Dykemarch

Deshalb gehen lesbische Menschen in Nürnberg auf die Straße

3.8.2021, 18:01 Uhr
Deshalb gehen lesbische Menschen in Nürnberg auf die Straße

© Stefan Hippel, NNZ

Warum braucht es zusätzlich zum Christopher Street Day, kurz CSD, noch einen Dykemarch?

Isi Salampasidis: Der CSD wird in der Gesellschaft oft noch als "Schwulenparade" wahrgenommen, auch wenn im Orga-Team inzwischen viel mehr Lesben sind. Das finden wir super! Es geht uns um mehr lesbische Präsenz - der Dykemarch ist da eine gute Ergänzung.

Was bedeutet der Begriff "Dyke"?

Isi Salampasidis vom Dykemarch Nürnberg

Isi Salampasidis vom Dykemarch Nürnberg © Foto: privat

Salampasidis: Es ist das englische Wort für Lesbe. Frauen liebende Frauen. Wie im Deutschen war das auch mal negativ konnotiert. Wir Lesben haben uns den Begriff sozusagen zurückgeholt. Da die Dykemarchs aus dem amerikanisch-kanadischen Raum kommen - den ersten gab es schon 1981 in Kanada - verwenden wir den englischen Begriff und sagen nicht "lesbische Demo" oder so.


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Warum ist es wichtig, dass lesbische Frauen sich öffentlich zeigen?

Salampasidis: Um die Vielfalt zu zeigen, alle Facetten des lesbischen Lebens, von der Motorradgruppe bis zur Regenbogenfamilie, und auch um die Selbstakzeptanz zu stärken. Lesben werden ja oft doppelt diskriminiert. Zum einen als Frauen und zum anderen als Lesben. Bei People of Color oder Inter- oder Trans-Personen kommt noch mehr Diskriminierung dazu. Wir ziehen durch die Stadt, um der heteronormativen Welt zu zeigen: Uns gibt es auch und wir haben Lebensentwürfe, die valide sind. Und wir möchten Vorbilder für die jüngere Generation schaffen: Schaut, es gibt Lesben in allen Bereichen, egal ob als Lehrerin oder im Handwerk.

Haben lesbische Frauen denn noch oft ein Problem damit, sich zu zeigen? Am Arbeitsplatz zum Beispiel?

Salampasidis: Das ist sehr individuell und kommt auch ganz auf den Bereich an, in dem man arbeitet. Wenn man Erzieherin bei einem kirchlichen Träger ist, dann kann ein Outing auch die Kündigung bedeuten. So einen Fall gab es ja vor einigen Jahren hier. Ich arbeite im IT-Bereich, da ist das kein wirkliches Thema mehr. Insgesamt gibt es, glaube ich, schon noch viele Ängste. Je normaler es wird, umso weniger wird es das geben.

"Das Fremde macht den Menschen Angst"

Wie halten Sie persönlich es, wie offen leben Sie?

Salampasidis: Ich bin eine Person, die sich sehr schnell outet, weil ich glaube, dass, das, was Menschen fremd ist, ihnen Angst macht. Sobald jeder Mensch eine lesbische Person kennt, ist das Thema nicht mehr fremd. Wenn zum Beispiel eine ältere Frau auf dem Land sagt: "Meine Tochter ist lesbisch", dann kann das weitergetragen werden und mehr in die Mitte der Gesellschaft hineinwachsen. In der Kita von unserem Sohn werde ich schon oft angesprochen: "Wie hat das funktioniert mit dem Baby?", "Ihr seid also zwei Mütter?" und so weiter. Es ist wichtig, dass es Multiplikatorinnen gibt, aber ich kann nicht andere dazu zwingen. Ich verstehe jede Lesbe, die sagt, sie traut sich das nicht.

Zur Person: Isi Salampasidis (41) arbeitet als IT-Systemkauffrau. Die Halb-Griechin ist mit einer Frau verheiratet und hat einen dreijährigen Sohn und lebt mit ihrer Familie in Fürth.

Info: Startpunkt des Dykemarch ist am Freitag, 6. August um 18 Uhr auf dem Richard-Wagner-Platz vor dem Opernhaus. Der Zug geht durch die Nürnberger Innenstadt. Es herrscht Maskenpflicht, allerdings reichen medizinische Masken, es müssen keine FFP2-Masken sein. Alle sind herzlich eingeladen mitzulaufen.

Die Nürnberger Dykemarch-Macherinnen möchten den Preis für mehr lesbische Sichtbarkeit, den es schon in einigen Bundesländern gibt, gerne nach Bayern holen. Hier geht es zur Petition.

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