Verteidiger wollen Haftbefehl aufheben

77 Fälle: Prozessauftakt um Vergewaltigungen in Nürnberger Asylunterkunft beginnt mit Streit

25.10.2023, 17:15 Uhr
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten 77-fache Vergewaltigung von Bewohnerinnen einer Asylbewerberunterkunft in der Schmausenbuckstraße in Nürnberg während seiner Beschäftigung als Sicherheitsdienstmitarbeiter vor. Foto: Daniel Löb/dpa - ACHTUNG: Person wurde aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++

© Daniel Löb, dpa Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten 77-fache Vergewaltigung von Bewohnerinnen einer Asylbewerberunterkunft in der Schmausenbuckstraße in Nürnberg während seiner Beschäftigung als Sicherheitsdienstmitarbeiter vor. Foto: Daniel Löb/dpa - ACHTUNG: Person wurde aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++

Sein Job war es eigentlich, für Sicherheit zu sorgen: Über Jahre hinweg soll ein Security-Mitarbeiter Bewohnerinnen einer Asylunterkunft für Frauen in Nürnberg vergewaltigt haben. 77-fache Vergewaltigung sowie sexuelle Belästigung wirft die Staatsanwaltschaft dem 54-Jährigen vor.

Zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth an diesem Mittwoch kam es zunächst zu einem Disput zwischen den Verteidigern des Mannes und der Strafkammer. Die beiden Verteidiger beantragten gleich zum Auftakt, die Verhandlung auszusetzen und den Haftbefehl gegen ihren Mandanten aufzuheben.

Als Grund gaben sie an, erst wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung weitere umfangreiche Unterlagen erhalten zu haben. Diese hätten sie bislang nicht sichten und mit ihrem Mandanten besprechen können. Zudem bemängelten sie die Qualifikation eines bestellten Dolmetschers und zogen in Zweifel, dass so ein "faires Verfahren" möglich sei. Die mehr als 100 Seiten und mehrere Stunden Videoaufnahmen einer Vernehmung in der Kürze der Zeit durchzuarbeiten, sei "vollkommen unmöglich".

Die Vorsitzende Richterin Barbara Reim wies die Anträge zurück und verwies darauf, dass der Verteidigung die Unterlagen am 17. und 18. Oktober und damit mit ausreichend Vorlauf zugegangen seien. Auch seien für den ersten Prozesstag aus den neuen Unterlagen nur 19 Seiten relevant. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft fügte bei einem Wortgefecht mit den Verteidigern hinzu, dass man ein Mandat niederlegen müsse, wenn man nicht genügend Zeit habe, sich auf einen Prozess vorzubereiten.

Der 54-Jährige war zuvor mit einer Kapuzenjacke über den Kopf gezogen in den Verhandlungssaal gekommen. Zu den Vorwürfen machte er keine Angaben. Bislang hatte er diese bestritten.

Seit September 2018 war der Mann beim Sicherheitsdienst der Nürnberger Einrichtung beschäftigt. Zwei Bewohnerinnen soll er dabei laut Anklage gedroht haben, seine Position auszunutzen und ihnen vom Jugendamt ihr Kind wegnehmen zu lassen, wenn sie sich ihm nicht fügen. Eine Bewohnerin soll er so zwischen 2018 und 2022 insgesamt 72 Mal in Büroräumen und einem Heizungsraum der Einrichtung vergewaltigt haben, eine weitere Frau in fünf Fällen. Eine dritte Bewohnerin soll er unter anderem gegen ihren Willen geküsst haben.

Der Angeklagte sitzt seit Januar dieses Jahres in Untersuchungshaft. Eine der Frauen hat sich dem Verfahren als Nebenklägerin angeschlossen. Vor der Aussage einer ersten Zeugin wurde am Mittwoch zum Schutz der Betroffenen die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Bis Mitte Dezember sind acht weitere Verhandlungstage geplant.

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