An der Tür und im Netz: So schützen sich Senioren vor Betrug

22.3.2016, 06:00 Uhr
An der Tür und im Netz: So schützen sich Senioren vor Betrug

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Genau genommen sind die Tricks der Täter seit Jahren die immer gleichen, sagt Thomas Janovsky. Der 61-Jährige muss es wissen: Über Jahrzehnte hinweg hat er böse Buben verfolgt – als Richter, als Staats- und Oberstaatsanwalt in halb Bayern und inzwischen als Generalstaatsanwalt in Bamberg. Seit 2015 zeichnet Janovsky für die neu geschaffene Zentralstelle Cybercrime Bayern verantwortlich. Und nun hat er bei der liberalen Dehler-Stiftung über "Nepper, Schlepper, Bauernfänger" berichtet. Das Feld, das der Referent bearbeitet, ist weit. Entsprechend knapp fallen die einzelnen Abschnitte aus.

"Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen", lautet eine zentrale Botschaft Janovkys an diesem Spätnachmittag. Weder von unbekannten Abo-Verkäufern noch von den immer wieder auftretenden Straßen-Gaunern mit dem Goldring-Trick: Dem arglosen Passanten täuschen sie vor, direkt vor dessen Füßen einen Ring aus echtem Gold gefunden zu haben. Es folgt der Appell ans Gewissen: Der Finder hat es angeblich eilig, der Passant soll den Ring zum Fundamt tragen – und dem Finder einen Teil des angeblich zu erwartenden Finderlohns sogleich vorstrecken. Natürlich ist der Ring aus billigem Gelbmetall, warnt der Generalstaatsanwalt.

Jeder kann zum Opfer werden

Um gleich hinterher zu schieben, das jeder potenzielles Opfer ist. Die Täter setzen auf die Gutmütigkeit, die mangelnde Vorsicht, die Unsicherheit der Menschen. Und darauf, dass nicht wenige Menschen sich schwer damit tun, "nein" zu sagen. So gelangen etwa zwei Bettlerpärchen in so manche Wohnung, eine Frau lenkt dort den/die Bewohner/in ab, die andere steckt ein, was nicht niet- und nagelfest ist. Und schon sind die Trickdiebe wieder verschwunden.

Zur Angst gibt es keinen Anlass, umso mehr aber zur Vorsicht, unterstreicht Janovsky. Zum Beispiel beim "Enkeltrick", mit dem zwei oder drei Tätergruppen aus Russland bzw. dem Baltikum immer wieder Kasse machen. "Die telefonieren Leute nach einer Telefonliste ab", so der Referent. Wenn ein Senior/eine Seniorin "anbeißt" und die Geschichte von dem verunglückten/verhafteten Enkel, der rasche finanzielle Hilfe braucht, glaubt, stehen die Geldabholer schon vor der Tür des Opfers. Was tun? Nicht reagieren, rät Janovsky, sondern auflegen und sofort den Polizei-Notruf (*110) wählen.

Und so geht es mit den Ratschlägen immer weiter:

Unbekannte Nummern in der Telefon-Anruferliste sollte man nicht zurückrufen, sondern löschen. Dahinter könnten Betrüger stehen, die den Rückruf technisch geschickt auf einen teuren Mehrwert-Dienst umleiten. Die Kosten: Fünf Euro je Minute, bei Weiterschaltungen ins Ausland gerne auch einmal 20 bis 30 Euro.

Überraschende Gewinnmitteilungen fasst man am besten mit spitzen Fingern an. Alarmsignale sind: Der Veranstalter gibt nur eine Postfachadresse und/oder eine teure Rückrufnummer an. Ein Reise-Gewinn kann durch horrende Nebenkosten am Zielort sehr teuer werden. Der beste Schutz ist: Nichts überweisen, keine Kontodaten angeben.

