21. März 1970: Naturereignis mitten in Nürnberg

21.3.2020, 08:01 Uhr
Lachmöwen im Winter- und Brutkleid tummelten sich auf dem Wöhrder See.

Lachmöwen im Winter- und Brutkleid tummelten sich auf dem Wöhrder See.

Hier suchten und fanden in den vergangenen Monaten Tafel-, Reiher- und Scheinenten auf dem Seegrund ihre Nahrung. Hier ließen sich die im Binnenland selten anzutreffenden Samtenten, Gänse- und Zwergsäger aus Nordeuropa nieder. Etwa 200 Lachmöven wurden bisher registriert. Ja, sogar Sturmmöven, die an den Küsten der Ost- und Nordsee brüten, erwählten den Wöhrder See zum Winterdomizil. Die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Nordbayern, 1969 mit Sitz in Nürnberg gegründet, sagt dem Stausee eine große Zukunft als Winterrastplatz der Vögel voraus.

Ihre Mitglieder beobachten und registrieren sorgfältig die Bestände der Wasservögel. Zwei der etwa 20 Nürnberger Ornithologen, Rudolf Grimmer und Georg Speiser, sind besonders häufig am Ufer des Wöhrder Sees anzutreffen. Beide sind Laien, aber ihre Erfahrungen sind für die Arbeitsgemeinschaft von unschätzbarem Wert. Schon am frühen Morgen richten sie ihre Feldstecher auf den Wasserspiegel und suchen nach neuen Gästen. Bis zu 2500 Stockenten registrierten die Vogelkenner an einem einzigen Tag am Wöhrder See.

Doch das ist kaum verwunderlich, wenn man weiß, daß bis zu 4000 Stockenten im Herbst am Dutzendteich rasten. Statt beim Winterbeginn weiterzuziehen, siedelte ein großer Teil von ihnen einfach auf den Wöhrder See über. Der derzeitige kommissarische Leiter des Tiergartens, Dr. Manfred Kraus, weist auf eine interessante Entwicklung hin: auf die zunehmende "Verstädterung" der Stockenten und Bleßhühner im Stadtgebiet. Zu den Stammgästen in Nürnberg darf man künftig mit Sicherheit auch die Lachmöwen zählen.

Hierzu kann die Bevölkerung durch ihre Fütterung beitragen. Die Empfehlung der Ornithologen: Brotkrumen für die Lachmöwen nicht ins Wasser werfen, sondern auf die Brüstung über dem Stauwehr legen. Lachmöwen werden rasch zutraulich und fressen mitunter den Menschen sogar aus der Hand. Den Ornithologen fällt es dann leichter, diese Wasservögel zu registrieren und zu beringen.

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