Im Streit um Corona-Impfung: FW-Politiker in der Region stärken Aiwanger den Rücken

5.8.2021, 13:10 Uhr
Im Streit um Corona-Impfung: FW-Politiker in der Region stärken Aiwanger den Rücken

© Matthias Balk, dpa

Im Streit um Corona-Impfung: FW-Politiker in der Region stärken Aiwanger den Rücken

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Felix Kißlinger ist Sprecher der Freien Wähler im Stadtrat von Oberasbach (Kreis Fürth). Er hält den Konflikt für „unglücklich“. Es trage gerade keine der beiden Seiten zur Deeskalation bei, sagt er. Dass deswegen die Koalition platzt, kann er sich nicht vorstellen. „Was Markus Söder antreibt, ist schwer zu sagen. Aber die Impffrage mit Blick auf Hubert Aiwanger öffentlich bei einer Pressekonferenz anzuschneiden, war nicht gut. Das muss intern geklärt werden.“

Günter Müller ist FW-Kreisvorsitzender in Neumarkt: „Das hat sich was hochgeschaukelt. Söder hatte aber Aiwanger zuerst bloßgestellt. Sowas sollte man besser nicht in der Öffentlichkeit austragen, das schadet der Regierung. Ich kann Aiwangers Haltung verstehen: Jeder sollte selbst entscheiden, ob er sich impfen lässt und der Staat sollte keinen Druck ausüben, eher motivieren.“ Müller glaubt nicht, dass Aiwanger am rechten Rand fischen wolle, so wie es ihm Markus Söder vorwirft.

Peter Hubert Grewe ist nicht nur Stadtrat der Freien Wähler in Neumarkt, sondern auch Chefarzt am Klinikum Neumarkt. Grewe hält sich nach eigenem Bekunden aus dem Bundestagswahlkampf heraus. Es werde heißer gekocht, als es gegessen werde, sagt er. „Ich finde aber, jeder Politiker sollte sich so positionieren, dass er nichts gegen die Corona-Impfung hat und wenn doch, dann sollte er das lieber für sich behalten. Jeder Bundesbürger sollte sich impfen lassen.“

Im Streit um Corona-Impfung: FW-Politiker in der Region stärken Aiwanger den Rücken

© Ralf Münch

In den Augen von Martin Dannhäußer, Bürgermeister von Creußen (Kreis Bayreuth) wird das Thema von den Medien „hochgespielt“. Wenn es im familiären Umfeld von Hubert Aiwanger Probleme mit den Folgen von Corona-Impfungen gegeben habe, wie er es angedeutet hatte, sei dies schwer einzuschätzen. Aiwangers persönliche Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, sollte man akzeptieren. Er stehe in der Öffentlichkeit, dennoch müsse man ihm eine Privatsphäre zubilligen. Die Koalition von CSU und Freien Wählern in Bayern wegen des Streits platzen zu lassen, wäre für Dannhäußer „lächerlich“. Er selbst hat sich zweimal impfen lassen.


Aiwanger legt im Impfstreit nach


Karlheinz Escher, Bürgermeister von Plech (Kreis Bayreuth), befürwortet Impfungen. Er hat sich bereits zweimal impfen lassen. Er versteht nicht, wie sich Aiwanger so verhalten kann. Aber: Über eine Impfung entscheide jeder selbst. Eine Impfung sei freiwillig, auch Aiwanger könne machen, was er wolle. Die Koalition werde wegen des Impf-Streits nicht platzen. „Das ist nur hochgespielt.“

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Der Landtagsabgeordnete Wolfgang Hauber ist der wohl prominenteste Freie Wähler in Altmühlfranken. Er ist geimpft, wie alle seine Fraktionskollegen, und auch ihm „wäre es lieber, wenn sich Hubert Aiwanger impfen ließe“. Aber der Weißenburger nimmt den Niederbayern in Schutz: „Ich akzeptiere, wenn er sagt, dass er Leute kenne, bei denen die Impfung schwere Nebenwirkungen hatte - und dass ihm das persönlich zu riskant sei.“ Hauber betont, dass sich der FW-Chef „nie gegen das Impfen an sich ausgesprochen“ habe, sondern es stets als „wichtigen Aspekt bei der Bekämpfung der Pandemie bezeichnet hat“. Seine „rein persönliche Entscheidung“ müsse erlaubt sein, schließlich gebe es keinen Impfzwang. Die Zweifel Aiwangers an der Immunisierung seien fraktionsintern bekannt gewesen, aber es sei Markus Söder gewesen, der die Haltung seines Stellvertreters öffentlich gemacht habe: „Den ersten Stein hat der Ministerpräsident geworfen“, argumentiert Hauber. Der CSU-Chef habe Aiwanger „dazu genötigt, zu diesem Thema Stellung zu beziehen“. Auswirkungen auf die Arbeit der Staatsregierung befürchtet Hauber nicht: „Die Fraktionen arbeiten gut zusammen“, sagt er. Das Verhältnis Söders zu Aiwanger nennt er hingegen „schwierig“: „Das sind zwei Alpha-Tiere, und da möchte jeder Recht haben.“


