Schulen und Politik sind verunsichert

Der Wettlauf um Luftreiniger im Klassenzimmer ist eröffnet

31.7.2021, 06:18 Uhr
Künftig ständiger Begleiter im Klassenzimmer? Ein Luftfiltergerät, das an Schulen die Corona-Virenlast in der Atemluft verringern soll.

© Harald Sippel, NN Künftig ständiger Begleiter im Klassenzimmer? Ein Luftfiltergerät, das an Schulen die Corona-Virenlast in der Atemluft verringern soll.

Es gebe zahlreiche Fehlmeinungen, falsche Informationen und Irrtümer. Doch der Wettlauf um Luftfilter ist eröffnet, ist auch Gerhard Weinrich überzeugt. Weinrich ist Geschäftsführer der Schwabacher Firma Photolux, die sich eigentlich mit Fotografie am oberen Ende der Qualitäts- und Preis-Skala beschäftigt.

Bei den Luftreinigungsgeräten an Schulen nimmt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Schulen in die Pflicht. Lehrkräfte, Eltern und Schüler machen sich Sorgen um den Unterricht im September. Es besteht die Gefahr einer vierten Corona-Welle, wenn sich die Delta-Variante des Virus weiter ausbreitet.

Fünf von sechs Klassenzimmern haben laut Matthias Fischbach, bildungspolitischer Sprecher der FDP und ihr parlamentarischer Geschäftsführer im Landtag, keine Luftreinigungsgeräte. Es sei unrealistisch, dass die Kommunen die fehlenden Anlagen noch vor der Sommerpause besorgen und einbauen könnten.

Voraussetzungen sind unklar

Der Schutz der Kinder lasse sich auf jeden Fall mit Hilfe von mobilen Luftbehandlungsanlagen erreichen, ist sich Gerhard Weinrich sicher.

Der Schutz der Kinder lasse sich auf jeden Fall mit Hilfe von mobilen Luftbehandlungsanlagen erreichen, ist sich Gerhard Weinrich sicher. © Gunther Hess, NN

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte verkündet, dass über den Sommer alle bayerischen Kitas und Klassenzimmer mit Luftfiltern auszustatten seien. Die Kosten müssten die Kommunen zu 50 Prozent tragen. Der Bayerische Städtetag hingegen vermisst in dieser Sache schon seit längerem eine fachlich fundierte Festlegung des Freistaats, welche technischen Voraussetzungen Geräte zur Luftreinigung erfüllen müssten, um einen möglichst guten Schutz zu gewährleisten.

Außerdem müsse man sich an die geltenden Ausschreibungsgesetze halten. Bei großen Schulzentren etwa, die von Landkreisen getragen werden, müsse europaweit ausgeschrieben werden. Ist Söders Ankündigung also möglicherweise bloß ein Rohrkrepierer? Für die betroffenen Bürgermeister ist Markus Söders Ankündigung populistisch. Von Lüftungsgeräten in allen Klassenzimmern halten sie nichts. Das lasse sich bis zum Schulbeginn auch gar nicht praktisch umsetzen.

„Um was geht es?“ fragt Gerhard Weinrich – und gibt gleich die Antwort: „Um den Schutz der Kinder!“ Der lasse sich erreichen mit mobilen Luftbehandlungsanlagen. Diese würden helfen, die Virenlast in der Raumluft deutlich zu verringern. Die Ansteckungsgefahr mit Corona sinke gewaltig. „Nach derzeitigem Stand der Technik ist eine Reduzierung um 99,9 Prozent möglich“, so Weinrich.

Aus seiner Sicht sind moderne Geräte gut geeignet, die sogar das Lüften weitgehend ersetzen könnten. Diese Luftbehandlungsanlagen würden mit sechs Filterelementen alle Schadstoffe aus der Luft holen. Los geht es mit UV-Lampen, gefolgt von einem Grobfilter, einem Elektrostatikfilter, einem Filter gegen flüchtige Gase und Dämpfe sowie am Ende einer Sauerstoff-Aktivierung.

Im Dauerbetrieb leise

Die Geräte machen Viren, Pollen und anderen schädlichen Partikeln den Garaus. Sie seien leise, leicht zu bedienen und benötigten lediglich einen Stromanschluss, so Weinrich. Folgekosten gebe es fast keine, die Wartung sei einfach und auch für Laien machbar. In der Regel sei lediglich der Grobfilter betroffen: Er wird mit Wasser ausgespült. Sollte eine der UV-Lampen nach bis zu 15.000 Betriebsstunden kaputt sein, könne man auch sie leicht austauschen.

Unter Volllast erzeugt ein solches Gerät Weinrich zufolge weniger als 50 Dezibel, sei also durchaus hörbar. Im Dauerbetrieb seien es aber lediglich 28 Dezibel, was kaum auffalle. Die kleineren Varianten kosten um die 1800, größere rund 3000 Euro. Letztere sind etwa 40 mal 80 mal 25 Zentimeter groß, wiegen knapp 15 Kilogramm und eignen sich für Schulräume bis zu 160 Quadratmeter.

Die Firma Photolux vertreibt solche Geräte, weil es auch bei der Arbeit mit hochwertigem Fotopapier auf Staubfreiheit ankommt. Andere Hersteller und Händler werben sogar mit filterlosen Geräten. Sie töten Viren, Bakterien, Keime und Pilze mit einer Kombination von Ultraschall und UV-Licht ab. Der Markt scheint zunehmend attraktiv und umkämpft zu sein. Keine leichte Entscheidung für Politik und Schulen...