Kostenlose Kaffeefahrten mit dem Versprechen wertvoller Geschenke entpuppen sich häufig als Verkaufsfallen. Teilnehmer werden zum Beispiel nach Tschechien gekarrt, dort zwei Stunden lang von Verkaufsprofis mit überteuerten Rheumadecken etc. bombardiert und dann wieder heim gefahren. Auch hier gilt: Am besten gar nicht teilnehmen.

Telefon-Werbung ohne vorherige Zustimmung des Angerufenen ist gesetzlich verboten. Schwarze Schafe halten sich nicht daran und versuchen ungebeten, per Telefon Waren und Dienstleistungen zu verkaufen. Einfach auflegen hilft. Natürlich, ohne vorher persönliche Daten wie Adresse oder Bankverbindung preisgegeben zu haben.

Auch in der Öffentlichkeit sollte man ein gewisses Maß an Vorsicht walten lassen, rät Janovsky. Dazu gehört, nur wenig Geld einzustecken, Wertsachen nicht offen zu tragen, Dokumente nur als Kopie mitzunehmen, im Auto nichts von Wert sichtbar liegen zu lassen und während der Fahrt die Türen zu verriegeln. Zurückhaltung sei bei Bettlern angesagt. Hinter etlichen scheinbar Hilfsbedürftigen stünden immer häufiger gut organisierte Banden aus Osteuropa. Nicht selten gehe die Bettelei auch mit Trickdiebstählen einher.

Klingeln Bettler oder Hilfsbedürftige an der Wohnungstür, sollte man sie keinesfalls einlassen. Das erbetene Glas Wasser können die Besucher draußen trinken – und vor der verschlossenen Tür warten, während man das Wasser holt.

Vorsicht an Geldautomaten

Zu Vorsicht rät der erfahrene Jurist auch an Geldautomaten. Klevere Täter finden immer wieder Wege, um die PIN von Bankkunden auszuspähen und so an deren Guthaben zu kommen. Da werden manipulierte Kartenschlitze kurzfristig aufmontiert, deren Technik die Daten der EC-Karte auslesen kann. Oder eine winzige Kamera über der Eingabetastatur des Geldautomaten dokumentiert die PIN – der Täter steht am Ausgang und stiehlt dem Kunden beim Gehen die Karte. Da hilft nur Kontrolle: indem man seine Kontoauszüge regelmäßig prüft und Unstimmigkeiten sofort bei der Bank klärt. Und: Niemals, wirklich niemals sollte man die PIN irgendwo notieren.

Betrug lauert oft online

Und dann das Internet – eine wonnige Spielwiese für Kriminelle. Über Trojaner und Viren brechen sie in die Rechner ihrer Opfer ein oder lauern im weltweiten Netz – zum Beispiel mit getürkten Online-Shops. Virenscanner und Betriebssystem sollte man deshalb laufend aktualisieren. Und beim Online-Einkauf schaut man am besten genau hin, bevor man Geld überweist. Indizien für "faule Kunden" gibt es einige: wenn etwa die Anbieter-Seite ganz neu ist, wenn sie viele negative Bewertungen hat, wenn Waren zu auffällig niedrigen Preisen angeboten werden oder der Kontoinhaber nicht der Shop-Betreiber ist.

Überhaupt ist Zurückhaltung mit Daten im Internet ein guter Schutz. Beliebte Sammelstationen sind zum Beispiel Preisrätsel. Wer ihnen nicht widerstehen kann, sollte sich dafür eine eigene Mail-Adresse unter gmx und Co. einrichten. Besonders zurückhaltend sollte man bei sozialen Medien wie Facebook sein, sagt Janovsky. "Das Netz vergisst nie", ist ein ideales Leitmotiv für allen Informationen, die man dort veröffentlicht. Zumal auch Verbrecher bei Facebook mitlesen. Wer etwa seine Freunde öffentlich aus dem fernen Urlaubsland grüßt, lädt Einbrecher geradezu in seine verwaiste Wohnung ein.

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