"Keine Kamera verhindert einen Angriff auf Reisende"

22.8.2013, 15:00 Uhr
Bayerns oberster Datenschützer bezweifelt, dass mehr Kameras auch gleich mehr Sicherheit bedeuten.

© Marc Tirl (dpa) Bayerns oberster Datenschützer bezweifelt, dass mehr Kameras auch gleich mehr Sicherheit bedeuten.

Innenminister Joachim Herrmann aus Erlangen lobte vor einigen Monaten die Videoüberwachung im Personennahverkehr als „segensreich“. Eine Auswertung des Polizeipräsidiums München habe gezeigt: In den vergangenen zehn Jahren sind die Straftaten in U-Bahnen, Bussen und Zügen um 30 Prozent gesunken, seit Kameras ein Auge auf die Reisenden haben.

Thomas Petri, Datenschutzbeauftragter des Freistaats, will nicht in Abrede stellen, dass die technische Überwachung „kritischer Linien“ sinnvoll ist. „Aber man kann mir nicht erzählen, dass ich an jedem Busbahnhof eine Videoüberwachung brauche, um mein Eigentum zu schützen“, hält er dagegen.

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Denn die Überwachung und Aufzeichnung von „personenbezogenen Daten“ ist nach dem Bayerischen Datenschutzgesetz in Artikel 21 a für die öffentliche Hand nur zulässig, „um Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum von Personen zu schützen“, die sich in öffentlichen Einrichtungen, Verkehrsmitteln, Dienstgebäuden oder Stellen aufhalten. Oder um Kulturgüter und eben öffentliche Einrichtungen zu sichern.

Leben, Gesundheit oder Freiheit sei aber keineswegs auf Veranstaltungen wie der Erlanger Bergkirchweih in Gefahr, kritisiert Petri — dort will die Hugenottenstadt künftig mit Videokameras die Besucherströme verfolgen und notfalls Ausweichrouten anbieten. Hier sei mehr Personal gefordert anstatt der Speicherung persönlicher Daten, rät Petri.

Straftaten können nur die Menschen selbst verhindern

Er zweifelt zudem an den Äußerungen von Politikern, Videoüberwachung könne Straftaten vereiteln: Keine Kamera könne schließlich einen Übergriff auf einen Fahrgast in der U-Bahn verhindern, kontert Petri. „Das können nur Menschen. Videoüberwachung hilft nur bei der Strafverfolgung.“ Auch hält er es für ungerechtfertigt, dass immer mehr Kommunen neu angelegte Plätze, Brunnen oder Parks videoüberwachen lassen, um Vandalen abzuschrecken. „Die Stadtreinigung ist kein schützenswertes Gut“, stellt Petri klar.

Jüngst hat er verhindert, dass eine Stadt den Eingangsbereich eines Frauenhauses mit Kameras ausstatten ließ: „Ich stehe dafür, dass die Freiheit erhalten bleibt und Bürger nicht unnötig überwacht werden.“

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