Was bringt mehr: Gewichte stemmen oder Stromstöße?

18.12.2013, 16:05 Uhr
Was bringt mehr: Gewichte stemmen oder Stromstöße?

© Anestis Aslanidis

Professor Wolfgang Kemmler vom Institut für Medizinische Physik der Universität Erlangen und sein Team haben sich schon seit Jahren auf wissenschaftliche Studien mit Sportlern gestürzt. Nun kooperieren sie erstmals mit dem „beneVital“-Fitness- und Gesundheitspark in der Aurachstadt.

Für ihre neueste Untersuchung sucht Doktorand Marc Teschler 50 „Otto Normalbürger“ – Männer zwischen 25 und 55 Jahren, die wenig trainiert sind (unter zwei Stunden Sport in der Woche), zwischen Januar und April nicht länger als zwei Wochen abwesend und medizinisch gesund sind; sprich keine Medikamente mit Einfluss auf den Muskelstoffwechsel einnehmen.

Zwei „Lostöpfe“

Die 50 Probanden kommen dann in zwei „Lostöpfe“, um eine Art Placebo-Effekt auszuschließen. Kemmler erklärt, warum eine Auswahl der Gruppe nicht möglich ist: „Sucht sich der Proband die eine Gruppe aus, erwartet er eventuell von dieser Trainingsart von vornherein den größeren Effekt, was die Ergebnisse verfälschen könnte.“

Die eine Gruppe unterzieht sich einem hochintensiven Krafttraining, die andere einer Ganzkörper-Elektrostimulation (EMS). Alle durchlaufen eine Eingangs- und eine Abschlussmessung am Institut in Erlangen. Kemmler: „Wir haben schon diverse Studien zu beiden Methoden durchgeführt, aber noch nie einen direkten Vergleich.“

Gemessen werden die Ganzkörperzusammensetzung zur Ermittlung der Muskelmasse und des Körperfettgehalts sowie die körperliche Fitness mittels Kraftdiagnostik. Hinzu kommen Blutuntersuchungen. „Das ist schon aufwendig“, räumt der Wissenschaftler ein. Auch eine Informationsveranstaltung ist vorgesehen.

Alles unter Anleitung

Aber die Probanden dürfen im Gegenzug am Ende der 14-wöchigen Reihe mit einer deutlich besseren Fitness rechnen. Das Krafttraining findet zwei- bis dreimal wöchentlich im „beneVital“ statt und dauert pro Einheit etwa 45 Minuten. Das EMS-Training findet dreimal in zwei Wochen statt und dauert jeweils nur 20 Minuten. Alle Trainingsstunden werden von einem Übungsleiter angeleitet und begleitet.

Während beim Krafttraining an bekannten Geräten wie Latissimus-Zug oder an der Beinpresse gearbeitet wird, ist das EMS-Training noch nicht ganz so geläufig. Dazu schlüpft der angehende Sportler in eine Weste sowie einen Hüftgurt und streift Manschetten für Arme und Beine über, die komplett verkabelt sind. Dann wird er „unter Strom“ gesetzt.

Über Video sieht er dann, welche Körperhaltung (Kemmler: „Es soll immer eine gewisse Dynamik vorhanden sein“) er einnehmen soll. Etwa acht Sekunden lang werden die Muskeln elektrisch stimuliert, es folgen einige Sekunden Pause, ehe es mit dem nächsten Stromstoß weiter geht. Dabei sollten schon 80 Prozent der Schmerzgrenze, die individuell äußerst unterschiedlich sein kann, erreicht werden, so die Wissenschaftler.

Ein kurzer Selbsttest ergibt: Die Schmerzen, die an das Berühren eines geladenen Weidezauns erinnern, sind auszuhalten. Es kribbelt und man merkt, wie es die Muskeln durchzieht.

Aber auch dieses leicht aussehende Training ist anstrengend und kann schweißtreibend sein, wie Teschler verrät, der bei seiner Studie auch von Bastian Willert unterstützt wird. Der Ex-Fußballer von der SpVgg Heßdorf hat sein Sportwissenschaftsstudium bereits abgeschlossen und arbeitet freiberuflich an der Universität und beim „beneVital“.

Ob nun die EMS, die etwa 2800 Quadratzentimeter Fläche – bevorzugt an den großen Muskelgruppen – stimuliert, effektiver ist als das herkömmliche Krafttraining ist nun die Frage.

Teuer und unökologisch?

Viele Betreiber werben mit der überlegenen Wirkung des EMS-Trainings, das allerdings vergleichbar teuer ist. Kritiker verweisen zudem auf den hohen Energieverbrauch. In ihrem Flyer vertreten die Experten von der Erlangen Uni jedoch die These, „dass ein optimiertes Krafttraining an Geräten grundsätzlich höheren Nutzen generiert“. Mitte 2014 wissen Teschler und Co. mehr – und 50 untrainierte Männer sollten sichtbar fitter sein.

Ganz umsonst ist die Quälerei nicht: Es wird eine Art „Schutzgebühr“ von 100 Euro erhoben, von denen man die Hälfte zurück erhält, wenn man 95 Prozent der Termine wahrnimmt. Kemmler. „Wir wollen vermeiden, dass die Leute anfangen und mittendrin aufhören, denn das reduziert den Wert unserer wissenschaftlichen Studie.“

Anmeldung bei Marc Teschler, Telefon 09131/85-22840 (Hotline Mittwoch 12 bis 14 Uhr) oder per E-Mail an marc.teschler@imp.uni-erlangen.de

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