder zwischen 13 und 28 Jahren, sechs davon ziehen mit umher. So wie die 23-jährige Ronja. „Mit acht habe ich angefangen zu trainieren, erst Bauchtanz, dann Seiltanz und Akrobatik. Man ahmt das halt nach, was man sieht“, erzählt sie im Zirkuswagen der Eltern. Mit dabei sitzen noch Tochter Vanessa und die Schwiegertöchter Bianca und Nikita, beide erwarten Zuwachs.

Die Familie wird größer und sie muss ernährt werden. „Das ist gar nicht so einfach“, weiß schon Ronja. In Zeiten von Computer und Gameboy ziehe es immer weniger Kinder in den Zirkus. Obwohl es dort richtig was zu erleben gibt. „Bei uns dürfen die Kinder aktiv mitmachen“, erzählt sie. „Die Kinder sollen bei uns richtig Zirkusluft schnuppern und sich freuen.“ Allerdings sei es heutzutage schon schwer mitzuhalten, die Kinder hätten so viele Möglichkeiten und manche seien schwer zu begeistern. „Wir sind froh, wenn die Leute kommen, mit uns zufrieden sind, wenn sie applaudieren und sich freuen“, findet Ronja. „Das ist halt unser Beruf, das haben wir halt gelernt“, ergänzt die Mutter.

Ein schwieriges Geschäft

Das Geschäft werde aber immer schwieriger, die laufenden Unterhaltskosten, Strom, das Futter der Tiere und so manche Tierarztrechnung müssen gezahlt werden, auch wenn mal nicht so viel in die Kasse fließt. Dennoch zieht der Circus Brasil wie schon seit vielen Jahrzehnten durchs Land und alle Familienmitglieder bemühen sich nach Kräften, die Zuschauer bestens zu unterhalten.

„Unser Circus bietet ein bunt gemischtes Programm“, sagt Ronja. Mit Akrobatik, Seiltanz, Feuerspucken, Bauchtanz, Fakirnummer und Messerwerfen. Jeder aus der Familie ist dabei aktiv. Außerdem tritt noch ein Pippi-Langstrumpf-Pferd auf, das lachen kann, es gibt zwei Stuten, drei Lamas und das Pony Shakira, das schon mal den Clown August rausschmeißt.

Draußen bauen derweil die Männer das rot-gelb-blaue Zelt auf. Einen ganzen Tag lang dauert es, bis das Zelt mit der zweimastigen Kuppel aufgerichtet, alles fixiert, die Manege hergerichtet ist und die Sitzreihen aufgestellt, sind. 200 Leute passen in das Zelt. „So viele waren aber leider noch nie drinne“, gesteht Ronja. Die Sorge um den Betrieb treibt selbst die 23-jährige Tochter schon um.

Die Zirkusfamilie war schon heilfroh, dass es in Hemhofen keine Probleme mit dem Standplatz gab. Im Gegenteil: „Die Leute auf der Gemeinde waren sehr freundlich“, findet Katharina Quaiser. Das sei nicht immer so, aber ein Zirkus müsse stets in Bewegung sein. „Sonst fällt uns die Decke auf den Kopf“, sagt Ronja. „Außerdem wird nichts verdient, wenn wir nicht weiterziehen.“ Bianca Aschmer, Lebensgefährtin von Rocky, dem ältesten Sohn der Quaisers, nickt ebenfalls. Vor drei Jahren hat sie den jungen Artisten, der auch in die Rolle des Clowns schlüpft, kennengelernt.

"Blut geleckt"

Die 20-Jährige, die aus der Nähe von Ulm stammt, ist eigentlich ausgebildete Heilerziehungspflegerin. Für die Liebe hat sie ihr altes Leben an den Nagel gehängt. „Ich bin dann einmal mit dem Zirkus mitgezogen, dann habe ich Blut geleckt“, gesteht sie. Seither ist sie immer dabei, gehört sie zur großen Zirkusfamilie. Der 19-jährigen Nikita, Lebensgefährtin des Juniorchefs Manolito, geht es ebenso.

Zur Zeit gehört auch der 53-jährige Norbert Zelinka quasi zur Familie. „Wir haben ihn vor sechs Jahren bei einem Auftritt an der Schweizer Grenze kennengelernt“, erzählt Ronja. „Damals hat er uns geholfen, hat Essen mitgebracht und wir haben uns gut verstanden.“ Seither kommt Norbert immer wieder, wenn er ein paar Tage Zeit hat oder Urlaub und hilft einfach mit. Heute zum Beispiel beim schweißtreibenden Zeltaufbau. „Er ist ein ganz guter Freund geworden“, da sind sich alle im Wagen einig.

Wenn das Zelt fertig aufgebaut ist, wird trainiert und geprobt. Nach der letzten Vorstellung am Sonntag ziehen die Quaisers wieder weiter — wie einst schon Oma Sonja, deren Zirkuswagen noch Pferde gezogen haben.

Die Familie Quaiser von Circus Brasil lädt zu drei Vorstellungen, jeweils 17 Uhr, von Freitag, 18. Juli, bis Sonntag, 20. Juli, ein. Das Zirkuszelt steht auf dem Festplatz beim Schloss in Hemhofen.

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