Bewohner der Austraße können noch nicht aufatmen

22.12.2009, 00:00 Uhr
Bewohner der Austraße können noch nicht aufatmen

© Karlheinz Daut

21. August 2007

Das Umweltamt kritisiert die stellenweise «nicht nachvollziehbare» Umweltverträglichkeitsstudie. Die Bahn verweise auf Untersuchungen, ohne auch nur ansatzweise deren Ergebnisse zu erwähnen. Fazit: «Eine nachvollziehbare Bewertung der Auswirkungen ist nicht möglich.» Dazu kommen widersprüchliche Aussagen zum Lärm. Einmal heißt es ,dass mit einer Belastung bis hin zur Grenzwertüberschreitung zu rechnen sei. Wenig später wird von «keiner zunehmenden Beeinträchtigung» gesprochen. Der von der Stadt kritisierte Passus «keine zunehmende Beeinträchtigung» wird in der Studie gestrichen.

21. August 2007

Die Stadt bringt erstmals in ihrer Stellungnahme zur Umweltverträglichkeits-Prüfung (UVP) ihre grundsätzlichen Bedenken zum Ausdruck. Entgegen den Feststellungen in der UVP sei zu erwarten, dass sich die Lärmbelastung für «einen überwiegenden Teil der Anwohner in der Austraße» vor allem zur Nachtzeit, «deutlich verschlechtern wird». Dies gilt auch für die Belastung an der Lkw-Einfahrt in das Gelände in der Adam-Klein-Straße/Dörflerstraße. Durch den Umzug des Containerbahnhofs in den Hafen fallen zwar 700 Lkw-Fahrten im Bereich Austraße weg. Doch zur bisher relativ ruhigen Nachtzeit ist laut Stadt im Bereich der Dörflerstraße «mit hoher Dauerbelastung durch Lärm zu rechnen.» Außerdem sei die Beurteilung der Lärmimmissionen in der UVP «fehlerhaft», weil die nach dem Bundesimmissions-Schutzgesetz(BimSchV) und nicht nach der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) erfolgte. BimSchV erfasst den Verkehrslärm, doch dazu gehören die geplanten Anlagen, in denen Wartungsarbeiten durchgeführt werden, nicht. Und das Besondere: Die TA Lärm sieht keine passiven (Fenster), sondern nur aktive (Einkapselung der Anlage, Wand) Lärmschutzmaßnahmen vor. Forderung der Stadt an die Bahn: Eine detaillierte Lärmprognose ausschließlich nach TA Lärm für die gesamte Anlage und darauf basierend weitergehende Schutzmaßnahmen für die Anwohner.

6. Dezember 2007

Die Forderung, das Verfahren nach TA Lärm zu beurteilen, wird von der Bahn mit Hinweis auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 9. August 2004, abgelehnt. Die Bahn erklärt sich aber bereit, die Werkstatt und andere Bauteile zu verkleinern.

14. März 2008

Alles schön und gut, urteilt das Umweltamt. Aber an der falschen Beurteilung in der Lärmprognose ändert sich dadurch nichts. Es bleibe dabei, dass sich die Belastung für viele Anlieger erhöhen wird. Das erwähnte Urteil sei nicht bekannt. An dem angegebenen Tag habe das Oberlandesgericht nur ein Urteil gefällt und das beschäftigte sich mit einer ganz anderen Problematik. Fazit des Umweltamtes: Die Taktik der Bahn, die verschiedenen Lärmquellen getrennt zu bewerten, ändere nichts an der Tatsache, dass es zu deutlichen Überschreitungen der Grenzwerte bei den Anliegern kommt.

22. Oktober 2008

Die Bahn lenkt teilweise ein. Geräusche, die beim Abstellen der Züge in der Innenreinigungsanlage entstehen, sollen nun doch nach TA-Lärm beurteilt werden.

22. Dezember 2008

Paradox aus der Sicht des Umweltamtes. Nach wie vor werde die Lärmbelastung, die von der gesamten DB-Werkstatt-Anlage ausgeht, nicht berücksichtigt. Nach wie vor würden allein durch die Innenreinigungsanlage, wo die Waggons gesäubert werden, Lärmwerte von 69 Dezibel am Tag und 72 Dezibel in der Nacht erwartet. Es sei sogar mit einzelnen Spitzenwerten von bis zu 100 Dezibel zu rechnen. Eine Gesundheitsgefährdung der Anwohner sei nicht auszuschließen. Die Grenzwerte liegen aber bei 55 Dezibel am Tag und 40 Dezibel in der Nacht. Ein solcher Krach wäre selbst in einem Industriegebiet nachts nicht mehr zulässig.

17. Februar 2009

Die Bahn reicht bei einem gemeinsamen Gespräch mit dem Umweltamt in der Außenstelle Nürnberg des Eisenbahn-Bundesamt ein überarbeitetes schalltechnisches Gutachten ein. Ein Punkt: Die Tests für die Signalhörner der Züge (Typhone) finden nicht mehr an der Austraße sondern im Bereich des Kohlenhofs statt.

23. April 2009

Das, so das Umweltamt verringere zwar die Gesamtlärm-Immission tagsüber deutlich, in der Nacht komme es aber nach wie vor zu Überschreitungen der Grenzwerte von bis zu zehn Dezibel. Die Grenze zur schädlichen Umwelteinwirkung werde «weiterhin deutlich überschritten.» Die Stadt fordert nun die Einkapselung der besonders lärmintensiven Bereiche und eine zehn Meter hohe Lärmschutzwand, eingebettet in ein Gesamtkonzept. Beides stößt bei der Bahn auf wenig Gegenliebe. Städtebauliche Gründe sprächen gegen eine so hohe Wand und Kosten (geschätzt 7,7 Millionen Euro) gegen eine Einkapselung.

13. Oktober 2009

Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes: Der Bau der DB-Regio-Werkstatt wird genehmigt. Die Forderungen der Stadt nach aktivem Lärmschutz und einer Gesamtbewertung nach TA Lärm werden abgelehnt. Die Bahn habe nachweisen können, dass die Werkstatt an dieser zentralen Stelle Sinn macht, weil Service-Bereiche an anderen Stellen, wie etwa an der Regenburger Straße, geschlossen werden können. Das Rechtsamt der Stadt, so teilt das Bürgermeisteramt mit, habe die Möglichkeit einer Klage «intensiv geprüft» und sich dagegen entschieden, weil städtebauliche Belange nicht betroffen sind. Als Anwalt der betroffenen Bürger aufzutreten, hätte keine Erfolgsaussichten.