Die Kunst, mit Wörtern zu jonglieren

5.2.2012, 17:44 Uhr
Die Kunst, mit Wörtern zu jonglieren

© Harald Sippel

Eine Aufgabe bestand darin, einen Text zum Thema „Wenn ich ein Superheld wäre“ zu verfassen. Evelyn mutiert zu Mrs. Butterfly. Deren Superkraft ähnelt dem Schmetterlingseffekt, ein zentraler Begriff aus der Chaostheorie. „Mit einem Flügelschlag kann sie die Welt verändern und die ganze Gesellschaft auf den Kopf stellen“, unterstreicht die 16-jährige Erlangerin. Marleen schreibt dagegen über Mood-Woman, die die Stimmungen ihrer Mitmenschen beeinflussen kann.

Pauline Füg zeigt sich von der Kreativität der Workshop-Teilnehmer begeistert. Die 28-Jährige ist ein bekanntes Gesicht in der Poetry-Slam-Szene. Die sogenannten Slams sind literarische Wettbewerbe, bei denen selbstverfasste Texte innerhalb einer bestimmten Zeit einem Publikum vorgetragen werden. Spötter sprechen von einem „Musikantenstadl für Studenten“, da die regionalen Slams häufig in Kneipen stattfinden. Dabei reicht hierzulande die Tradition des Dichterwettstreits bis ins Mittelalter zurück. Am bekanntesten ist der Sängerkrieg auf der Wartburg im 13. Jahrhundert.

Auftritt im Künstlerhaus beim Kulturprogramm der BioFach Messe

Füg gibt im Rahmen des Workshops diverse Expertentipps. So bekommen die Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren Hilfestellung darin, ihre Gedanken und Gefühle kreativ umzusetzen. Dabei sei es egal, ob ein Text aus vielen oder nur aus wenigen Worten besteht. Außerdem bereitet die Nürnbergerin die Poetry-Slam-Novizen auf ihren großen Auftritt vor. Denn der Kurs beinhaltet, dass die Jugendlichen im Kulturprogramm der BioFach Messe auf der Bühne einen selbstgeschriebenen Text vortragen. Das Thema heißt „Soziale Gerechtigkeit“.

„Ein äußerst breites Feld. Jeder kann sich selbst aussuchen, worauf er sich einlässt. Als kleine Hausaufgabe sollen die Teilnehmer in ihrer eigenen Lebenswelt nachprüfen, wie es dort so mit sozialer Gerechtigkeit ausschaut“, sagt Nives Homec. Die Therapeutin koordiniert den Auftritt für „Laut! Nürnberg“ – eine politische Plattform für Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren.

„Man muss kein Grammatikgenie sein, um beim Poetry Slam mitzumachen“, erklärt Pauline Füg. Die Studentin der Psychologie entdeckte ihr Faible für den Wortwettstreit auf der Bühne vor rund sieben Jahren. „Damals war das noch nicht hip, und man musste Slams mit der Lupe suchen.“ Aus dem Hobby wurde schnell eine Art Job, und Füg finanzierte ihr Studium größtenteils mit diversen Auftritten.

Die Kunst, mit Wörtern zu jonglieren

© Harald Sippel

Eine ihrer Aufgabenstellungen beim Workshop lautet, das schlechteste Gedicht der Welt zu verfassen. Mit Absicht mies schreiben, keine ganz einfache Geschichte. „Durch diesen Schachzug bekomme ich einen speziellen Zugang zur Sprache“, erklärt sie.

Etwas enttäuscht sei sie ob des geringen Interesses. Nur fünf Teilnehmer verirrten sich nämlich in die Luise. „Anfangs waren noch drei Jungen mehr da. Doch die wollten ein reines Rhetoriktraining. Sie gingen wieder, weil sie keine Lust hatten, kreativ zu sein.“ Doch die mangelnde Masse werde durch die individuelle Klasse mehr als wett gemacht. Ihre Aufgaben werden „voll gut umgesetzt“, lobt Füg.

Poetry Slam sei nach wie vor eine Männerdomäne. Denn Frauen eignen sich normalerweise „nicht so als Rampensäue“. Doch Lampenfieber kennen weder Evelyn noch ihre Freundin Marleen. Evelyn hat bereits Theatererfahrung. „Einen kurzen Monolog auf der Bühne zu halten, ist für mich einfacher als in einem komplexen Stück mitzuwirken.“ Auch Marleen sieht die Sache eher locker. Sie habe keine Angst, dass sie das Publikum im K4 mit Obst bewirft.

Der zweite Teil des Workshops ist am 11. Februar. Dann steht das Bühnen-Gebaren im Fokus. Oder anders ausgedrückt: Man übt das richtige sowie das richtig laute Sprechen.

Der Auftritt vor Publikum findet am 16. Februar um 20 Uhr im Rahmen des Kulturprogramms der BioFach Messe im K4 Nürnberg statt.
 

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