Entlassung von Aiwanger sei "abwegiger Gedanke"


Erfährt der FW-Vorsitzende beim Kollegen aus dem Landtag noch Verständnis, so kann er damit beim Gunzenhäuser Stadtrat Harald Romanowski nicht rechnen. Er habe sich „selbstverständlich“ impfen lassen, auch, weil er ein Vorbild für seine Kinder und andere Menschen sein wollte. Die Argumente Aiwangers, bei den Impfungen könne es zu Nebenwirkungen kommen, sind für Romanowski „Ausreden“: „Er hat seine persönlichen Gründe nicht konkret genannt, ich kann seine Haltung nicht verstehen.“ Rein statistisch sei die Impfung sicher, Gerüchte wie die, dass junge Frauen durch sie unfruchtbar würden, hielten sich hartnäckig im Netz, seien aber nicht nachweisbar. „Aiwanger hat mehr Angst vor den Nebenwirkungen der Impfung als vor einer Covid-Infektion“, sagt Romanowski.

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© Klaus-Dieter Schreiter

„Alles was derzeit passiert - auch mit den Hilfen der Medien - betrachte ich als Wahltaktik, um uns zu Unrecht zu schädigen“, sagt Irene Häusler, Vorsitzende der FW im Kreis Erlangen-Höchstadt. „Grundsätzlich vertrete ich wie unser Bundesvorsitzende Hubert Aiwanger die Meinung, dass Impfen ein wichtiger Baustein der Corona-Bekämpfung ist.“ Eine Corona-Impfung sei eine „persönliche Entscheidung“ und dürfe nicht für Wahltaktiken benutzt werden soll.

In Erlangen ist Anette Wirth-Hücking (FW) Stadträtin. Sie weist auf das Grundgesetz hin, das persönliche Freiheit und Unversehrtheit verspricht. „Unser Land ist ein demokratischer Staat, indem unsere Bürgerinnen und Bürger ein Recht auf einen freien Willen und freie Meinungsäußerung haben“, sagt sie. „Eine Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht, und diese wird es nach Aussagen der Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der großen Parteien auch weiterhin nicht geben.“ Und weiter: „Selbst wenn es in den Augen des Koalitionspartners CSU wünschenswert ist, dass alle Kabinettsmitglieder geimpft sind, hat das nichts mit der Tauglichkeit als Minister zu tun. Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer machen hier eindeutig Wahlkampf auf Kosten der Freien Wähler.“

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Manfred Hümmer, Stadt- und Kreisrat aus Forchheim sowie oberfränkischer Bezirksvorsitzender der FW: Die Vorwürfe des „Am-rechten-Rand-Fischens“ von Aiwanger seien „völlig haltlos und unverschämt“. Hümmer sieht in den Anschuldigung „nur reine Wahlkampfstrategie“ seitens Söder und der CSU. Aiwanger sei in einer Pressekonferenz „durch den Ministerpräsidenten mit einer Frage öffentlich brüskiert“ worden - einer Frage, „die jeder Mensch für sich persönlich entscheiden muss“. Er sei „auf eine unverschämte Art und Weise praktisch gezwungen worden“, zu einer höchst privaten Frage in aller Öffentlichkeit Stellung zu beziehen. Aiwangers „Skepsis“ gegenüber einer Impfung sei dessen persönliche Einschätzung, „die zwar nicht Meinung der Parteibasis ist“ - aber: „Er hat mehrfach betont, dass er der Impfung als solcher - als einem von vielen Bausteinen zur Bekämpfung der Pandemie - grundsätzlich aufgeschlossen gegenübersteht“, so Hümmer. „Er hat auch nie gesagt, dass er sich nicht impfen lassen wird, nur, dass er aus persönlichen Gründen noch abwarten will.“ Ja, die Wortwahl Aiwangers sei - „wie auch die von Söder“ - in Anbetracht der Wahl und des Wahlkampfs „sicher zugespitzt und viele Vergleiche sind sehr unglücklich gezogen“ worden. Doch die Unterstellung, sich damit Rechte oder Querdenker angeln zu wollen, sei „absoluter Nonsens“, denn weder Aiwanger noch die Freien Wähler möchten sich „dieses Wahlklientel erschließen.“