Einstimmig: Stadtrat einigt sich auf Umsetzung des Klimafahrplans

24.7.2019, 20:53 Uhr
Einstimmig: Stadtrat einigt sich auf Umsetzung des Klimafahrplans

© Stefan Hippel

Einzig die beiden Vertreter der rechtsextremen Bürgerinitiative Ausländerstopp stimmten gegen die Erklärung. Die selbst gesteckten Ziele, vor allem die Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2020 gegenüber 1990, werden deutlich verfehlt und wären selbst bei maximalen Bemühungen bis zum kommenden Jahr nicht mehr einzuhalten. Ähnlich wie in anderen Städten hatte die ÖDP daher offiziell die Ausrufung des "Klimanotstands" beantragt. auch Bündnis 90/Die Grünen wollten das Thema auf die Tagesordnung bringen.

Schließlich flatterte der Verwaltung ein von bisher 3000 Unterzeichnern unterstützter Bürgerantrag ins Haus. Um verschiedene Forderungen und Positionen aufzunehmen, überarbeitete das Umweltreferat daraufhin den Entwurf der Stadtspitze, der dann auch konsensfähig war.

Neufassung soll erst 2020 vorliegen

In einer Präambel bekennt sich die Stadt jetzt ausdrücklich dazu, "ihren Handlungsrahmen auszuschöpfen, um als Kommune zur Umsetzung der Pariser Beschlüsse zum Klimaschutz beizutragen und eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad" zu erreichen. Dazu soll bis 2035 (nicht erst bis 2050) im städtischen Verantwortungsbereich Klimaneutralität erreicht werden – also in allen Liegenschaften und Einrichtungen, vom Tiergarten über die Bäder bis zur Kläranlage. Über Fortschritte und Hemmnisse wird jährlich eingehend berichtet. Zur Umsetzung im einzelnen wird der bisherige Klimafahrplan derzeit überarbeitet; die Neufassung für die Jahre 2030 soll allerdings erst Anfang kommenden Jahres vorliegen.

Dass alles noch ziemlich allgemein gehalten war, bemängelten denn auch die Teilnehmer einer Protestkundgebung des Bündnisses "Nürnberg for Future" vor dem Rathaus. Mit Sprechchören wie "Kohlekonzerne baggern in der Ferne, zerstören unsere Umwelt" prangerten sie vor allem die Stromerzeugung mit dem fossilen Energieträger an. Allen Schritte zum Klimaschutz müsse unbedingte Priorität eingeräumt werden – und damit könne man bereits im laufenden Jahr beginnen, forderte Fabian Schreiner.

Gegen den Begriff "Klimanotstand"

Für die SPD beschrieb OB-Kandidat Thorsten Brehm die ökologische als zugleich soziale Frage: "Die besonders belasteten Bewohner an den Hauptverkehrsstraßen sind oft die mit kleineren Einkommen", sagte er. Und: Die Fridays-for-Future-Bewegung fordere im Kern einen neuen Generationenvertrag. Für die CSU begrüßte Otto Heimbucher den Einsatz der Fridays-Aktivisten. Er verwies unter anderem darauf, dass die Stadt die energetische Ertüchtigung ihrer rund 1500 eigenen Gebäude kaum in wenigen Jahren bewältigen könne – und auch nicht allein aus eigener Kraft.

 

 

 

Da der Begriff "Notstand" in der Politik auf eine Aushebelung parlamentarischer Grundrechte gemünzt sei, um der ausführenden Gewalt besondere Vollmachten einzuräumen, lehnte die Ratsmehrheit den Terminus "Klimanotstand" ab. "Gerade kommt es auf ein demokratisches Vorgehen an", unterstrich Oberbürgermeister Ulrich Maly. Unabhängig davon teile die Stadt jedoch die mit plakativen Begriff verbundenen Anliegen und versprach, die politischen Ziele der Fridays- und Scientists-for-Future-Bewegung mitzutragen.

"Klimaneutrale Verwaltung"

Als echten Fortschritt würdigte die Linke Liste-Stadträtin Marion Padua das offizielle Eingeständnis, dass "die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, um die selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen“. Der Katalog der jetzt ins Auge gefassten sieht – über die bisher schon laufenden Ansätze hinaus – vor allem die Einführung eines "Nachhaltigkeitschecks" bei allen neuen Vorhaben vor. Konkret soll die Stadt natürlich mit gutem Beispiel vorangehen und eine "klimaneutrale Verwaltung" schaffen – was genau dafür erforderlich ist, muss allerdings erst erarbeitet werden. Klar ist dagegen, dass zumindest bei allen Neubauten und in Neubaugebieten CO2-neutrale Wärmeversorgungen als – soweit rechtlich möglich - verbindlicher Standard vorgegeben werden.

Das neue Papier sei schön und gut, gab schließlich Titus Schüller, ebenfalls von den Linken, zu bedenken. "Aber alle wissen, dass das nicht ausreichen wird." Und wenn es etwa um günstigere Nahverkehrstarife geht oder darum, dass Autofahrspuren für Radstreifen geopfert werden sollen, könne und werde es mit der Einigkeit schnell vorbei sein. "Ohne Einschnitte wird es aber nicht gehen."

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