Mit Gitarrenmusik fast Fußball vergessen

HERZOGENAURACH - Die Gitarre nur ein Zupfinstrument? Weit gefehlt. Das „Machado Quartett“ entlockte seinen Gitarren völlig neue Klangdimensionen. Es wurde getrommelt, gezupft, liebevoll gestreichelt und sanft touchiert – ein völlig neues Hörerlebnis und eine eigene Kunstform „Guitarra Nueva“.

Gerade an diesem Abend spielte die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft gegen Italien. Die Veranstalter von „kultur grenzenlos“ der vhs reagierten prompt. Das Konzert wurde vorverlegt und es herrschte drangvolle Enge in der Scheune der ehemaligen Bäckerei Lang. Die Musiker versprachen zudem: „Wir werden nicht so lange spielen und nur eine kurze Pause machen“.

Die Musiker, das waren: Stefanie Kobras, Bernhard Prüflinger, Perry Schack und Ingo Veit. Angefangen hatte es 2009 mit ganz eigenen Interpretationen von Werken des brasilianischen Komponisten Celso Machado. Eine Kostprobe aus ihrer Anfangszeit konnten die Zuhörer genießen. „Wir wissen nicht wie Machado das finden würde“, meinte Schack, das Publikum aber war begeistert. Ihre Stücke umspannten alle Stile, alle Zeiten und fast alle Kontinente. Dabei zeigten sie keinerlei Respekt vor klassischen Stücken. Die Barockkomponisten Georg Philipp Telemann und Henry Purcell mussten sich ebenso eines Neuarrangements unterziehen, wie der argentinische Komponist Astor Piazzolla und seine Stücke „Cité Tango“ oder „Oblivion“.

Auch die „Danza Caracteristica“ des kubanischen Komponisten und Gitarristen Leo Brouwer kam verfremdet daher. Leichte Verunsicherung zeigte sich beim Publikum: Ist das Stück schon zu Ende, kann man schon klatschen? Man konnte und donnernder Applaus brandete auf.

Neben den außergewöhnlichen Arrangements standen Eigenkompositionen auf dem Programm. Die Musiker nahmen die Zuhörer mit auf eine klassisch-bajuwarische musikalische Abenteuerreise, weit weg vom schenkelklopfenden Image. „Insomnia“, ein Stück über Schlaflosigkeit, das Prüflinger in einer schlaflosen Nacht komponierte. Ebenfalls von ihm ist der Titelsong ihrer neuesten CD „Tickin“, ein wunderschönes Stück, das die Zeit in all ihren Facetten anklingen lässt. Obwohl sich das Konzert schon bedenklich nahe auf die Anpfiffzeit der deutschen Mannschaft zubewegte, wollten die Zuhörer nicht auf ihre Zugaben verzichten. Kastagnetten erklangen auf der Gitarre bei Manuel de Fallas Stück aus der Oper „La vida breve“. Mit „All You Need Is Love“ der Beatles auf den Lippen, denn alle sangen mit, eilten die Zuhörer dem Fußballspiel entgegen.