Corona-Krise wirkt sich auch auf Drogenhandel aus

28.4.2020, 05:49 Uhr
Durch die Corona-Krise sind auch die Preise für Drogen stark angestiegen.

© Spencer Platt/AFP Durch die Corona-Krise sind auch die Preise für Drogen stark angestiegen.

Norbert Wittmann kennt sich aus in der Szene. Wittmann ist geschäftsführender Vorstand bei Mudra, einem Verein, der sich um Drogenabhängige kümmert – unter anderem durch Streetworker, die auch während der Krise nach ihren Klienten schauen. "Die Preise sind gestiegen", sagt Wittmann. Der Stoff, den die Abhängigen brauchen, kostet derzeit bis zu 25 Prozent mehr.

Und das in einer Zeit, in der es für die Suchtkranken sowieso schon schwierig ist, an Geld zu kommen. Flaschensammeln, Schnorren – das ist fast unmöglich, wenn die Innenstadt leer ist. Und dennoch: Die meisten Abhängigen kommen noch an Drogen. "Wir sind selbst überrascht", sagt Wittmann, "wir hatten gedacht, dass die Versorgungsnot schneller und härter durchschlägt." Jetzt beobachtet man die Lage – was, wenn es irgendwann keinen Nachschub mehr gibt? "Wir sehen die Ruhe vor dem Sturm."



Ein kalter Entzug – er kann lebensgefährlich werden. Es fängt mit ziehenden Schmerzen in den Gelenken an, es folgen Kopfweh, Übelkeit, Schüttelfrost. Ein Entzug ähnelt laut Wittmann einer starken Grippe, einer, die einen vorerkrankten Menschen auch töten kann. Abhängige fürchten nichts mehr als ihn. "Man nimmt, was man bekommt", sagt Wittmann. Alkohol, Tabletten... Um beim Heroin bleiben zu können, reduzieren Abhängige jetzt ihren Konsum. Statt fünf Dosen gibt es dann etwa nur noch zwei oder drei. Nur: Auch das birgt Risiken.

"Wenn die Versorgungslage wieder besser wird, steigt die Gefahr einer Überdosierung", sagt Wittmann. Das Phänomen sei bekannt – etwa bei Abhängigen, die clean aus dem Gefängnis entlassen werden und sich dann die Dosis verabreichen, die sie auch früher genommen haben. Die kann tödlich sein. Überhaupt: Ist viel Heroin im Umlauf, dann wird der Stoff sicherer konsumiert. In Nürnberg wurde die Droge vor der Krise hauptsächlich geraucht – das ist weniger gefährlich als sie zu injizieren, wirkt aber nicht so intensiv. "Jetzt geben wir vermehrt Spritzen aus", sagt Wittmann.

Ein weiteres Problem, mit dem die Szene zu kämpfen hat: Krankenhäuser bereiten sich auf Corona-Patienten vor. "Jetzt schnell einen Entgiftungsplatz zu bekommen, ist schwierig", sagt Wittmann. Dann eben Substitution? "Die Substitutionsärzte sind ausgelastet." Einen Notfallplan habe man aber in der Tasche. Wie aber funktioniert Streetwork überhaupt, wenn man Abstand halten muss? "Die Leute ziehen sehr gut mit", sagt Wittmann, "sie tragen Masken, halten Abstand, kommen abwechselnd zu uns und sind vernünftig."


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