16. Dezember 1970: Vor einem Chaos wie in München

16.12.2020, 07:00 Uhr
16. Dezember 1970: Vor einem Chaos wie in München

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Ohne Zweifel müssen sich die Stadtväter mit dem Gedanken befreunden, daß das moderne Massenverkehrsmittel bis einschließlich 1973 viel mehr Geld verschlingt, als sie bisher angenommen haben. Der Grund: die notwendigen Vorarbeiten wie das Verlegen von Kabeln und Versorgungsleitungen in der Innenstadt und ein Bautermin, der drängt.

1972 will ein Kaufhauskonzern (Karstadt) mit seinem Neubau an der Nordostseite der Karolinenstraße beginnen, der später einmal mit der U-Bahn-Station an der Lorenzkirche verbunden werden soll.

Die verantwortlichen Männer in der Stadtverwaltung stehen deshalb vor einem ganzen Bündel Problemen. Unabhängig vom Fortschritt der U-Bahn im Bereich der Katzwanger und Frankenstraße erwächst ihnen die Aufgabe, Kaufhaus- und Bahnhofneubau zu koordinieren. Soll sinnvoll und preisgünstig gearbeitet werden, dann bleibt keine andere Wahl, als am Ende des Dürerjahres die Station an der Lorenzkirche in Angriff zu nehmen und im Rohbau zu vollenden.

Erst das Kaufhaus hinzustellen und dann darunter den U-Bahnhof zu errichten, würde nur unverhältnismäßig hohe Kosten und viele technische Schwierigkeiten bedeuten.

Freilich liegt es in diesem Fall nicht an den Nürnbergern allein, ob die beiden Vorhaben gemeinsam angepackt werden können. Selbst wenn sich der Stadtrat bereitfindet, von den dem Kämmerer in den nächsten Jahren zur Verfügung stehenden Mitteln das zusätzlich benötigte Geld abzuzweigen und dafür andere Pläne einstweilen noch in der Schublade ruhen zu lassen, müssen auch Bund und Land mit entsprechend höheren Zuschüssen einsteigen. Es dürfte nicht leicht sein, die besondere Lage in Bonn und in München klar zumachen.

Noch eine andere Nuß gilt es beim Bau des unterirdischen Bahnhofs an der Lorenzkirche zu knacken. Es kann an dieser Stelle nicht in bergmännischer Manier, sondern es muß in einer offenen Baugrube gearbeitet werden. Der Eingriff bedeutet deshalb ein Erliegen des gesamten innerstädtischen Verkehrs auf längere Zeit!

Denn die Station und ihre zahlreichen Zu-und Ausgänge (in der Königstraße bei der Einmündung der Kaiserstraße und in der Höhe des Kaufhofes, in der Karolinenstraße, in der Kaiserstraße, in der Lorenzer Straße und in der Brunnengasse) schneiden wichtige Durchgangsverbindungen ab: von Osten nach Westen die Karolinenstraße und die Kaiserstraße, von Westen nach Osten die Adlerstraße und dazu die Nord-Süd-Achse Königstraße.

Die Bilanz: der Stadtrat steht vor einer schweren Entscheidung, die Verwaltung vor schwierigen Verhandlungen in der Bundes- wie in der Landeshauptstadt. Und die Bürger müssen sich daran gewöhnen, daß auch in der nordbayerischen Metropole bald ähnliche Zustände wie beim U-Bahn-Bau in München herrschen.

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